Zehntausende Reservisten werden für eine Ausweitung der Offensive in Gaza in die israelische Armee eingezogen. Israel droht auch den Huthi und dem Iran.

Mehr News zum Krieg in Nahost

Israel will seine Offensive im Gazastreifen gegen die islamistische Hamas weiter verschärfen. Dies sei bei einer Sitzung des Sicherheitskabinetts um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einstimmig beschlossen worden, berichteten verschiedene israelische Medien in der Nacht unter Berufung auf Beamte. Ziel ist es, den Druck auf die Hamas zu erhöhen, um die Freilassung weiterer Geiseln zu erzwingen. Zudem billigte das Sicherheitskabinett einen Plan zur Wiederaufnahme von Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen.

Es werde erwartet, dass der Plan zur Ausweitung der Offensive erst nach dem Besuch von US-Präsident Donald Trump in der Region in der nächsten Woche umgesetzt werde, berichtete die "Times of Israel". Bis dahin würden Anstrengungen unternommen, um eine Vereinbarung mit der Hamas über eine Waffenruhe und ein Geiselabkommen zu erreichen.

Laut israelischen Medienberichten hatte Netanjahu bereits zuvor grünes Licht für die Vorbereitungen einer verstärkten Militäroffensive gegeben. Der israelische Generalstabschef Ejal Zamir bestätigte die bereits beschlossene massive Mobilisierung von Reservisten für eine Ausweitung der Angriffe im Gaza-Krieg. "Diese Woche versenden wir Zehntausende Einberufungsbefehle an unsere Reservisten, um unsere Operation im Gazastreifen zu verstärken und auszuweiten", sagte der Militärchef bei einem Besuch in einer Marinebasis südlich von Haifa.

Reservisten sollen reguläre Truppen ablösen

Nach Angaben des Nachrichtenportals "ynet" sollen einige Reservisten reguläre Truppen ablösen, die aktuell an der Nordgrenze oder im Westjordanland stationiert sind. Diese Einheiten sollen dann in den Gazastreifen verlegt werden. Für manche Reservisten ist es bereits der siebte Einsatz seit Beginn des Krieges.

Nach einer fast zweimonatigen Waffenruhe hatte die israelische Armee ihre Angriffe im Gazastreifen am 18. März wieder aufgenommen. Die indirekten Verhandlungen über eine erneute Waffenruhe – vermittelt von den USA, Ägypten und Katar – blieben bisher ohne Durchbruch.

Lesen Sie auch

Nach israelischen Angaben befinden sich weiterhin 24 Geiseln und die Leichen von 35 Verschleppten in der Gewalt der Hamas. Ehemalige Geiseln berichten von unmenschlichen Bedingungen.

Keine Hilfslieferungen seit rund zwei Monaten

Das Militär lässt seit rund zwei Monaten keine humanitären Hilfslieferungen mehr im Gazastreifen zu, in dem etwa zwei Millionen Menschen leben.

Nahostkonflikt - Gaza-Stadt
Zeltlager für Vertriebene im Gazastreifen. (Archivbild) © dpa / Rizek Abdeljawad/XinHua/dpa

Eine Ausweitung der Angriffe dürfte die ohnehin prekäre humanitäre Lage in dem abgeriegelten Gebiet weiter verschärfen. Hilfsorganisationen sprechen von katastrophalen Zuständen. Die Armee wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter gewinnbringend weiterzuverkaufen, um ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren.

Beim nun vom Sicherheitskabinett gebilligten Plan sei der Mechanismus überarbeitet worden, um eine Abzweigung von Gütern durch die Hamas zu minimieren, hieß es. Internationale Organisationen und private Sicherheitsfirmen sollten Lebensmittel und Hilfsgüter an Familien verteilen. Die israelische Armee sei nicht direkt daran beteiligt, sondern solle die Verteilung der Güter schützen. Das Nachrichtenportal "Axios" berichtete zuletzt, die USA und Israel planten, mit Hilfe einer privaten US-Firma Hilfsgüter an der Hamas vorbei in den Gazastreifen zu bringen.

UN lehnen israelischen Hilfsgüterplan ab

Bereits vor der Verabschiedung durch das Sicherheitskabinett machten die Vereinten Nationen deutlich, den Plan Israels für eine Hilfsgüterlieferung in den Gazastreifen aufgrund großer humanitärer Bedenken nicht zu unterstützen. "(Der Plan) verstößt gegen grundlegende humanitäre Prinzipien und scheint darauf ausgelegt zu sein, die Kontrolle über lebenswichtige Güter als Druckmittel zu verstärken - als Teil einer militärischen Strategie", teilte das humanitäre UN-Team im Gazastreifen mit.

Israel wolle die Zustimmung der UN, um Hilfsgüter über israelische Ausgabestellen unter Bedingungen zu verteilen, die das israelische Militär festlegt. Diese Strategie sei gefährlich, weil sie die Zivilbevölkerung in militarisierte Zonen treibe, um Rationen zu erhalten. Das könne für die Menschen und die Helfer lebensbedrohlich sein. Weniger mobile Menschen könnten so nicht erreicht werden, die Zwangsvertreibung werde vorangetrieben.

Netanjahu: Reaktion auf Huthi-Angriff auch gegen Iran

Derweil machte Israel deutlich, auf den Huthi-Angriff auf seinen internationalen Flughafen nicht nur gegen die jemenitische Miliz selbst, sondern auch gegen deren iranische Verbündete reagieren zu wollen. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schrieb in einem Post auf der Plattform X: "Attacken durch die Huthi gehen vom Iran aus. Israel wird auf den Huthi-Angriff auf unseren wichtigsten Flughafen reagieren und - zu einem Zeitpunkt und an einem Ort unserer Wahl - gegen ihre iranischen Terrormeister."

Bei einem Raketenangriff auf Israel hatte die Huthi-Miliz im Jemen erstmals den Umkreis des internationalen Flughafens bei Tel Aviv getroffen. Nach Angaben von Sanitätern wurden acht Menschen verletzt. Israel drohte mit einem harten Gegenschlag.

Das israelische Nachrichtenportal "ynet" berichtete, bei einer dringend einberufenen Sicherheitsberatung sei beschlossen worden, dass Israel die militärische Antwort auf den Huthi-Angriff in enger Abstimmung mit den USA ausführen werde. Der israelische TV-Sender N12 berichtete, sowohl das israelische Raketenabwehrsystem Arrow 3 als auch das US-Raketenabwehrsystem THAAD hätten die aus dem Jemen abgefeuerte Rakete bei Abfangversuchen verfehlt.

Die Huthi kündigten hingegen an, erneut israelische Flughäfen angreifen zu wollen. Ein Sprecher sagte, der Schritt sei eine Reaktion auf die Entscheidung Israels, seine Operationen im Gazastreifen auszuweiten. (dpa/bearbeitet von ng)

Teaserbild: © dpa / Leo Correa/AP/dpa