Berlin/Hamburg - Sturm, Regen, Schnee: Wetterkapriolen richten immer häufiger immer schwerere Verwüstungen an. Für Eigenheimbesitzer kann das teuer werden, falls sie nicht ausreichend versichert sind - im Idealfall fangen aber die Policen einen Großteil des finanziellen Schadens auf. Allein 2024 haben Versicherer Unwetterschäden in Höhe von rund 5,5 Milliarden Euro reguliert. Gut zu wissen: Gerade für Überschwemmungen und Hochwasser braucht es in der Regel einen Zusatzbaustein für Elementarschäden bei Wohngebäude- und Hausratversicherung.

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Aber wie gehen Versicherte im Ernstfall vor? Was müssen sie konkret tun, um am Ende nicht selbst auf einem Schaden sitzenzubleiben? Dieser Acht-Punkte-Fahrplan hilft, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Schritt 1: An die eigene Sicherheit denken

Bei starken Gebäudeschäden, etwa wenn umgestürzte Bäume ins Dach gekracht sind oder große Wassermassen eindringen, besteht das Risiko, dass das Haus einstürzt. Drinzubleiben ist dann eine schlechte Idee. Besser ist es, das Nötigste zu schnappen, das Gebäude zu verlassen und in sicherer Entfernung zu warten, bis Experten - zum Beispiel die Feuerwehr - das Gebäude wieder freigeben. Wer schon im Freien ist, bleibt dort.

In nassen Kellern und Räumen bestehe außerdem Stromschlaggefahr, warnt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Deshalb sollten weder die Räume betreten noch Elektrogeräte eingeschaltet werden.

Schritt 2: Den Versicherer in Kenntnis setzen

Nach der allerersten Aufregung ist zügiges Handeln gefordert. Zwei Dinge haben Priorität: Wohngebäude- und Hausratversicherung informieren sowie die Schadenminimierung.

Ein Sturm über einem Wohngebiet
Da braut sich was zusammen: Wenn Unwetter Schäden am Eigenheim anrichten, sollten Betroffene zügig reagieren. © dpa / Armin Weigel/dpa

Versicherer verlangen, schnellstens zu erfahren, was passiert ist. Üblicherweise sei das in Policen mit Worten wie "unverzüglich" oder "ohne schuldhaftes Verzögern" umschrieben, so die Stiftung Warentest. Praktisch sind Sie auf der sicheren Seite, wenn Sie die Versicherungsgesellschaft sofort informieren. Das beugt Ärger und eventuellen Leistungskürzungen vor. Die Kontaktdaten finden Sie sowohl im Internet als auch auf Ihrem Versicherungsvertrag. Eine Kopie sollte vorsorglich in einer immer griffbereiten Notfallmappe liegen.

Fürs Erste reichen erfahrungsgemäß Anruf oder Mail. Schildern Sie grob das Geschehen. Den oder die Schäden müssen Sie noch nicht detailliert benennen. Nach der Meldung erhalten Sie in der Regel eine Schadennummer sowie Anweisungen, was bezüglich der Schäden zu tun und zu lassen ist. Daran sollten Sie sich halten. Ansonsten kann es Probleme mit der Regulierung geben. Falls Sie telefonisch Hinweise bekommen: Schreiben Sie sie zur Gedächtnisstütze auf.

Ein Tipp für Wohnungseigentümer: Melden Sie Schäden am Gemeinschaftseigentum wie Dach, Fassade, Fenster oder Türen umgehend der Hausverwaltung. Sie kontaktiert die Wohngebäudeversicherung und ist für Notmaßnahmen zuständig.

Schritt 3: Folgeschäden vermeiden

Bianca Boss, Vorständin beim Bund der Versicherten (BdV) stellt die Schadensbegrenzung obenan und erläutert: "Es ist die erste Pflicht, den Schaden möglichst abzuwenden oder ihn so klein wie möglich zu halten". Das erwarten Versicherungen.

Konkret kann das bedeuten, vom Sturm zerstörte Türen- und Fensterscheiben und Dächer etwa mit Planen notdürftig abzudichten, damit es möglichst nicht hineinregnet und keine Unbefugten ins Haus kommen. Steht Wasser im Gebäude, kann man versuchen, Möbel und Hausrat ins Trockene zu bringen und das Wasser mit Eimern und Pumpen rauszuschaffen.

Eine Regenrinne läuft über
Der Regen will einfach nicht aufhören: Haben Fenster oder Türen bei einem Unwetter Schaden genommen, sollten die offenen Stellen schnell abgedichtet werden, um Folgeschäden zu vermeiden. © dpa / Silas Stein/dpa/dpa-tmn

Schadenminderung ist übrigens eine gesetzlich verankerte Pflicht - mit Grenzen: Solche Maßnahmen seien nur angebracht, solange Eigentümer sich nicht selbst gefährdeten, mahnt Boss.

Schritt 4: Beweisaufnahmen machen

Versicherungen wollen Zerstörungen an Gebäude und Hausrat prüfen, um sich vom Umfang ihrer Leistungspflicht zu überzeugen. Das heißt für Hausbesitzer: dokumentieren. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft rät zu Fotos; Videos können aber ebenfalls hilfreich sein.

Kaputte Gegenstände sollten zunächst möglichst aufbewahrt werden. Das ist zum einen wegen des Rechts der Versicherung wichtig, sich selbst ein Bild vom Schaden zu machen. Zum anderen könnten Geschädigte ihre Meldung mit Beweisen unterfüttern, so Boss.

Schritt 5: Aufräumen – mit Erlaubnis der Versicherung

Sie würden den ganzen Schlamassel am liebsten gleich beseitigen? Verständlich, aber höchstwahrscheinlich ein Fehler. Denn das sogenannte Schadenbild darf nach Auskunft des BdV erst mit Einverständnis des Versicherers verändert werden. Das hängt mit dessen Anspruch zusammen, Ursache und Umfang zu begutachten. Bevor Sie also mit Aufräumarbeiten loslegen, holen Sie sich die Zustimmung ein.

Erkundigen Sie sich dabei auch, ob der Versicherer konkrete Vorgaben zu Aufräumarbeiten macht. Halten Sie diese ein, damit die Regulierung nicht abgelehnt oder zusammengestrichen wird. "Im schlimmsten Fall bleiben Sie auf den Kosten sitzen", so Boss.

Häufig schicken Versicherungen einen Experten zur Inaugenscheinnahme vorbei. Warten Sie seinen Besuch ab.

Manchmal ist wegen drohender Folgeschäden unmöglich, das Schadenbild so zu lassen wie es ist. Umso wichtiger sind Bilddokumentation und Aufbewahrung des ramponierten Inventars.

Schritt 6: Reparaturen auf eigene Faust vermeiden

Um Ihr Haus wieder bewohnbar zu machen, wollen Sie das vom Sturm zerstörte Dach, nasse Keller und überschwemmte Wohnräume schnell instand setzen (lassen)? Auch hier gilt: Legen Sie erst nach Rücksprache mit der Versicherungsgesellschaft los. Handwerkerarbeiten sollten keineswegs eigenmächtig beauftragt werden.

Senden Eigentümer nach getaner Arbeit lediglich die Rechnungen an den Versicherer, liefern sie einen Anlass zur Leistungskürzung. Nach BdV-Erfahrung kann das sogar so weit gehen, dass der Versicherer gar nicht zahlt.

Schritt 7: Eine Liste mit beschädigten Gegenständen erstellen

Nach der ersten Meldung erwartet die Versicherung eine Liste mit den beschädigten Sachen. In der Praxis wird die Zusammenstellung möglich sein, sobald Sie sich im Chaos einen ersten Überblick verschafft haben. Versicherer wollen meistens Angaben zu Kaufdatum und -preis oder Wert von Möbeln, Geräten und Wertsachen wie Schmuck wissen. Das kann mit Quittungen und Fotos belegt werden – sofern die nach einem Unwetter noch auffindbar sind.

Der Stiftung Warentest zufolge sollte das Verzeichnis spätestens nach zwei Wochen beim Versicherer sein. Da das Zusammenstellen ein paar Tage dauert, sollten Sie die Sache zügig angehen.

Möglicherweise gestohlene Sachen melden Sie der Polizei. Sie braucht lediglich eine Beschreibung der abhanden gekommenen Gegenstände, aber keine Nachweise. Die sogenannte Stehlliste macht daher weniger Aufwand.

Schritt 8: Geld zurückholen

Es gibt keine gesetzlichen Fristen, binnen derer ein Versicherer zahlen muss. Er muss Zeit haben, Schaden, Ansprüche, Belege und Rechnungen zu prüfen. Ihnen steht jedoch nach einem Monat eine Abschlagszahlung zu. Das setzt voraus, dass Sie Ihre Pflichten bei Meldung, Schadenminderung und Unterstützung der Versicherung erfüllt haben, etwa in dem Sie Belege beigebracht und sich an Auflagen gehalten haben - und es keinen Streit um die Leistungspflicht gibt.

Übrigens: Haben Sie selbst bei der Schadenbeseitigung mit angepackt, können Sie dem BdV zufolge eventuell Geld für Eigenleistung bekommen.  © Deutsche Presse-Agentur