Friedrich Merz muss sich im Gespräch mit Donald Trump bewähren. Der neue Kanzler setzt auf offene Gespräche – trotz der vielen Unsicherheiten. Ein Versuch, die transatlantischen Beziehungen neu zu gestalten.

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Wenn Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Donnerstag wie geplant erstmals mit US-Präsident Donald Trump telefoniert, ähnelt das einem Blind Date. Die beiden Männer haben sich persönlich noch nie getroffen. Ist der Sauerländer dem unberechenbaren New Yorker Immobilienmogul gewachsen, zumal nach dem Debakel um seine Wahl?

Jackson Janes von der US-Denkfabrik German Marshall Fund in Washington beobachtet seit mehr als vier Jahrzehnten die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland. Merz sei ein überzeugter Transatlantiker und habe ungeachtet der jüngsten Spannungen um die Sicherheitspolitik und die AfD "die Chance, das wichtige Verhältnis neu auszuformen und zu definieren", betont Janes.

Merz' Stärken im Gespräch mit Trump

Er sieht eine Reihe von Gemeinsamkeiten, die Merz sich gegenüber Trump zunutze machen könnte. Der Kanzler sei zwar ganz neu im Job, habe aber "eine ganze Menge Business-Erfahrung", sagt Janes. Dies gelte unter anderem durch Merz' Arbeit für die US-Investmentgesellschaft Blackrock. Zudem könne er auf gemeinsame politische Ziele verweisen, etwa bei der Grenzkontrolle und der Einwanderung.

In Deutschland wird Merz immer wieder mangelnde Regierungserfahrung vorgeworfen. Janes sieht es dagegen als Pluspunkt, dass Merz weitgehend "unbelastet durch eine politische Vergangenheit" ist. Das könnte Trump gefallen, der von sich selbst behauptet, er sei nicht Teil des politischen "Sumpfes in Washington".

Wie Merz sei Trump zudem "kein großer Fan von Angela Merkel", sagt Janes weiter. Deshalb sei es glaubwürdig, wenn Merz sage, er komme "mit einem neuen Besen", um Scherben im transatlantischen Verhältnis wegzufegen - jedenfalls soweit dies in einer deutschen Koalitionsregierung möglich sei.

Merz muss diplomatisches Geschick beweisen

Rachel Tausendfreund von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin rät Merz, ungeachtet des Debakels um seine Wahl im Bundestag keine Schwäche gegenüber Trump zu zeigen. Er könne im Stil des US-Präsidenten argumentieren, er sei nicht bei allen beliebt, weil er eben "ein starker Typ ist mit starken Meinungen".

Tausendfreund sieht aber auch einige Unsicherheitsfaktoren bei dem CDU-Mann: "Ich bin nicht so sicher, ob Merz willens ist, Trump zu schmeicheln und seine Spielchen zu spielen", sagt die DGAP-Expertin. Darin sei Frankreichs Präsident Emmanuel Macron besonders gut. Auch ob Merz ausreichend diplomatisches Geschick für den US-Präsidenten hat, steht für Tausendfreund noch nicht fest.

Merz selbst hat angekündigt, offen mit Trump zu reden, was die Unterstützung der US-Regierung für die AfD angeht, und ihn zu "ermuntern, die Innenpolitik in Deutschland Innenpolitik sein zu lassen". Tausendfreund hält dies für keine gute Idee: "Darüber würde ich keinen Streit suchen", sagt die Forscherin und Autorin.

Große Geste oder leere Worte? Mögliche Angebote an Trump

Besser wäre es aus ihrer Sicht, sich auf die großen Themen wie Handel und Sicherheitspolitik zu konzentrieren. Dabei solle Merz "nicht als Bittsteller, sondern mit Vorschlägen" zu Trump kommen. Er könne etwa darauf abheben, was die Europäer künftig alles eigenständig für ihre Verteidigung leisten wollten und warum das "ein guter Deal für die USA" sei. Dafür müsse Deutschland aber auch bereit sein, mehr zu tun, etwa in der Debatte um europäische Friedenstruppen zur Absicherung eines US-vermittelten Friedens in der Ukraine, sagt Tausendfreund.

Für bessere transatlantischen Beziehungen hat Janes noch einen Vorschlag, der für deutsche Ohren überraschend klingt: Zum 250. Jahrestag der US-Verfassung am 4. Juli 2026 könne Merz Trump die Schaffung von 250.000 Arbeitsplätzen in den USA zusagen, sagt der Experte vom German Marshall Fund. Den Einwand, das könne der Kanzler nicht ernsthaft tun, lässt Janes nicht gelten. Dies sei eben eine "große Geste" im Trumpschen Sinne und die symbolhafte Sprache, die der US-Präsident verstehe. (AFP/bearbeitet von amb)