Forschende finden nach über zehn Jahren mithilfe von Satellitenaufnahmen heraus, wie ein massiver Krater im grönländischen Eisschild entstanden ist – und was der Klimawandel damit zu tun hat.
Eine gewaltige Flut hatte 2014 das grönländische Eisschild durchbrochen und einen riesigen Krater erzeugt. Entdeckt wurde das allerdings erst später mithilfe von Satellitendaten. Jetzt wurde das Phänomen erfolgreich erforscht, wie die Europäische Weltraumorganisation (Esa) mitteilt.
Etwa 90 Millionen Kubikmeter Wasser aus einem unterirdischen See sollen vor elf Jahren innerhalb von zehn Tagen aus dem Boden geschossen sein – das entspricht etwa der Wassermenge, die innerhalb von neun Stunden die Niagarafälle hinabströmt.
Die Esa bezieht sich auf Ergebnisse eines internationalen Forschungsteams, die nun im Fachjournal "Nature Geoscience" veröffentlicht wurden. Unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität Lancaster und des Centre for Polar Observation and Modelling im Vereinigten Königreich wurden Satellitendaten genutzt, unter anderem von der Esa.
Bei dem ausgetretenen Wasser handelt es sich demnach um Schmelzwasser. Seine Entstehung könnte laut den Forschenden durch den Klimawandel und die dadurch erreichten höheren Temperaturen begünstigt worden sein. Ergebnis der Flut ist ein massiver Krater – zwei Quadratkilometer groß und 85 Meter tief – im unbevölkerten Norden des Grönlands.
Forschende überrascht von Ergebnissen
Neben dem plötzlichen Wasserausbruch dokumentierten die Forschenden erhebliche Schäden am Eisschild: Bis zu 25 Meter hohe Eisblöcke wurden herausgerissen, tiefe Risse zogen sich durch das Eis und die Oberfläche wurde von der Kraft des Wassers ausgewaschen.
"Als wir das zum ersten Mal sahen, dachten wir, dass ein Fehler in unseren Daten vorliegt."
Die Region galt nach bisherigen Modellen als gefroren – ein Wasseraufstieg durch das Eis galt dort als kaum möglich.
"Als wir das zum ersten Mal sahen, dachten wir, dass ein Fehler in unseren Daten vorlag. Doch je tiefer wir in die Analyse einstiegen, desto klarer wurde, dass wir die Folgen einer gewaltigen Flut beobachteten, bei der Wasser unter dem Eis hervorgebrochen war", wird Forschungsleiterin Jade Bowling in einer Mitteilung zitiert.
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Wasser, das nach oben fließt?
Bisher wurde angenommen, dass Schmelzwasser von der Oberfläche des Eisschilds nach unten zur Basis fließt und schließlich ins Meer gelangt. Diese neuen Erkenntnisse zeigten, dass sich Wasser auch in die entgegengesetzte Richtung bewegen kann – aufwärts durch das Eis, teilten die Forschenden mit. Die Ergebnisse lieferten Informationen darüber, wie Eisschilde auf den Klimawandel reagieren und welche globalen Auswirkungen das haben könne.
Sie werfen zudem grundlegende Fragen für die Klimaforschung auf. Denn mit zunehmender Erwärmung der Arktis steigt auch das Risiko solcher plötzlichen Flutereignisse – insbesondere, wenn immer mehr Oberflächenschmelzwasser in bislang gefrorene Bereiche des Eisschilds eindringt.
Künftige Forschungen müssten nun zeigen, wie häufig solche Phänomene auftreten könnten und welche globalen Folgen möglich seien. (dpa/bearbeitet von sav)