Die Lage in Israel nach der Veröffentlichung von Videos der verschleppten Geiseln ist aufgeladen. Polizeiminister Ben-Gvir nutzte die Situation, um gleich zweifach zu provozieren.

Bei einem provokativen Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem hat der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir zu einer Wiederbesetzung des Gazastreifens aufgerufen.

In einem Video äußerte Ben-Gvir sich zu jüngsten Videos ausgehungerter israelischer Geiseln im Gazastreifen. Damit versuche die islamistische Hamas, Druck auf Israel auszuüben. Als Reaktion müsse Israel aber vielmehr "noch heute den ganzen Gazastreifen besetzen, Souveränität im ganzen Gazastreifen erklären", sagte Ben-Gvir. Gleichzeitig müsse man die palästinensische Bevölkerung zu "freiwilliger Auswanderung ermutigen". Israel wird immer wieder vorgeworfen, es plane eine "ethnische Säuberung" des umkämpften Küstenstreifens.

Israels Polizeiminister provoziert mit Gebet auf Tempelberg

Ben-Gvirs Besuch auf dem Tempelberg kam anlässlich des jüdischen Fasten- und Trauertags Tischa Beav. An dem Tag erinnern Juden an die Zerstörung der beiden antiken Tempel in Jerusalem. Der Polizeiminister betete dabei auch demonstrativ.

Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Für Juden ist der Tempelberg mit der Klagemauer die heiligste Stätte, weil an dem Ort früher zwei jüdische Tempel standen.

Der Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße, die nicht geahndet werden. Dies wird von Palästinensern als Provokation wahrgenommen, weil sie es als Zeichen israelischer Bestrebungen sehen, mehr Kontrolle über die heilige Stätte zu erlangen.

Israels Präsident Herzog geschockt von Geisel-Videos

Auch andere Politiker schockierten die Videos der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. Der israelische Präsident Herzog reagierte mit scharfer Kritik. "Die Gesichter der Geiseln (…) sagen alles. Sie werden gezwungen, ihre eigenen Gräber zu schaufeln. Sie werden mit Hinrichtungen gequält", erklärte er auf dem Onlinedienst X. Die Hamas hungere neben den Geiseln auch die Menschen im Gazastreifen aus, indem sie Hilfslieferungen plündere und humanitäre Lieferungen blockiere, die Israel gemeinsam mit seinen internationalen Partnern aufgestockt habe.

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Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot verurteilte die "abscheulichen, unerträglichen Bilder" der israelischen Geiseln. Die Geiseln müssten bedingungslos freigelassen werden und die Hamas entwaffnet und von einer Regierung in dem Küstenstreifen ausgeschlossen werden. (afp/dpa/bearbeitet von the)