Der Peršmanhof in Kärnten ist nicht nur Gedenkstätte, sondern auch Schauplatz eines umstrittenen Polizeieinsatzes. Die Reaktionen reichen von Empörung bis zu diplomatischen Irritationen.
Ein Polizeieinsatz an einem Ort nationalsozialistischer Gräueltaten sorgt für Kritik und diplomatische Verstimmungen. Nun soll eine hochkarätig besetzte Kommission den Vorfall untersuchen. Der Bericht wird bis Ende September erwartet.
Nach dem umstrittenen Polizeieinsatz vom 27. Juli am Peršmanhof in Kärnten hat das Innenministerium jetzt wie angekündigt eine Analysekommission eingerichtet. Neben kärntner-slowenischen Vereinen und Verbänden sind auch Vertreter aus Wissenschaft, Gedenkkultur und Justiz in der Kommission. Bis Ende September 2025 soll ein Bericht vorliegen, teilte das Innenministerium am Dienstag in einer Aussendung mit.
Sektionschef Mathias Vogl, der Leiter der Sektion Recht im Innenministerium, soll den Vorsitz der Kommission innehaben. Er hatte in der Vergangenheit bereits die Kommission zum Loibacher Feld (wo jährlich ein umstrittenes, auch von kroatischen Rechtsextremisten besuchtes Treffen stattfand, Anm.) geführt. Mitglieder der Kommission sind etwa Bernhard Sadovnik (Vorsitzender des Beirats für die slowenische Volksgruppe im Bundeskanzleramt), Milan Wutte (Verband der Kärntner Partisanen und Freunde des antifaschistischen Widerstandes) und Lisa Rettl (Historikerin und Ausstellungskuratorin) vom Verein Peršman.
Aus den Bereichen Wissenschaft, Völkerrecht, Gedenkkultur und Justiz werden Universitätsprofessor Franz Merli (Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien), Maria Wittmann-Tiwald (Präsidentin des Handelsgerichts Wien i.R.), Barbara Glück (Direktorin KZ-Gedenkstätte Mauthausen) und Gregor Schusterschitz (Leiter des Völkerrechtsbüros im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten) vertreten sein. "Sollte sich im Verlauf der Analyse die Einbindung weiterer Vertreter, Interessensgruppen oder Experten als notwendig zeigen, so ist diese möglich", hieß es vom Innenministerium, für das unter anderem die beiden Gruppenleiter Reinhard Schnakl und Walter Grosinger teilnehmen werden.
Kommission soll Befragungen durchführen
Teilnehmer an dem Einsatz wurden bewusst nicht in die Kommission aufgenommen, sagte Ministeriumssprecher Markus Haindl auf APA-Anfrage: "Das ist notwendig, um die Distanz zu wahren." Die Kommission soll im Laufe ihrer Arbeit allerdings Befragungen durchführen. Wer genau befragt wird, dazu gab es vorerst keine Informationen. Ziel ist die "Aufarbeitung und Evaluierung des polizeilichen Einsatzes unter Berücksichtigung der historischen Dimension", im Endbericht enthalten sein sollen auch "allfällige Empfehlungen", heißt es im Auftrag zur Einsetzung der Kommission. Sollte die Vorlage eines Endberichts bis Ende September nicht möglich sein, so ersucht Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) um die Vorlage eines Zwischenberichts.
"Das Innenministerium und die Polizei bekennen sich zu einer zeitgemäßen und notwendigen Erinnerungs- und Gedenkkultur in Österreich. Handlungen der Polizei an Orten nationalsozialistischer Gräueltaten müssen daher von besonderer Sensibilität und dem Bewusstsein über die historische Verantwortung der Polizei und unseres Landes getragen sein", erklärte Karner.
Diplomatische Verwicklungen mit Slowenien
Der vierstündige Einsatz am Peršmanhof, einem abgelegenen Hof, der auch eine Gedenkstätte beherbergt, hat für diplomatische Verwicklungen mit Slowenien gesorgt. Drei Polizeistreifen, Beamte des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) und des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) waren angerückt. Unterstützt wurden sie von Beamten der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt. Grund dürften Anzeigen oder anonyme Hinweise gewesen sein, unter anderem wohl wegen unrechtmäßig aufgestellter Zelte während des Camps.
Die Situation an Ort und Stelle schaukelte sich rund um verweigerte Identitätsfeststellungen hoch, weshalb drei Beamte der Schnellen Interventionsgruppe (SIG), eine Diensthundeführerin und ein Polizeihubschrauber nachgefordert wurden. 62 Verwaltungsübertretungen und zwei Widerstände gegen die Staatsgewalt wurden angezeigt, 32 Identitätsfeststellungen und zwei Personendurchsuchungen durchgeführt.
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Die Polizei wurde für den Einsatz scharf kritisiert, insbesondere seitens der Kärntner Slowenen. Nicht nur sei das Vorgehen überzogen gewesen, sondern auch angesichts des geschichtsträchtigen Ortes unangemessen. Am Peršmanhof hatten vor fast genau 80 Jahren, am 25. April 1945, Teile einer Spezialeinheit des I. Bataillons des SS-Polizeiregiments 13 ein Massaker an elf Zivilisten verübt. (APA/bearbeitet von amb)