Niederösterreich stellt sein Rettungssystem neu auf – mit weniger Notärzten, dafür mehr Sanitätern und Telemedizin. In betroffenen Regionen wächst die Sorge um die Notfallversorgung.

Die Reduktion von 32 auf 21 Notarztstandorte im Zuge des "Gesundheitsplans 2040+" in Niederösterreich wird konkreter. Landesrätin Eva Prischl (SPÖ) gab am Mittwoch in St. Pölten bekannt, welche Stützpunkte ab April 2027 wegfallen. Die geplante Änderung sorgt seit Monaten für Kritik. Weiters zahlt das Land 70 Millionen Euro zusätzlich für Leistungen der Rettungsdienste. Für Rettungs- und Krankentransporte wurde eine neue Kostenverteilung zwischen Land und Gemeinden vereinbart.

Aktuell gibt es in Niederösterreich jährlich rund 300.000 Rettungsdiensteinsätze, davon erfordern circa 7.000 einen Notarzt an Ort und Stelle. Entwicklungen wie veränderte Ausbildungsrichtlinien, weniger neue Notärzte und Pensionierungen hätten das System zuletzt teilweise "an seine Leistungsgrenzen" geführt, sagte Prischl in einem Pressegespräch. Umstrukturiert werden die Standorte in Aspang (Bezirk Neunkirchen), Groß-Enzersdorf (Bezirk Gänserndorf), Groß Gerungs (Bezirk Zwettl), Hainburg (Bezirk Bruck an der Leitha), Klosterneuburg (Bezirk Tulln), Pöggstall (Bezirk Melk), Purkersdorf (Bezirk St. Pölten), Raabs (Bezirk Waidhofen an der Thaya), Retz (Bezirk Hollabrunn), Waidhofen an der Ybbs und Ybbs (Bezirk Melk). Hier sollen Notfallrettungen tätig sein, die durch Notfallsanitäter betrieben werden.

Erhalten bleiben die Stützpunkte mit Notarzteinsatzfahrzeugen in Amstetten, Baden, Gänserndorf, Gmünd, Hollabrunn, Horn, Korneuburg, Krems, Lilienfeld, Melk, Mistelbach, Mödling, Neulengbach (Bezirk St. Pölten), Neunkirchen, Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha), St. Pölten, Scheibbs, Tulln, Waidhofen an der Thaya, Wiener Neustadt und Zwettl. Weiters wird an den drei Hubschrauber-Stützpunkten in Ybbsitz (Bezirk Amstetten), Wiener Neustadt und Gneixendorf in Krems ein Fahrzeug stationiert, mit dem die Mannschaft ausrücken kann, wenn der Helikopter beispielsweise wetterbedingt nicht fliegen kann.

Rotes Kreuz sieht Versorgung auch in Zukunft sichergestellt

Die neue Struktur soll bis zum Frühjahr 2027 umgesetzt werden. Vorgesehen sind ein wohnortnahes First-Responder-System, vermehrter Einsatz von Acute Community Nurses, der Ausbau auf 86 Rettungswagenstützpunkte, die Ausweitung der Flugrettung an den Hubschrauberstützpunkten mit Rund-um-die-Uhr-Betrieb und der telemedizinischen Unterstützung. "Mit der Umstrukturierung der Rettungslandschaft und folglich unseren gut ausgebildeten Sanitäterinnen und Sanitätern auf 21 Notarztstützpunkten und künftig 86 RTW-C-Standorten und im Zuge des Ausbaus des Telenotarztes schaffen wir ein engmaschiges Notfallsystem und können auch die Versorgung der Bevölkerung in Zukunft sicherstellen", sagte Hans Ebner, Präsident des Roten Kreuzes Niederösterreich. Ähnlich äußerte sich Hannes Sauer, Präsident des Arbeiter-Samariter-Bundes Niederösterreich.

Ziel ist laut Prischl eine zukunftsfähige Versorgungsstruktur, die medizinische Qualität, Effizienz und Erreichbarkeit vereint. Jeder Mensch in Niederösterreich müsse im Notfall die optimale Versorgung bekommen - egal, ob jemand am Land oder in der Stadt lebe, betonte Landesrat Martin Antauer (FPÖ), Vorsitzender des NÖ Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS).

In den betroffenen Regionen gab es zuletzt Kritik und auch Widerstand gegen die Reduktion der Notarztstandorte. Die Gesundheitssprecherin der niederösterreichischen Grünen, Silvia Moser, warnte in einer Aussendung vor "vorschnellen Entscheidungen": "Bevor man über die Reduktion von Notarztstützpunkten nachdenkt, müssen die vereinbarten Maßnahmen aus dem Gesundheitspakt umgesetzt werden", verwies die Landtagsabgeordnete auf den geplanten Einsatz diplomierter Notfallsanitäterinnen und -sanitäter mit erweiterten Kompetenzen. Der "Gesundheitsplan 2040+" war seit 2024 von Experten ausgearbeitet und heuer im Frühjahr vom Landtag beschlossen worden. Vorgesehen ist u.a. auch eine Zusammenlegung von Krankenhäusern.

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Neue Kostenaufteilung für Rettungs- und Krankentransporte

Weiters liegt in den Verhandlungen zum Rettungsdienstvertrag ein Ergebnis vor. Die Rettungsorganisationen erhalten für erbrachte Leistungen in den Jahren 2022 bis 2025 rund 70 Millionen Euro durch das Land zusätzlich, sagte Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP). Damit übernehme das Land angesichts der angespannten Finanzlage der Kommunen circa 50 Millionen Euro, die die Gemeinden nach dem Verteilungsschlüssel finanzieren hätten müssen. Weiters wurde zugesichert, sich im Hinblick auf Verbesserungspotenziale und nachhaltige Reformen weiter an einen Tisch zu setzen, sagte Prischl.

Bisher wurden die Kosten für Rettungs- und Krankentransporte zu 72 Prozent von den Gemeinden und zu 28 Prozent vom Land getragen. Für die Jahre 2026 bis 2030 steigert das Land seinen Anteil auf 40 Prozent und die Kommunen übernehmen 60 Prozent, so Finanzlandesrat Schleritzko. Für diesen Zeitraum wird der Beitrag jeweils gedeckelt. Dies sei letztlich auch "eine Ansage an die Reformnotwendigkeit", meinte Gemeindebundpräsident Johannes Pressl. So werde man etwa versuchen, Transporte in Richtung Taxigewerbe zu verschieben, um Kosten zu stabilisieren. Für die Jahre danach gelte es die Finanzierung zu klären, betonte Andreas Kollross, Präsident des Verbands sozialdemokratischer GemeindevertreterInnen in NÖ. (APA/bearbeitet von skr)