Driften die USA in Richtung Autokratie ab? Unions-Fraktionschef Jens Spahn hat dazu eine klare Meinung. Verwaschener blieb seine Sicht auf den ermordeten US-Politikaktivisten Charlie Kirk – und seine Fähigkeit zur Selbstkritik.
Das Thema der Runde
Nach dem Mord an dem rechtsextremen Polit-Aktivisten Charlie Kirk ist die politische Lage in den USA hochexplosiv. Präsident
Die Gäste
Cathryn Clüver Ashbrook: Die Politikwissenschaftlerin und USA-Expertin warnte vor den zunehmend autoritären Tendenzen in den USA. "Es ist anders als Ungarn und die Türkei. Weil es schneller und sehr viel systematischer passiert als in anderen Ländern, wo wir Autoritarisierung ganz eng miterlebt haben."
Kerstin Kohlenberg: Die frühere USA-Korrespondentin der ZEIT bezeichnete die Drohung der US-Rundfunkbehörde FCC, ABC die Sendelizenzen wegen Kritik von US-Talkshowgröße Jimmy Kimmel an Charlie Kirk zu entziehen, als "Verfassungsbruch". Sie sagte: "Das darf die Regierung nicht machen. Das haben die Demokraten noch nie gemacht. Ich glaube, das ist echt ein historischer Moment."
Der Special Guest
Bei Charlie Kirk vergaloppierte Spahn sich allerdings. "Wir müssen aufpassen, dass wir andere Meinungen nicht immer gleich zu extremistisch erklären und damit versuchen, die Debatte zu beenden." Kirk allerdings äußerte nicht nur sehr kontroverse Einstellungen, er verbreitete auch nachweislich Falschbehauptungen, indem er beispielsweise den wissenschaftlichen Konsens über den Klimawandel infrage stellte.
Der Spiegel hatte kürzlich argumentiert, warum Kirk als Anhänger verschwörungstheoretischer Erzählungen wie dem "Großen Austausch" als "rechtsextrem" und nicht etwa als "konservativ" charakterisiert werden muss.
Schließlich behauptete Spahn, die Maga-Bewegung nutze nur, was vorher von der anderen, also der linken Seite, gekommen sei: Cancel Culture. Auch dies ein zumindest diskussionswürdiger Vergleich, den Kerstin Kohlenberg auch als solchen benannte.
Das Wortgefecht des Abends
Viel mehr als seine Positionen zur amerikanischen Innenpolitik interessierte sich Caren Miosga verständlicherweise für Jens Spahns Rolle als Fraktionschef vor der gescheiterten Richterwahl zum Bundesverfassungsgericht. "Das hätte nicht passieren dürfen", sagte Spahn. Es blieb sein einziger selbstkritischer Satz des Abends, der hängen blieb.
Seine größte Erkenntnis aus der gescheiterten Richterwahl ist es, dass "rechtzeitiges Reden und Kommunizieren" wichtig ist. Hat er also Fehler gemacht? War er vielleicht aufgrund der eigenen Maskenaffäre nicht ganz bei der Sache, hakte Miosga energisch nach. "Nein, das war ich nicht", behauptete Spahn. Er habe schon weit vorher Warnzeichen gegeben, dass Teile seiner Fraktion unzufrieden mit der letztlich gescheiterten Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf waren.
Dann stellt sich die Frage, warum er es nicht hinbekommen hat, die Lage frühzeitig so zu moderieren, dass der schwarz-roten Koalition diese Peinlichkeit erspart blieb. Zumindest gab Spahn nach mehrfachen Nachfragen der Gastgeberin zu: "Natürlich würde ich andersherum genauso kritisieren, wenn eine Richterwahl abgesetzt wird."
Die Offenbarung des Abends
Fehlt Jens Spahn die Fähigkeit zu moderieren und zusammenzuführen, die es als Fraktionschef unbedingt braucht? Kann er nur zuspitzen und draufhauen? Diese sicherlich provokante Frage wäre eine gute Gelegenheit für etwas Selbstkritik gewesen, ein passender Moment, um etwas nahbarer und menschlicher zu wirken.
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Doch Jens Spahn fühlt sich offenbar vor allem eines: missverstanden. "Das ist eine Vermutung, die viele haben. Das ist ein Bild, das da ist", sagte er über seine Außenwirkung. Dann lachte er an einem unpassenden Moment, es wirkte wie eine Übersprungshandlung. "Ich kriege nicht selten den Satz gesagt: Sie sind ja netter als ich dachte."
Der Erkenntnisgewinn
Jens Spahn mäandert bei Caren Miosga zwischen Sorge um die US-Demokratie und Sorge um das Meinungsklima, das auch von links bedroht sei.
Der CDU-Politiker verpasste die Chance, durch authentisch-selbstkritische Worte etwas nahbarer zu wirken. Warum Caren Miosga die weiter schwelende Maskenaffäre überhaupt nicht thematisierte, blieb nach einer Stunde ARD-Talk ihr Geheimnis.