Seit mehreren Tagen gehen Demonstranten gegen die Migrationspolitik von Donald Trump in Los Angeles auf die Straße. Die Stadt reagiert nun mit einem besonderen Schritt. Unterdessen holt der kalifornische Gouverneur mit einer feurigen Grundsatzrede gegen den mächtigen Mann im Weißen Haus aus.
Angesichts tagelanger Demonstrationen gegen die Migrationspolitik von US-Präsident
Bass beklagte, in der Innenstadt sei es zu Plünderungen gekommen und zu Sachbeschädigungen durch Graffiti. Dem wolle man durch die Ausgangssperre entgegenwirken. Bass warnte, wer sich nicht an die Vorgaben halte, werde festgenommen.
Sie betonte, lediglich ein Bruchteil des gesamten Stadtgebietes sei betroffen. "Einige Bilder von den Protesten und der Gewalt erwecken den Anschein, als handele es sich um eine stadtweite Krise", sagte Bass. Das sei nicht der Fall. Es gebe außerdem Ausnahmen für Anwohner, Menschen auf dem Weg zur Arbeit wie auch für Medienvertreter in dem betroffenen Gebiet in der Innenstadt.
Trumps umstrittene Entsendung von Soldaten

In Los Angeles demonstrieren seit Tagen Menschen gegen Trumps harten Migrationskurs. Die US-Regierung hat deshalb inzwischen 4.000 Soldaten der Nationalgarde und 700 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte für den Einsatz in Los Angeles mobilisiert – gegen den Willen des Gouverneurs des Bundesstaates Kalifornien,
Die Soldaten treffen nach und nach ein und sollen nach Trumps Willen so lange in der Stadt bleiben, bis es keine Gefahr mehr gebe. Bisher ist ein Einsatz für maximal 60 Tage anberaumt. Das US-Verteidigungsministerium schätzt die Kosten für die Entsendung von Soldaten der Nationalgarde und von Marineinfanteristen nach LA auf 134 Millionen US-Dollar (117 Millionen Euro).
Demonstrationen halten an
In Los Angeles kam es erneut zu Protesten und Festnahmen, allerdings weiter in überschaubarem Ausmaß. Auch am Dienstagnachmittag Ortszeit versammelten sich an verschiedenen Orten der Westküstenmetropole wieder Hunderte Menschen, um gegen Trumps Abschiebepolitik zu protestieren. Ihnen steht eine wachsende Zahl an Polizisten gegenüber – und Soldaten, die Bundesgebäude in der Stadt beschützen.
Am Abend kurz vor Beginn der Ausgangssperre, die zunächst von Dienstagabend 20:00 Uhr bis Mittwochmorgen 6:00 Uhr (Ortszeit) gilt, waren allerdings nur noch wenige Protestierende im Zentrum von Los Angeles unterwegs. Die Polizeipräsenz blieb zunächst aber sichtbar hoch.
Auch in anderen Städten, wie New York oder Chicago, kam es zu Protesten gegen die Migrationspolitik Trumps. Der Republikaner hatte im Wahlkampf versprochen, das größte Abschiebeprogramm der US-Geschichte zu starten.
Trumps Entscheidung, Mitglieder der Nationalgarde und der regulären Streitkräfte nach LA zu schicken, gegen den Willen des zuständigen Gouverneurs, ist eine bedeutsame Eskalation und Machtdemonstration des republikanischen Präsidenten. Sein Vorgehen ist höchst ungewöhnlich und umstritten.
Trumps Verschwörungstheorie
Im politischen Machtkampf rund um die Demonstrationen verschärft sich der Ton zwischen Trump und Kaliforniens Gouverneur, Gavin Newsom.
Der US-Präsident beschuldigte Newsom und Bürgermeisterin Bass der Komplizenschaft mit radikalen Demonstranten in LA. Die beiden hätten "Unruhestifter, Aufwiegler und Aufrührer bezahlt", behauptete Trump ohne jeden Beleg. "Sie sind an diesem vorsätzlichen Versuch beteiligt, das Bundesgesetz außer Kraft zu setzen und die Besetzung der Stadt durch kriminelle Eindringlinge zu unterstützen."
Bass wies Trumps Anschuldigung in einem Interview des Fernsehsenders CNN als "vollkommen absurd" zurück. Trump hat bereits mehrfach öffentlich behauptet, dass die Demonstranten in LA bezahlt würden. Wie oft bei derlei Anschuldigungen nannte er dafür aber keinerlei Belege. Trump sagte, das Justizministerium werden herausfinden, wer dahinterstecke.
Auf Nachfrage von Journalisten, wer die Demonstranten bezahle, rückte der Republikaner nach seinem Auftritt in North Carolina wieder etwas von seinem Vorwurf gegen Newsom und Bass ab und sagte: "Irgendjemand bezahlt das."
Trump nannte die Proteste gegen seine Migrationspolitik einen "voll entfalteten Angriff auf den Frieden, die öffentliche Ordnung und unsere nationale Souveränität". Bei einer Rede auf dem Militärstützpunkt Fort Bragg im Bundesstaat North Carolina versprach er, notfalls weitere Soldaten und Ressourcen nach Los Angeles zu schicken, um dort Recht und Ordnung wiederherzustellen. Die Demonstranten dort seien "Tiere".
Kaliforniens Gouverneur bezeichnet Trump als Diktator
Newsom wiederum teilte in einer überraschenden Ansprache an die Bürger gegen Trump aus, bezeichnete ihn als Diktator und sein Vorgehen in LA und dem ganzen Land als Angriff auf die amerikanische Demokratie.
"Die Demokratie wird vor unseren Augen angegriffen", sagte Newsom in einer feurigen Rede. "Die Rechtsstaatlichkeit weicht zunehmend der Herrschaft von Don", beklagte der Demokrat in Anspielung auf Trumps Vornamen.
Newsom kritisierte, Trump militarisiere die Straßen von LA, traumatisiere die amerikanische Gemeinde und spalte die Gesellschaft. Mit Blick auf die für das Wochenende geplante große Militärparade in der US-Hauptstadt Washington, parallel zu Trumps Geburtstag, schob Newsom nach: "An diesem Samstag befiehlt er unseren amerikanischen Helden – dem Militär der Vereinigten Staaten – zur Feier seines Geburtstages ein vulgäres Spektakel zu veranstalten, so wie es andere gescheiterte Diktatoren in der Vergangenheit getan haben."
Der Präsident hebele die Gewaltenteilung in den USA aus, habe Aufseher über die Regierung geschasst, die ihn wegen Korruption und Betrug zur Rechenschaft ziehen könnten. Er habe der Kultur und der Wissenschaft den Krieg erklärt, wolle Universitäten vorschreiben, was sie lehren dürfen und nehme Medien und Meinungsfreiheit ins Visier.
Newsom: "Es ist an der Zeit, dass wir alle für die Gerechtigkeit eintreten"
In der Migrationspolitik treibe Trump militärische Razzien in LA voran, die weit über seine erklärte Absicht hinausgingen, nur gegen Gewalttäter und Schwerverbrecher vorzugehen. "Seine Agenten verhaften Tellerwäscher, Gärtner, Tagelöhner und Näherinnen", beklagte Newsom. "Das ist einfach Schwäche. Schwäche getarnt als Stärke." Trump schütze keine Gemeinden, sondern traumatisiere sie.
"Autoritäre Regime beginnen damit, Menschen ins Visier zu nehmen, die am wenigsten in der Lage sind, sich selbst zu verteidigen", warnte er, "aber sie hören dort nicht auf." Trump sei "nicht gegen Gesetzlosigkeit und Gewalt, solange es ihm dient". Das habe die Attacke von Trumps Anhängern auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 klar gezeigt.
"Es ist an der Zeit, dass wir alle für die Gerechtigkeit eintreten", appellierte Newsom an die Bürger und rief zugleich dazu auf, friedlich gegen Trumps Regierung zu protestieren.
Trump und Newsom liefern sich rund um die Anti-Regierungs-Proteste in der LA seit Tagen einen politischen Zweikampf. Die beiden überziehen einander wiederkehrend mit schweren Anschuldigungen. Zeitweise hatte Trump sogar öffentlich Zustimmung für die Idee geäußert, Newsom notfalls festnehmen zu lassen, falls dieser die Arbeit der US-Regierung behindern sollte.
Der demokratische Gouverneur ist ein Lieblingsfeind Trumps. Es gilt als offenes Geheimnis, dass Newsom selbst Ambitionen auf die Präsidentschaft hat und auf eine mögliche Kandidatur für die Demokraten bei der Wahl 2028 schielt. (dpa/bearbeitet von tas)