Migräneattacken verursachen bei Betroffenen unter anderem sehr starke Kopfschmerzen, die sie teilweise außer Gefecht setzen können. Was jedoch weniger bekannt ist: der Zusammenhang von Migräne und hormonellen Faktoren, wie beispielsweise der Perimenopause oder die im Anschluss folgenden Wechseljahre. Was die Forschung bisher weiß.

Starke Kopfschmerzen, Orientierungsverlust, Übelkeit und Erbrechen - Kristina F. wird seit 30 Jahren immer wieder von Migräneattacken geplagt. Vor zwei Jahren kamen die Anfälle plötzlich sehr viel häufiger. "An mehreren Tagen im Monat war es so schlimm, dass eigentlich gar nichts mehr ging", sagt die 51-Jährige. Dass dies mit den Wechseljahren zusammenhing, darauf habe sie mit viel Recherche selbst kommen müssen. "Das hat mir kein Arzt erklärt", sagt sie.

Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Etwa 20 Prozent der Frauen seien betroffen, erklärt Christian Maihöfner, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Klinikum Fürth und Experte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, zum Deutschen Kopfschmerztag am 5. September.

Für etwa jede Zweite von ihnen bedeute die Zeit vor der letzten Regelblutung, die sogenannte Perimenopause, dass ihre Krankheit schlimmer wird. Bei rund 40 Prozent bessere sich die Migräne während der Wechseljahre, bei rund 10 Prozent gebe es keine Änderungen.

Klar ist: Hormone spielen bei Migräne eine Rolle

Die Ursachen seien noch nicht abschließend erforscht. Als gesichert gilt, dass hormonelle Faktoren bei Migräne eine Rolle spielen. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Besonders die Östrogene sind von Bedeutung – und ihr Spiegel sinkt in der Perimenopause.

Eine verbreitete Erklärung lautet dem Professor zufolge, dass dies einen verminderten Serotoninspiegel nach sich zieht und damit eines zentralen Neurotransmitters in der körpereigenen Schmerzhemmung. Auch die Bildung des Botenstoffs Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP), der bei Migräne eine Schlüsselrolle spielt, scheine durch hormonelle Einflüsse gesteuert zu werden.

Was kann man Betroffenen raten? "Eine Hormonersatztherapie zur Anhebung des Östrogenspiegels kann die Migräne zwar lindern, muss jedoch sorgfältig abgewogen werden, da sie auch Risiken birgt, etwa ein erhöhtes Brustkrebsrisiko", sagt Maihöfner. Er verweist auf zahlreiche andere Behandlungsansätze.

Stressmanagement kann entscheidend sein

Dazu zählen Entspannungsverfahren wie die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Autogenes Training oder achtsamkeitsbasierte Programme wie MBSR. "Auch regelmäßiger Ausdauersport – beispielsweise dreimal wöchentlich Joggen – wirkt nachweislich günstig", sagt der Experte.

Da sich in dem Alter bei Frauen oft Belastungen häuften, sei Stressmanagement wichtig. "Viele meiner Patientinnen sind erfolgreiche und sehr belastbare Frauen. Aber jeder Mensch hat nur begrenzte Ressourcen", sagt Maihöfner.

Häufige Migräneanfälle wirkten sich auf das soziale Leben und den Arbeitsplatz aus. Nur Schmerztabletten zu nutzen, reiche nicht aus. "Das autonome Nervensystem ist aus dem Gleichgewicht geraten – durch Methoden wie Meditation oder gezielte Entspannungsverfahren lässt es sich wieder beruhigen und stabilisieren." Migräne sei nicht vollständig heilbar, doch in den meisten Fällen könne sie mit der richtigen Behandlung spürbar gebessert werden.

Wechseljahre können auch Verbesserung bewirken

Es muss auch nicht bei der Verschlimmerung der Schmerzanfälle bleiben: "Der Körper passt sich mit der Zeit an niedrigere Östrogenspiegel an – nicht selten bessern sich die Migräneattacken dadurch wieder, auch wenn hierzu bislang keine belastbaren Zahlen vorliegen."

Gudrun Goßrau, Leiterin der Kopfschmerzambulanz am Universitätsklinikum Dresden, bestätigt das. Bei etwa 20 bis 30 Prozent der Patientinnen bleibe die Migräne jedoch bis ins hohe Alter erhalten, sagt die Generalsekretärin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.

Bei der Therapie müsse die Situation jeder Patientin betrachtet werden, auch etwaige Begleiterkrankungen. "Man muss fragen, ob regelmäßig Pausen eingebaut werden, eine Entspannungstechnik helfen könnte und ausreichend Sport gemacht wird." Migräne-Patientinnen brauchten Stabilität, auch in ihrem Alltagsablauf, sagt die Professorin.

"Migräne und Wechseljahre, da hatte ich das Gefühl, bei diesen Themen stehe ich alleine da."

Migräne-Patientin Kristina F.

Migräne sei auch mit Medikamenten behandelbar, so Goßrau. "Es gibt neue und spezifische Therapien, die sehr gut helfen. Sowohl bei der Prophylaxe als auch im akuten Fall. Hier kann und sollte man sich Hilfe holen, erster Anlaufpunkt ist dabei der Hausarzt."

Migräne-Patientin Kristina F. aus Frankfurt am Main probiert gerade Magnesium als Prophylaxe aus und testet, ob die Vermeidung einzelner Nahrungsmittel hilft. Viel Wasser trinken, Bewegung, regelmäßiger Schlaf seien wichtig, ist ihre Erfahrung. "Auch wenn das im Alltag nicht immer alles funktioniert."

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"Migräne und Wechseljahre, da hatte ich das Gefühl, bei diesen Themen stehe ich alleine da", sagt sie. "Es braucht einfach mehr ärztliche Fachkenntnis, besonders beim Thema Wechseljahre." (dpa/bearbeitet von mak)

Redaktioneller Hinweis

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