Gläserklappern, Gespräche und im Hintergrund läuft Musik: Wenn an einem Ort akustisch viel los ist, setzt bei Menschen mit gut funktionierendem Gehör der "Cocktailparty-Effekt" ein. Doch was tun, wenn dieser Effekt ausbleibt und man merkt: Ich höre schlecht?

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Was für Menschen mit einem guten Hörvermögen auf beiden Ohren selbstverständlich ist, kann bei schwerhörigen Personen den Alltag deutlich einschränken. Gerade soziale Interaktionen wie Besprechungen oder Konferenzen im Arbeitskontext, aber auch Gespräche an Orten mit gehobener Geräuschkulisse werden für schwerhörige Menschen zur Herausforderung.

Ein schleichender Prozess

Eine beginnende Schwerhörigkeit bahnt sich schleichend und oftmals unbemerkt an: Muss man sich beim Zuhören stark konzentrieren, kann das ein Hinweis sein, dass sich eine Hörschwäche entwickelt. Mitunter wird das Zuhören so anstrengend, dass sich im Laufe des Tages immer häufiger eine Müdigkeit oder Abgeschlagenheit aufbaut, schreibt das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) auf dem Portal "Gesund & aktiv älter werden". Ein weiteres Anzeichen ist, wenn die Aufmerksamkeit schon im Verlauf des Gesprächs nachlässt.

Mögliche Hinweise auf eine Hörminderung

  • Ihnen fällt auf, dass Ihr Gesprächspartner undeutlich spricht, insbesondere bei Telefonaten fällt es Ihnen schwer, das Gesagte klar zu verstehen. Häufig müssen Sie nachfragen, um den Inhalt korrekt zu erfassen.
  • In lauter Umgebung – wie etwa in Restaurants, bei Familienfesten, im Supermarkt oder auf der Straße – fällt es Ihnen schwer, Gesprächen zu folgen oder aktiv daran teilzunehmen.
  • Aktives Zuhören erfordert zunehmend Konzentration, was dazu führen kann, dass Sie sich im Laufe des Tages erschöpft fühlen oder Ihre Aufmerksamkeit bereits während eines Gesprächs nachlässt.
  • Angehörige oder Freunde weisen Sie öfter darauf hin, dass Sie lauter sprechen als nötig oder dass Fernseher und Musik zu laut eingestellt sind.
  • Auch körperliche Begleiterscheinungen wie anhaltende Ohrgeräusche (Tinnitus), Schwindelgefühle, Gleichgewichtsstörungen oder Kopfschmerzen können Anzeichen einer beginnenden oder bestehenden Hörbeeinträchtigung sein.

Um ein guter Zuhörer oder eine gute Zuhörerin zu sein, muss man nicht nur Interesse am Gegenüber mitbringen – man muss das Gesprochene auch vollumfänglich verstehen. "Denn mitunter sind es die kleinen Nuancen in der Sprache, der Tonfall oder auch das minimale Anheben oder Senken der Lautstärke, mit denen der Sprecher einer bestimmten Aussage besondere Bedeutung verleihen möchte", sagt Eberhard Schmidt, Präsident der Bundesinnung der Hörakustiker (Biha). Nur wer diese Zwischentöne wahrnimmt, weiß, ob das Gegenüber zum Beispiel direkt eine Reaktion wünscht oder den Gedankengang erst einmal zu Ende bringen möchte.

Sicher kennt jeder von Schwerhörigkeit Betroffene auch die unangenehmen Gefühle, die damit einhergehen, das Umfeld nicht richtig verstehen zu können: Vermehrtes Nachfragen, verständnislose Blicke anderer, weil man in großen Gesprächsrunden lieber schweigt oder eine humorvolle Bemerkung nicht mitbekommen hat und nicht lacht – all das kann zu führen, dass sich Schwerhörige sozial zurückziehen, unter einem geringeren Selbstwertgefühl, Einsamkeit und einer verminderten Lebensqualität leiden.

Der "Cocktailparty-Effekt": Das verrät er über unser Gehör

Bei gut Hörenden arbeiten Gehirn und Gehör eng zusammen, um aus mehreren Schallquellen die Stimme des Gesprächspartners herauszufiltern. "Dabei werden die über beide Ohren wahrgenommenen Schallwellen in gehörte Informationen 'übersetzt' und zugeordnet", erklärt Eberhard Schmidt.

Anstrengend wird es, wenn an einem Ort akustisch viel los ist: Musik dudelt, Teller klappern, im Rücken führen andere ein Gespräch. Dann ist die Fähigkeit zu selektivem Hören gefragt, die allerdings nur bei einem guten Hörvermögen auf beiden Ohren funktioniert. Dieses Phänomen ist auch als "Cocktailparty-Effekt" bekannt.

Besteht eine Hörschwäche, klappt das selektive Hören schlechter. Dann gehen Wörter des Gegenübers in den Umgebungsgeräuschen unter. Sätze kommen nur noch lückenhaft oder gedämpft an.

Kurz erklärt: der "Cocktailparty-Effekt"

  • Der "Cocktailparty-Effekt" wird auch intelligentes oder selektives Hören genannt.
  • Er beschreibt die Fähigkeit des Menschen, oder besser gesagt des Gehirns, Umgebungsgeräusche auszublenden und eine bestimmte Schallquelle herauszufiltern.
  • Auf einer Cocktailparty oder im Restaurant ermöglicht es uns dieser Filter, einem Gespräch besondere Aufmerksamkeit zu schenken und die Worte eines einzelnen Gegenübers besser zu verstehen.
  • Gleichzeitig ist das Gehirn aber in der Lage, auf einer unbewussten Ebene die umgebenden Geräusche weiterhin zu registrieren und beispielsweise herauszufiltern, wenn der eigene Name fällt.

Schwerhörigkeit gehört zum Altern – und kann behandelt werden

Wohl niemand gesteht sich gerne ein, dass er oder sie nicht mehr so gut hören kann wie früher. Viele Menschen empfinden Scham. Ein schwacher Trost: Es ist Teil des normalen Alterungsprozesses, dass die Sinneshärchen im Ohr und der Hörnerv weniger gut funktionieren, wie das BIÖG erklärt.

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Auch wenn es nicht leichtfällt: Es lohnt sich, das Problem anzupacken und im ersten Schritt einen Termin für einen Hörtest in der HNO-Praxis oder bei der Hörakustikerin auszumachen. Bleibt Schwerhörigkeit nämlich unbehandelt, steigt das Risiko für Stürze, aber auch für Einsamkeit und Folgeerkrankungen wie Demenz.

Verständnis zeigen und Betroffene unterstützen

Frau hält Hörgerät in die Kamera
Hörhilfen werden technisch immer raffinierter, sind inzwischen sehr klein und fast unsichtbar. © Getty Images/Jacob Wackerhausen

Bei einer leichten Schwerhörigkeit ist ein Hörsystem, wie zum Beispiel ein Hörgerät, oft noch gar nicht nötig. Schon kleine Veränderungen im Alltag können Erleichterung bringen. Der Klassiker: sich bei Veranstaltungen lieber in eine der vorderen Reihen setzen. "Wer etwa in einer Kirche ganz hinten sitzt, nimmt den Nachhall besonders deutlich wahr – das erschwert das Zuhören und Verstehen erheblich", sagt Eberhard Schmidt.

Bei einer mittleren bis hochgradigen Schwerhörigkeit ist allerdings eine Versorgung mit Hörsystemen angeraten. "Sie erkennen und unterdrücken störende Geräusche bei einem Gespräch und sorgen so dafür, dass Unterhaltungen verständlich bleiben", sagt der Experte. "Registriert ein Hörsystem gesprochene Sprache, werden die Umgebungsgeräusche automatisch heruntergeregelt."

Darauf können Betroffene, aber auch das Umfeld in Gesprächssituationen achten

  • Störgeräusche minimieren: Eine ruhige Umgebung aufsuchen und Hintergrundgeräusche (z.B. Radio, Fernseher) möglichst ausschalten.
  • Langsam und deutlich sprechen: Artikuliert, aber natürlich sprechen – nicht übertrieben oder gekünstelt.
  • Lauter sprechen, aber nicht schreien: Eine etwas erhöhte Lautstärke kann helfen, Schreien hingegen verzerrt die Sprache.
  • Kurze und prägnante Sätze verwenden: So bleibt das Gesagte besser verständlich und nachvollziehbar.
  • Blickkontakt halten: Dies erleichtert das Lippenlesen und zeigt Aufmerksamkeit und Wertschätzung.
  • Mimik und Gestik unterstützend einsetzen: Körpersprache kann Gesagtes unterstreichen und Missverständnisse vermeiden.
  • Gespräch zusammenfassen: Am Ende können die wichtigsten Punkte wiederholt werden, um sicherzustellen, dass alles verstanden wurde.

Wer sich für ein Hörsystem entscheidet, darf allerdings nicht erwarten, dass der Alltag wie vorher klingt: Gehör und Gehirn müssen sich erst einmal an den technischen Helfer gewöhnen. Das BIÖG rät daher dazu, die Hörhilfe zunächst in ruhigen Umgebungen zu tragen und erst später in Situationen mit mehr Nebengeräuschen zum Beispiel durch Radio oder Fernseher sowie am Telefon. (dpa/bearbeitet von sav)

Verwendete Quellen