Wenn er sich mit "Guten Abend, meine lieben Freunde" an die Fernsehzuschauer wandte, brachte Bernhard Grzimek die große weite Welt in deutsche Wohnzimmer. Der Frankfurter Zoodirektor setzte sich vor allem für die Serengeti ein. Was bleibt 30 Jahre nach seinem Tod?
Schon zu Zeiten des Wirtschaftswunders wirbt er für Naturschutz. Bernhard Grzimek kämpfte für Tiere, ihre Lebensräume und letztendlich auch noch für Familienplanung, damit der Mensch sich nicht zu sehr ausbreitet. Als erster Direktor nach dem 2. Weltkrieg baute er den stark zerstörten Frankfurter Zoo wieder auf.
Dort ist er auch 30 Jahre nach seinem Tod am 13. März 1987 als Standbild verewigt. Vor einer Hütte und einem Jeep steht er so, wie ihn Millionen Menschen in Erinnerung haben dürften: in Buschkleidung, die Augen leicht zusammengekniffen, als halte er gerade Ausschau nach Elefanten, Giraffen oder Geparden.
"Ein Platz für Tiere" wird weltberühmt
Mit der Fernsehsendung "Ein Platz für Tiere" wurde der 1909 im oberschlesischen Neiße geborene Grzimek in den 60er und 70er Jahren bundesweit berühmt. In einer Zeit, als ein Safari-Urlaub für die meisten Menschen unvorstellbar und schon eine Spanienreise ziemlich exotisch war, brachte der studierte Tierarzt die große weite Welt in deutsche Wohnzimmer.
Oft war im Fernsehstudio ein Jungtier aus dem Frankfurter Zoo dabei, ein Affenbaby oder ein Leopardenjunges etwa – Niedlichkeitsfaktor garantiert. Wer konnte sich da nicht begeistern, wenn Grzimek seine "lieben Freunde" begrüßte und von Forschungsreisen nach Afrika erzählte, insbesondere von der Serengeti?
Der Kampf für den Nationalpark im ostafrikanischen Tansania wurde für Grzimek zu einem Lebensinhalt. Seine Dokumentation "Serengeti darf nicht sterben" wurde sogar mit dem Oscar ausgezeichnet.
Auch Manfred Niekisch, der heutige Direktor des Frankfurter Zoos, wuchs mit diesen Bildern auf. "Grzimek war auch für mich als Kind ein Idol und war das erste, was ich abends im Fernsehen gucken durfte", erinnert er sich.
Auch die erste Begegnung mit Grzimek, mit dem er später als Forscher und Naturschützer zusammen arbeitete, ist ihm in Erinnerung geblieben: "Als ich mit ungefähr 14 Jahren das erste Mal im Frankfurter Zoo war, stand da Bernhard Grzimek. Der hat mich natürlich überhaupt nicht wahrgenommen, aber ich war völlig beeindruckt."
Hohe Bedeutung für den Naturschutz
Bei Christof Schenck war das anders. Er ist Geschäftsführer der von Grzimek gegründeten Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF), die sich in der Serengeti und insgesamt 18 Ländern auf vier Kontinenten für Naturschutz engagiert. "Trotz der schon damals ausgeprägten Begeisterung für Tiere und Natur hat mich der "Fernsehonkel“ nicht in seinen Bann gezogen."
Die Bewunderung für Grzimek sei später bei der ZGF gekommen, als er festgestellt habe, "wie unglaublich visionär er war, wie er die Klaviatur von Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit beherrscht hat, welche Hartnäckigkeit er an den Tag legen konnte und wie massiv und trickreich er für Tiere und Naturlandschaften eingetreten ist".
Für Michael Brombacher, der bei der ZGF Projektleiter für den Erhalt europäischer Wildnisgebiete ist, war die Tradition Grzimeks der besondere Anreiz, sich bei der Gesellschaft zu bewerben.
"Ich bin hierher gekommen, weil sich die Zoologische Gesellschaft in der Tradition von Bernhard Grzimek um große Wildnisgebiete kümmert", sagt er. "Er hat sich halt um die Serengeti gekümmert und ich mache quasi die Hausaufgaben in Europa und kümmere mich um große Wildnisgebiete, die es hier noch gibt und setze die Tradition, in der er vom Zoodirektor zum Naturschützer wurde, fort."
Grzimeks Bedeutung für den Naturschutz könne gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, betont Schenck. Für Niekisch war Grzimek in vielem ein Vorreiter für moderne Zoos – etwa mit der Einrichtung einer Zooschule in Frankfurt, die damals bundesweit einmalig war.
Kein "Sammeltrieb" bei Grzimek
Oder mit den Klappen an den Türen der Tierhäuser, durch die die Tiere nach eigener Wahl entscheiden können, ob sie sich drinnen oder draußen aufhalten. Auch dem "Sammeltrieb" vieler zeitgenössischer Kollegen, die auch auf begrenztem Raum möglichst viele Tiere zeigen wollten, sei er nicht erlegen.
Anderes sieht Niekisch kritisch, etwa die Zootiere im Fernsehstudio. "Wenn wir den Artenschutz ernst nehmen und Tiere vernünftig präsentieren wollen, dann nicht im Studio, sondern in ihrer natürlichen Umgebung."
Auch Grzimeks Liebe zum Zirkus mit Dressuren von Wildtieren kann Niekisch nicht teilen. "Ich bin der Meinung, dass Wildtiere nicht in den Zirkus gehören." Grzimek dagegen war ein begeisterter Zirkusgänger. Er starb während einer Zirkusvorstellung.
Das turbulente Privatleben Grzimeks war vielen seiner Fernsehfans jahrelang unbekannt: Der gut aussehende Tierforscher hatte zwei uneheliche Kinder und heiratete nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau 1978 seine Schwiegertochter - die Witwe seines Sohnes und engen Mitarbeiters Michael Grzimek.
Letzte Ruhe in der Serengeti
Michael Grzimek, der die Begeisterung seines Vaters für die afrikanischen Wildtiere teilte, war 1959 bei einem Flugzeugabsturz in der Serengeti gestorben. Das vor allem wegen seines Artenreichtums und seiner jährlichen Gnuwanderungen bekannte Gebiet wurde für seinen Vater so Traum und Trauma.
Auch seine letzte Ruhestätte liegt in der Region: Die Urne wurde neben dem Grab des Sohnes am Ngorongoro-Krater beigesetzt.
Für viele Menschen in den Dörfern rund um den Nationalpark ist Bernhard Grzimek immer noch ein Begriff. "Die alten Leute reden immer noch von dem weißen Mann mit dem kleinen Flugzeug mit den Zebrastreifen, der die Tiere so sehr liebte", sagt Masegeri Rurai, Mitarbeiter der ZGF in der Serengeti.
Mit dem Forschungszentrum in der Serengeti und dem Nationalpark, für dessen Gründung sich Grzimek eingesetzt hatte, seien seine Spuren bis heute gegenwärtig, versichert der tansanische Naturschützer. "Ich denke, wenn Grzimek heute die Serengeti sehen könnte, wäre er froh, dass sie noch immer besteht und gut geschützt wird." © dpa
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