Wussten Sie, dass es Motten waren, die Osama bin Laden an die CIA verraten haben? Wir stellen abgedrehte Überwachungsmethoden der Nachrichtendienste vor.

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Überwachungskameras in Lippenstiften, Koffern und Krawatten sind Spionage-Methoden, die spätestens seit James Bond vielen bekannt sind. Wissenschaftler tüfteln jedoch ständig an neuen Technik-Ideen – etwa an Insekten, die mit neuronalen Implantaten und mit Mikrochips ausgestattet sind.

"Solche Tierchen waren es auch, die im Jahr 2008 Beweisbilder von Osama bin Ladens Aufenthalt in Abbottabad lieferten", sagt Ingo Mersmann. Er muss es wissen: Ingo Mersmann war selbst 30 Jahre lang für einen bundesdeutschen Nachrichtendienst tätig, 18 Jahre davon im Bereich der Terrorabwehr. Über vieles aus seinem Leben als Spion darf er noch nicht sprechen, aber ein Beispiel nennt er dann doch: Ein führendes Al-Qaida-Mitglied habe er in einem syrischen Hotel ausfindig gemacht. "Wir bekamen den Tipp, dass er sich dort aufhalten könnte, und haben dann sein Zimmer verwanzt – so, wie man das auch aus Filmen kennt."

Spionagetechnik wie aus dem Film

Film und Realität scheinen beim Thema Spionage ohnehin nicht weit auseinander zu liegen. Heinrich Peyers ist leidenschaftlicher Sammler von DDR-Spionagetechnik und hat eine Vielzahl an filmreifen Geschichten auf Lager: Ost-Agenten hatten Füllfederhalter mit analogen Kleinstkameras im Einsatz, lange vor Beginn des digitalen Zeitalters. Bardamen auf der Leipziger Messe verführten West-Männer und erpressten sie anschließend mit Fotos, die kleine Kameras aus ihren BHs heraus geschossen hatten. Und bei Beerdigungen von Systemkritikern hat auch mal der Friedhofsgärtner mit einer Kamera in der Gießkanne vorbeigeschaut.

Auch bei der Entwicklung von Waffen-, Funk- und Dechiffriertechnik war der DDR-Geheimdienst äußerst aktiv. "Und dann war da noch die Sache mit der Radioaktivmarkierung", sagt Heinrich Peyers. "Wenn zum Beispiel die Stasi in Leipzig auf einen Besucher aus Westdeutschland aufmerksam wurde, markierte sie die Reifen dessen Fahrzeugs mit einem radioaktiven Faden", erläutert er. Am Grenzübergang konnten die Kontrolleure das Auto mit entsprechenden Messgeräten so leicht identifizieren und es ganz genau unter die Lupe nehmen. Auch Geldscheine seien so markiert worden. "So konnte es leicht passieren, dass Schwangere radioaktive Geldscheine in den Händen hielten – skrupellos!"

Die modernen Mittel der Geheimdienste wirken dagegen wesentlich raffinierter. Die Motten, mit denen Osama bin Ladens Haus ausgekundschaftet wurde, konnten mittels elektrischer Impulse ferngesteuert werden. CIA-Mitarbeiter setzten sie in der Nähe des Hauses aus, einige flogen tatsächlich in die hell erleuchtete Kammer Osamas – und lieferten erstaunlich deutliche Bilder. "Das geht auch mit Fliegen und Ameisen", sagt Ingo Mersmann. "Diese Tierchen sind praktisch, um nah an Zielpersonen heranzukommen."

"Jeder Bundesbürger ist komplett überwacht"

Bei allem technischen Fortschritt aber gilt laut Ingo Mersmann: "Das Entscheidende im Nachrichtendienst ist immer noch der menschliche Kontakt." Elektronische Mittel und Computertechnologie würden darüber hinaus genutzt, um das Gehörte zu überprüfen. Ein einfaches Beispiel: Ein Informant berichtet, er habe sich an Tag X mit einer Kontaktperson in München getroffen. Dann können Nachrichtendienste mittels Handyabgleich und Geldbewegungen feststellen, ob die Geschichte plausibel ist. Das gleiche Prinzip gelte auch für die Spionage im Ausland: "Ein Deutscher wird niemals in die Geheimnisse der iranischen Atompolitik eingeweiht." Um etwas darüber zu erfahren, muss er sich also ein Netzwerk aus Personen aufbauen, die wiederum über andere Mittelsmänner an Informationen kommen.

Spione sind also auch im Zeitalter der Computertechnik nicht überflüssig, James Bond wird nach wie vor gebraucht. Im Gegensatz zu damals spielen heute aber auch Mikrotechnologie und Computer, die Daten abschöpfen können, eine große Rolle. "Eines sollte uns klar sein", sagt Ingo Mersmann: "Jeder Bundesbürger ist heute komplett überwacht durch unseren Nachrichtendienst." Für problematischer hält der Spionage-Experte jedoch die Überwachung durch Facebook und Google.

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