Nach dem Flugzeugabsturz in Indien ist die Zahl der Todesopfer auf 265 gestiegen. Ein Passagier überlebte das Unglück wie durch ein Wunder.

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Nach dem Flugzeugabsturz in Indien ist die Zahl der Todesopfer auf 265 gestiegen. Nur einer der 242 Insassen des Flugzeugs überlebte. Mindestens 24 Menschen wurden nach Behördenangaben am Boden getötet, als das Flugzeug in ein Wohngebiet stürzte. Die indische Regierung erklärte, sie habe eine "formelle Untersuchung der Absturzursachen" eingeleitet. Eine genaue Zahl der Opfer kann nach Behördenangaben erst sicher nach DNA-Abgleichen genannt werden.

Die Passagiermaschine war kurz nach dem Abflug abgestürzt. Das bestätigte das indische Ministerium für zivile Luftfahrt.

Das Wunder von Sitz 11A

Die Polizei war zunächst davon ausgegangen, dass alle 242 Menschen an Bord sowie weitere Menschen an der Absturzstelle ums Leben gekommen seien. Entgegen dieser Aussagen teilte der Generalsekretär des Gesundheitsministeriums von Gujarat, Dhananjay Dwivedi, am Donnerstagnachmittag der Nachrichtenagentur AFP mit, dass eine Person überlebt habe.

Ramesh Vishwaskumar Bucharvada, Passagier auf Sitzplatz 11A, hat den Absturz des Air-India-Flugs AI171 offenbar auf dramatische Weise überlebt. Laut einem Bericht des indischen Nachrichtenmagazins "India Today" soll er kurz vor dem Aufprall aus dem Flugzeug gesprungen sein. Der Mann wurde in eine Klinik gebracht.

Bei den Passagieren des Fluges AI-171 auf dem Weg nach London handelte es sich laut Air India um 169 Inder, 53 Briten, sieben Portugiesen und einen Kanadier. Zudem waren demnach zwölf Besatzungsmitglieder an Bord.

Rettungsteams mit Spürhunden durchsuchten bis in die frühen Morgenstunden des Freitags (Ortszeit) die verkohlten Wrackteile - auf der Suche nach Überlebenden und nach den Flugschreibern, um Informationen über die letzten Momente vor dem Absturz zu erlangen. Die britische Regierung sowie die US-Verkehrssicherheitsbehörde NTSB kündigten an, Ermittler zu entsenden, die bei der Aufklärung der Absturzursache helfen sollen.

Flugzeug stürzte auf Wohnheim für Mediziner

Wie viele der Opfer am Boden in oder an dem Gebäude ums Leben kamen, blieb zunächst unklar. Auf Videos war zu sehen, dass Teile des Flugzeugs das Gebäude durchbrachen. Trümmer lagen neben einem Essbereich mit stehen gebliebenen Tellern. Der indische Sender NDTV berichtete, mindestens fünf Medizinstudenten seien ums Leben gekommen, als ein Teil oder Teile der Unglücksmaschine auf ihre Unterkunft gefallen seien.

Rettungskräfte transportierten im Laufe des Tages zahlreiche mit weißen Tüchern bedeckte Leichen von der Absturzstelle ab. Der indische Premierminister Narendra Modi sprach von einer "Tragödie", die fassungslos mache. "In dieser traurigen Stunde" seien seine Gedanken bei allen Betroffenen.

Laut der indischen Behörde für zivile Luftfahrt verunglückte das Flugzeug vom Typ Boeing 787-8 Dreamliner "direkt nach dem Start" in Ahmedabad. Es setzte demnach noch einen Notruf ab und krachte dann außerhalb des Flughafengeländes in ein Gebäude. Auf in Online-Netzwerken veröffentlichen Videos war zu sehen, wie die Maschine mit nach oben gerichteter Nase schnell an Höhe verlor, in ein Gebäude krachte und in einem Feuerball explodierte.

Air-India-Flug ging nach London-Gatwick

Grafik-Karte: "Lokalisierung der Absturzstelle"
© dpa-infografik GmbH

Die Fluggesellschaft teilte zunächst mit, der Flug AI171 von Ahmedabad nach London-Gatwick sei in einen "Zwischenfall" verwickelt. Nach Daten des Flugzeugtrackers "Flightradar24" war für den Flug die elf Jahre alte Maschine mit der Kennzeichnung VT-ANB eingeplant. Diese sollte um 13.10 Uhr im Westen Indiens starten und um 18.25 Uhr (jeweils Ortszeit) am Flughafen Gatwick landen.

Erste Daten des sogenannten ADS-B-Systems, das im Sekundentakt Daten zu Position, Geschwindigkeit und Flughöhe liefert, zeigen laut "Flightradar24", dass das Flugzeug bis auf 625 Fuß (190 Meter) gestiegen war – danach sei es mit einer Geschwindigkeit von 475 Fuß pro Minute (knapp 8,7 km/h) gefallen.

Nach Angaben der Aviation Safety Network Database war es der erste Unfall mit einem 787 Dreamliner. In den vergangenen Jahren war Boeing immer wieder wegen Sicherheitsproblemen in die Schlagzeilen geraten. Bei den Unglücken mit Flugzeugen des Modells 737 Max im Oktober 2018 und März 2019 waren 346 Menschen ums Leben gekommen. Luftfahrtbehörden in aller Welt hatten daraufhin Flugverbote für das Modell erlassen. Erst nach einigen technischen Verbesserungen wurde das Modell schrittweise wieder für den Flugverkehr freigegeben.

Bisher nur Spekulationen über Ursache für Absturz

Die Ursache für den Absturz war am Donnerstagvormittag völlig unklar. Wie die US-amerikanische Verkehrsbehörde National Transportation Safety Board (NTSB) auf X mitteilte, wird ein Team von US-Ermittlern nach Indien reisen, um das Aircraft Accident Investigation Bureau vor Ort bei den Untersuchungen bezüglich des Absturzes zu unterstützen.

Laut dem indischen Rundfunkunternehmen New Delhi Television Limited könnte ein Triebwerksausfall Grund für den Absturz sein. Ein ehemaliger Pilot sagte dem Sender: "Sieht auf den ersten Blick nach einem Triebwerksausfall aus – beide Triebwerke sind ausgefallen. Der Pilot hat einen Notruf abgesetzt, was nur in Notsituationen geschieht."

Die Nachrichtenagentur PA zitierte Natarajan Chandrasekaran von Air India, der von einem "tragischen Unfall" sprach. Das Hauptaugenmerk liege auf der Unterstützung aller betroffenen Menschen und Familien.

Der indische Premierminister Narendra Modi sprach in einer Stellungnahme von einer "Tragödie", die fassungslos mache. "In dieser traurigen Stunde" seien seine Gedanken bei allen Betroffenen.

Beileidsbekundungen aus Europa

Der britische Premierminister Keir Starmer hat bestürzt auf das Flugzeugunglück reagiert, bei dem sich auch mehr als 50 britische Staatsbürger an Bord der Maschine befanden. "Die Szenen, die sich beim Absturz eines nach London fliegenden Flugzeugs mit vielen britischen Staatsbürgern an Bord in der indischen Stadt Ahmedabad abspielten, sind erschütternd", hieß es in einer am Donnerstag in London veröffentlichten Erklärung des Premiers. Seine Gedanken seien bei den Passagieren und deren Angehörigen. Der britische König Charles III. ließ sich über die aktuelle Entwicklung informieren.

Auch die EU-Kommission hat ihr Beileid bekundet. "Unsere Gedanken sind bei allen Betroffenen, ihren Angehörigen, Familien und Freunden", so eine Sprecherin der Behörde in Brüssel. Sie sagte zudem, es lägen noch keine Einzelheiten zu diesem tragischen Unfall vor. Deutschlands Außenminister Johann Wadephul teilte auf X mit, seine Gedanken und Gebete seien bei "unseren Freunden in Indien und allen, die derzeit auf ihre Angehörigen hoffen". (dpa/afp/bearbeitet von skr, fra und ali)

Teaserbild: © dpa/AP/Ajit Solanki