Beim bidirektionalen Laden wird das Elektroauto nicht nur mit Strom versorgt, sondern kann ihn auch wieder abgeben. Damit wird dein Fahrzeug zum mobilen Stromspeicher, der die Energiewende aktiv unterstützt. Utopia.de zeigt, wie das funktioniert, welche Vorteile es hat und wo die Technik in Deutschland aktuell steht.

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Bidirektionales Laden klingt auf den ersten Blick recht technisch – ist aber ein Konzept, das in Deutschland schon erste praktische Anwendungen findet. Mit einer passenden Wallbox und bestimmten Auto-Modellen kannst du dein Fahrzeug nicht nur laden, sondern auch Strom zurückspeisen. So wird dein Elektroauto Teil deiner eigenen Energieversorgung und unterstützt die effiziente Nutzung erneuerbarer Energien.

Im Rahmen der Energiewende könnte bidirektionales Laden durch das Zwischenspeichern von Strom auch für mehr Energiesicherheit sorgen. Aber wie funktioniert das Konzept genau und wie steht es um die Praxistauglichkeit?

Bidirektionales Laden: So funktioniert es in der Praxis

Das Prinzip von bidirektionalem Laden ist einfach: Das E-Auto speichert überschüssigen Strom – zum Beispiel aus der Photovoltaik-Anlage – und leitet ihn bei Bedarf zurück ins Hausnetz. Der Ladeprozess verläuft also in beide Richtungen (bidirektional).

Damit das klappt, braucht es Technik im Hintergrund: Da Autos mit Gleichstrom (DC) arbeiten, der Hausstrom aber Wechselstrom (AC) ist, übernehmen Gleich- und Wechselrichter die Umwandlung. Diese sind entweder in der Wallbox oder im Fahrzeug selbst verbaut. Es gibt drei Varianten:

  • Vehicle-to-Load (V2L): Dein Auto stellt Strom über eine normale Steckdose für einzelne Geräte bereit. Praktisch, etwa beim Camping oder auf der Baustelle.
  • Vehicle-to-Home (V2H): Das Auto versorgt das Haus bzw. Gebäude, indem es gespeicherten Solarstrom ins häusliche Netz einspeist.
  • Vehicle-to-Grid (V2G): Strom fließt zurück ins öffentliche Netz. Werden viele Fahrzeuge zusammengeschaltet, könnten sie ein virtuelles Kraftwerk bilden.

Bidirektionales Laden als Baustein der Energiewende

Erneuerbare Energien schützen das Klima, haben aber einen Haken: Sie liefern nicht immer gleichmäßig viel Strom. Solarstrom hängt von Sonnenschein ab, Windkraft von der Windstärke. Um die Schwankungen auszugleichen, braucht es Speicherlösungen wie Batteriespeicher.

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Genau hier setzt das bidirektionale Laden an. Das E-Auto wird zum mobilen Puffer, der Energie zwischenspeichert und bei Bedarf abgibt – sei es für das eigene Zuhause oder langfristig sogar für das gesamte Stromnetz. Nutzer:innen können so direkt zu einer stabileren Energieversorgung beitragen.

Welche Hersteller und Modelle ermöglichen bidirektionales Laden?

Einige Autohersteller haben die Technologie bereits in Serienfahrzeuge integriert: Hyundai und Kia ermöglichen mit E-Auto-Modellen wie dem Ioniq 5 oder dem EV6 bidirektionales Laden per V2L, Nissan ist mit dem Leaf einer der Vorreiter bei V2H. Auch der Outlander Plug-in Hybrid von Mitsubishi unterstützt bidirektionales Laden, wobei diese Autogattung aufgrund ihrer eher kleinen Batterien künftig eine untergeordnete Rolle spielen dürfte.

Auch europäische Marken holen auf: Seit Ende 2023 unterstützen erste ID.-Modelle von Volkswagen sowie Fahrzeuge der Konzerntöchter bidirektionales Laden. Hast du ein VW-Elektroauto mit 77-kWh-Batterie, ist es bereits mit der Funktion ausgestattet. Für ausgelieferte E-Modelle soll das Feature zudem per Update nachgereicht werden.

BMW testet die Technik und auch andere europäische Hersteller arbeiten an Lösungen. Tesla hingegen unterstützt laut übereinstimmenden Medienberichten aktuell noch kein bidirektionales Laden. Klar ist aber: Die Modelle sind auf dem Vormarsch – vom Nischenfeature entwickelt sich bidirektionales Laden Schritt für Schritt zum festen Bestandteil moderner Elektroautos.

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Chancen und Hürden für E-Auto-Besitzer:innen

Die entsprechende EU-Richtlinie über bidirektionales Laden von 2019 wurde vor wenigen Jahren in Deutschland in nationales Recht umgesetzt. Das bedeutet: Mit einem geeigneten E-Auto kannst du schon heute Strom einspeisen.

Mittel- bis langfristig sollen E-Auto-Halter:innen dabei auch finanziell profitieren. Wer sein Fahrzeug als Stromspeicher zur Verfügung stellt, könnte künftig Geld verdienen – sei es durch Einsparungen beim Eigenverbrauch oder durch Einnahmen aus der Rückspeisung ins Netz. Aktuell gibt es aber noch folgende Hürden:

  • Technik: Wallboxen mit bidirektionaler Funktion sind teurer, außerdem braucht es ein intelligentes Energiemanagementsystem im Haus.
  • Regeln: Einheitliche Standards fehlen noch, insbesondere für V2G. Unterschiedliche Systeme müssen kompatibel werden.
  • Kosten und Gesetze: Lange war das Modell durch eine Doppelbesteuerung unattraktiv. Bei dieser wurden sowohl der in die E-Auto-Batterie eingespeiste Strom als auch der ins Stromnetz zurückgeleitete Strom besteuert. Zwar gibt es Entwürfe für neue Regelungen, doch nach dem Ende der Ampelkoalition steht eine endgültige Entscheidung durch die neue Bundesregierung aus. Offen sind vor allem Fragen zu Steuer und Datenschutz bei der Einspeisung ins öffentliche Netz, schreibt das Branchenportal Carwow.

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Fazit: Spannende Zukunft, aber noch offene Baustellen

Erfahrungen mit bidirektionalem Laden zeigen Chancen für die E-Mobilität und Energiewende, technisch und regulatorisch ist es aber noch nicht ausgereift. Die Technologie hat langfristig enormes Potenzial, zur Energiesicherheit beizutragen: mehr Unabhängigkeit, eine bessere Nutzung von erneuerbaren Energien und die Aussicht, mit dem eigenen Elektroauto Geld zu verdienen. Hoffnungsvoll stimmt: Die Technik ist einsatzbereit, erste Modelle sind verfügbar und die rechtlichen Grundlagen gelegt.

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Dennoch gilt: Für eine breite Nutzung fehlen noch klare Standards und verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen. Auch steuerliche und datenschutzrechtliche Fragen zur Einspeisung ins öffentliche Stromnetz sind weiterhin offen. Solange diese Punkte nicht geklärt sind, bleibt bidirektionales Laden eher ein Pilotprojekt für Technikaffine.

Schon bald aber könnte dein E-Auto nicht nur Fortbewegungsmittel sein, sondern ein zentraler Baustein im Energiesystem der Zukunft – mit echtem Nutzen für die Energiewende.

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