Archäologen haben im versunkenen Isis-Heiligtum von Alexandria spektakuläre Funde gemacht: Münzen, Fresken und Statuen zeugen von Kleopatras Macht.

Vor der Küste Alexandrias haben Taucher einen bemerkenswerten archäologischen Erfolg gemacht. Das Europäische Institut für Unterwasserarchäologie (IEASM) legte in einem versunkenen Heiligtum Schätze frei, die direkten Bezug zu Ägyptens berühmtester Herrscherin haben: Die Objekte stammen aus einem Isis-Tempel, in dem Kleopatra und ihr Vater Ptolemaios XII. als göttliche Wesen verehrt wurden.

Münzen, Säulen und Kultgegenstände

Das Heiligtum befand sich ursprünglich auf Antirhodos, einer kleinen Insel im antiken Hafenbecken der Stadt. Als in der Spätantike ein schweres Erdbeben die Region erschütterte, versanken die prächtigen Bauten im Mittelmeer. Dort lagen sie nahezu unberührt – bis Unterwasserarchäologen in den vergangenen Jahrzehnten begannen, die versunkenen Strukturen systematisch zu erforschen.

Bei ihren jüngsten Tauchgängen stießen die Forschenden um Expeditionsleiter Franck Goddio auf eine Fülle von Artefakten. Sie bargen 21 Münzen aus Edelmetall, die Kleopatra und Ptolemaios XII. abbilden. Dazu kommen Kultgegenstände, Skulpturen, kunstvolle Verzierungen und Mosaikreste.

Besonders spektakulär sind acht Meter hohe Granitsäulen sowie Reste von Wandfresken mit teilweise erhaltenen Farbpigmenten. Den vergleichsweise guten Zustand führen die Wissenschaftler darauf zurück, dass sie beim Erdbeben ins Meer stürzten und dort vor weiterer Zerstörung geschützt blieben.

Verehrung für Kleopatra

"Aufgrund der archäologischen Funde können wir den Isis-Tempel, das Iseum, nun sehr gut rekonstruieren", erklärt Goddio laut dem Wissensmagazin "Scinexx". Zwar kannten die Archäologen die Ruine schon länger, doch ihre Funktion blieb unklar.

Modell des Iseum
Modell des Iseum. © Yann Bernard/Franck Goddio/IEASM

Die aktuellen Funde liefern nun die entscheidenden Hinweise: Im dritten Jahrhundert vor Christus wurde das Gebäude als Osiris-Tempel gegründet und anschließend mehrfach umgestaltet. In seiner letzten Phase diente es als Isis-Heiligtum und persönliche Kultstätte für Kleopatra und Ptolemaios XII. Die beiden Herrschenden ließen sich dort als Verkörperungen des Osiris-Dionysos und der Isis-Aphrodite verehren.

Damian Robinson von der Universität Oxford betont die Bedeutung der Entdeckung: "Alexandria mit seinem königlichen Viertel und der königlichen Insel Antirhodos war Kleopatras Basis, von der aus sie herrschte und Bündnisse schmiedete", wird sie von "Scinexx" zitiert. Mit der Entdeckung des Isis-Tempels befinde man sich "im Epizentrum ihrer Herrschaft".

Forschung geht weiter

Die Erforschung des versunkenen Alexandria ist ein Langzeitprojekt. Seit den späten 1990er-Jahren dokumentiert das IEASM systematisch die Ruinen im Hafengebiet, die Arbeitsbedingungen unter Wasser sind anspruchsvoll.

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Weitere Tauchgänge sollen zusätzliche Details über den Tempel klären. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hoffen, noch mehr über die architektonische Gestaltung und die religiösen Rituale zu erfahren, die dort praktiziert wurden. (eyn)

Verwendete Quellen

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