Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zu Gast in Berlin. Bundeskanzler Friedrich Merz verkündet: Deutschland und die Ukraine werden in Zukunft gemeinsam weitreichende Waffensysteme produzieren. Sie sollen noch in diesem Jahr zum Einsatz kommen.
In der ukrainischen Stadt Kirowohrad sind in der Nacht auf Mittwoch mehr als 70 Wohnhäuser bei einem russischen Angriff beschädigt worden, 1.400 Menschen waren ohne Strom. In Berlin ist das Schlimmste, was vom Himmel kommt, an diesem Mittwoch ein Gewitterschauer. So unterschiedlich sind die Realitäten in Europa im Mai 2025.
Im Berliner Kanzleramt treffen diese Realitäten am Mittwochmittag aufeinander. Der ukrainische
Deutsche und ukrainische Unternehmen sollen gemeinsam weitreichende Waffen herstellen
Dabei hat sich die ohnehin schwierige Lage der Ukraine in den vergangenen Wochen noch einmal deutlich zugespitzt. Selenskyj warnt inzwischen, Russland ziehe 50.000 Soldaten für eine Offensive in der Nordost-Ukraine zusammen. Die Vermittlungsbemühungen der US-Regierung haben bisher vor allem aufgeregte Schlagzeilen, aber wenig Ergebnisse erbracht.
Gastgeber Merz wirkt bei der Pressekonferenz im Kanzleramt bedrückt. Er betont nach dem Gespräch mit Selenskyj: Die Ukraine sei zu einem bedingungslosen Waffenstillstand und zu Gesprächen mit Russland bereit. "Wir Europäer sind bereit, diese Gespräche zu unterstützen."
Gleichzeitig werde man den Druck auf Russland weiter erhöhen. Die deutsch-russische Gas-Pipeline Nord Stream 2 soll nach Worten von Merz nicht wieder ans Netz gehen.
Zu Details von möglichen Waffenlieferungen will sich Merz nicht äußern. "Ich kann aber sagen: Wir werden unsere militärische Unterstützung fortsetzen und wir werden sie ausbauen."
Die Neuigkeit, die er zu verkünden hat: Die Verteidigungsminister beider Länder werden laut Merz ein Abkommen zur Beschaffung weitreichender Waffensysteme unterzeichnen – die dann aber offenbar in der Ukraine hergestellt werden. "Das ist der Einstieg in eine neue Form der militärisch-industriellen Zusammenarbeit unserer Länder, die großes Potenzial hat."
Auch Selenskyj spricht von einem "wichtigen Signal". Das Land brauche dringend Unterstützung bei der Luftverteidigung. Das Thema werde man gemeinsam mit deutschen Unternehmen angehen. Die gemeinsame Finanzierung mit Deutschland sei ein erster Schritt.
Merz mit markigen Worten, aber wenig Hoffnung
Der Bundeskanzler wählt bei dem Thema zwar gerne klare Worte, hat in seinen ersten Amtswochen aber auch schon Verwirrung gestiftet. Bei einem Besuch in Kiew forderte Bundeskanzler Merz vor kurzem Russland zu einer schnellen Waffenruhe auf und drohte ansonsten mit Sanktionen. Doch das Ultimatum verstrich, und die von der EU verhängten Sanktionen waren schon vorher in Planung gewesen.
In Berlin warnt man: So eine Ansage ohne Konsequenzen könne sich Merz nicht allzu oft leisten.
In dieser Woche verkündete der Bundeskanzler zudem, es gebe bei Waffenlieferungen an die Ukraine keine Reichweitenbeschränkungen mehr. Dann sagte er, das sei eigentlich nichts Neues.
Ob er den Marschflugkörper Taurus an die Ukraine liefert (was Merz noch als Oppositionsführer lautstark gefordert hatte), will er nicht öffentlich verkünden. Vor zwei Wochen hatte Merz noch gesagt, Deutschland werde alles unternehmen für ein schnelles Ende des Krieges. Am Dienstag hieß es dann von ihm, man müsse sich noch auf eine lange Kriegsdauer einstellen.
Paket von fünf Milliarden Euro
Inzwischen scheint die Ukraine nicht mehr auf die weitreichenden Waffen aus Deutschland warten zu wollen. Man konzentriert sich nun auf die eigene Produktion von Waffen, mit denen die ukrainische Armee russische Drohnenbasen oder Munitionslager auch weit hinter der Front treffen kann. Mit deutscher Unterstützung.
Merz spricht von einer "industriellen Zusammenarbeit". Zu Details äußert er sich am Mittwoch kaum. Klar ist nur: Die Zeit wird eng für die Ukraine.
Das Bundesverteidigungsministerium schickt am Nachmittag konkretere Angaben hinterher. Mit deutscher Unterstützung soll demnach "noch in diesem Jahr eine erhebliche Stückzahl von weitreichenden Waffen" in der Ukraine hergestellt werden, heißt es in einer Pressemitteilung. "Die ersten dieser Systeme können in den ukrainischen Streitkräften bereits in wenigen Wochen zum Einsatz kommen." Sie seien bereits in den ukrainischen Streitkräften eingeführt, eine zusätzliche Ausbildung sei also nicht nötig.
Auch Munition, Landwaffensysteme und Handwaffen wolle Deutschland liefern. Insgesamt soll das am Mittwoch vereinbarte Paket ein Volumen von fünf Milliarden Euro haben.
Selenskyj betont am Mittag noch einmal: Die Ukraine sei ohne Vorbedingungen zu einem Waffenstillstand und Friedensgesprächen bereit. Aber Russland zeige keine Zeichen, darauf einzugehen. Jetzt helfe nur noch Druck. "Wir dürfen nicht warten, wir müssen etwas tun."
Verwendete Quelle
- Pressekonferenz mit Friedrich Merz und Wolodymyr Selenskyj im Bundeskanzleramt