Die Debatte um Noten in Schulzeugnissen erhitzt die Gemüter jedes Jahr aufs Neue: Kritiker bemängeln die Aussagekraft sowie Objektivität der Lehrkräfte und setzen sich für die Abschaffung ein. Eine neue Studie rückt die klassische Notengebung jetzt aber in ein positiveres Licht und zeigt auf, warum auch Eltern von Zeugnissen mit Benotung profitieren.

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In vielen Bundesländern beginnen die Sommerferien und Schüler und Eltern blicken der Zeugnisvergabe oft gleichermaßen nervös entgegen. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) hat eine neue Studie veröffentlicht, die einen differenzierten Blick auf das Notensystem wirft. Im Fokus stand vor allem, wie Eltern die schulischen Leistungen ihrer Kinder einschätzen.

Bildungsstand der Eltern mitentscheidend

Das Ergebnis: Eltern überschätzen den Leistungsstand ihrer Kinder. Eine schriftliche Bewertung, wie es in Zeugnissen oftmals bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe üblich ist, ändert daran wenig numerische Zeugnisnoten hingegen haben eine deutlich stärkere Wirkung.

Wie die beiden Studienautorinnen darlegen, schätzen Eltern die schulischen Leistungen ihrer Kinder in Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaften in vielen Fällen höher ein, als sie tatsächlich sind; in Familien mit einer Migrationsgeschichte werden die Fähigkeiten zu 53 Prozent überschätzt, in Familien, in denen Eltern keinen Universitätsabschluss haben zu 44 Prozent. "Diese Fehleinschätzung kann dazu führen, dass Kinder von Eltern nicht ausreichend gefördert werden", so Elena Ziege, Bildungsforscherin am BiB.

Noten haben Einfluss auf elterliches Engagement

Wie aus der Studie hervorgeht, bestimmen Noten maßgeblich, wie Eltern den Leistungsstand ihrer Kinder einschätzen und damit auch die Art und Intensität, mit der Eltern ihre Kinder in der Schule unterstützen.

Sprich: Haben Eltern in Form einer Note schwarz auf weiß, wo ihr Kind in welchem Fach steht, wird bei Bedarf auch schneller gehandelt. "Väter und Mütter, die präzisere Informationen zum Leistungsstand erhalten, lesen häufiger mit ihren Kindern und spielen öfter mit ihnen, insbesondere, wenn es sich um das erste Zeugnis im Schulverlauf handelte", erklärt Elena Ziege.

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Das geschriebene Grundschulzeugnis, in dem die Leistung der Kinder lediglich verbal formuliert wird, werde von Eltern oftmals nicht im Sinne der Lehrkräfte oder gar nicht verstanden. In manchen Fällen führt das sogar zu einer Reduktion elterlicher Aktivitäten mit den Kindern. Im Gegensatz dazu würden Noten, Skalenbewertungen oder persönliche Gespräche mit Lehrkräften zu einer deutlichen Verhaltensänderung in Form eines größeren Engagements der Eltern führen.

Schulnoten beeinflussen Bildungsgerechtigkeit

Vor allem für Kinder aus bildungsfernen oder benachteiligten Haushalten sind Noten also ein entscheidender Faktor, wenn es um Bildungsgerechtigkeit geht. "Gut informierte Eltern können besser unterstützen", sagt Elena Ziege. Es sollte also auch in den ersten Schuljahren bereits auf gut verständliche, strukturierte Informationen gesetzt werden etwa die verbale Leistungsbeurteilung ergänzt durch Noten und persönliche Gespräche zwischen Eltern und Lehrkräften.

Verwendete Quellen