Finanzexperten trifft man heute nicht nur in Anwaltskanzleien oder Banken, sondern vermehrt auch in den sozialen Medien: die sogenannten Finfluencer. Die Tipps können zwar grundsätzlich hilfreich sein, allerdings sollte man kritisch bleiben.
Mit eingängigen Kurzvideos und vielversprechenden Tipps zu Aktien, Immobilien oder Kryptowährungen locken Finfluencer junge Menschen mit vermeintlich einfach zu erreichenden Renditen.
Doch während einige Blogger und YouTuber echte Mehrwerte bieten, lauern bei anderen versteckte Fallen. Deshalb stellen sich Fragen: Wem kann man trauen? Wer zockt ab und wie bleibt man auf der sicheren Seite? Worauf zu achten ist und warum man nicht jedem Finfluencer blind vertrauen sollte.
Was sind Finfluencer eigentlich?
Finfluencer sind Content Creators (Produzenten von Inhalten), die auf Plattformen wie TikTok, Instagram oder YouTube Finanzinformationen und -empfehlungen posten. Der Begriff setzt sich aus "Finance" und "Influencer" zusammen. In erster Linie werden darin folgende Themen abgedeckt:
- Aktien, ETFs & Börse: Oft als schneller Weg zu Gewinnen vermarktet
- Kryptowährungen & NFTs: Stark gehyped unter jungen User
- Immobilien-Investments: Für etwas ältere und vermögendere Anleger
- Sparen, Budgeting, Finanzplanung: Vermittlung von Basiswissen
- Coaching, Online-Kurse, Webinare: Häufig kostenpflichtig
Finfluencer präsentieren sich meist gewandt, sympathisch und verständlich mit viralen Formaten wie "Fünf Tipps in 60 Sekunden". Diese Aufmachung erzeugt Vertrauen, die Inhalte bleiben aber oft eher an der Oberfläche.
Welche Tipps geben Finfluencer – und wie hilfreich sind sie?
Finfluencer geben häufig praxisnahe Tipps für den Einstieg in die Geldanlage. Hier sind sechs typische Empfehlungen:
- Früh mit dem Investieren anfangen: Je früher man investiert, desto stärker wirkt der Zinseszinseffekt. Finfluencer betonen, dass bereits kleine Beträge langfristig große Wirkung haben können.
- ETFs statt Einzelaktien: Viele raten zu breit gestreuten Indexfonds, um das Risiko zu minimieren. ETFs sind günstig, transparent und gut für Einsteiger geeignet.
- Notgroschen aufbauen: Ein finanzielles Polster von drei bis sechs Monatsausgaben schützt vor unerwarteten Ausgaben. So muss man bei Jobverlust oder Reparaturen nicht auf Kredit zurückgreifen.
- Langfristig denken: Finfluencer warnen vor kurzfristigen Spekulationen und empfehlen, Investments über Jahre oder Jahrzehnte zu halten. Das reduziert Stress und erhöht die Chancen auf solide Renditen.
- Kosten beachten: Gebühren können langfristig die Rendite stark verringern. Deshalb wird oft zu günstigen Brokern und Produkten geraten.
- Finanzbildung stärken: Viele Finfluencer betonen die Bedeutung, sich eigenständig Wissen anzueignen. Bücher, Podcasts und Kurse helfen, selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen.
Die Tipps sind grundsätzlich hilfreich, vor allem für Anfänger. Allerdings sollte man kritisch bleiben und nicht jedem Hype folgen, da nicht wenige Finfluencer auch eigene Produkte bewerben oder Trends unreflektiert weitergeben.
Verbraucherzentrale und Verbraucherbildung: Warum viele Tipps riskant sind
Unter anderem die Verbraucherzentrale Hamburg spricht eine deutliche Warnung aus: Finanzwerbung in sozialen Netzwerken wie Instagram, TikTok oder Facebook kann trügerisch sein. Wer unkritisch auf solche Angebote reagiert, setzt sein investiertes Geld im schlimmsten Fall komplett aufs Spiel. Kritikpunkte sind vor allem:
- Finfluencer-Inhalte werden nicht auf Richtigkeit geprüft
- Selbsternannte Experten verbreiten oft falsche Informationen oder bieten dubiose Coachings
- Viele Finfluencer haben keine nachweisliche Qualifikation oder Berufsbildung im Finanzbereich
Wichtig sei es daher, Quellen, Qualifikationen und Geschäftsmodelle von Finfluencern zu prüfen. Doch es gibt auch Positives: Wer versteht, wie diese Maschen funktionieren, ist in der Lage, sich effektiv zu schützen und fundiertere Anlageentscheidungen zu treffen.
Das sagt ein Finanzprofessor
Neben Verbraucherzentralen gibt es immer wieder Experten, die sich zum Teil sehr kritisch zu Finfluencern äußern.
Dazu gehört unter anderem auch Andreas Hackethal, Professor für Finanzen an der Goethe-Universität in Frankfurt. Er wird in der "Bild"-Zeitung mit folgender Aussage zitiert: "Vorsicht ist immer dann geboten, wenn Influencer mit großen Versprechungen windige Finanzprodukte oder auch überteuerte Seminare bewerben."
Er gibt Anlegern unter anderem die Ratschläge, dass es mehr Rendite nur für mehr Risiko gibt und man versteckte Kosten sowie unseriöse Versprechen meiden sollte.
Empfehlungen der Redaktion
Welche Risiken existieren für Follower?
Es gibt einige Risiken für Follower, wenn sie sich blind auf die Aussagen von Finfluencern verlassen. Eines davon ist die Tatsache, dass zum Beispiel die empfohlenen Finanzprodukte und Anlageformen nicht für den entsprechenden Nutzer geeignet sind. Es findet keine individuelle Beratung statt und persönliche Risiken bleiben somit unberücksichtigt. Weitere negative Aspekte sind:
- Interessenkonflikte sind nicht immer transparent gekennzeichnet
- Emotionale Entscheidungen aufgrund von Angst, Gier und Nachmachen werden nicht selten gefördert
- Finanzbetrug und Fomo (Fear of missing out; die Angst, etwas Wichtiges zu verpassen) durch Lockangebote, Fomo-Taktiken und komplexe Produkte
- Verlust durch unqualifizierte Tipps: 56 Prozent der Finfluencer geraten laut "Swiss Finance Institute" ins "Verlustrisiko" und haben negative Fähigkeiten
Worauf man achten sollte für einen sicheren Umgang
Wer den Empfehlungen von Finfluencern trotz der Risiken folgen möchte, sollte zumindest auf einige Punkte im Umgang achten, insbesondere:
- Qualifikation: Hat der Finfluencer eine einschlägige Ausbildung oder offizielle Zertifikate? Sind diese nachprüfbar?
- Quellenangabe: Nennt er Studien, seriöse Daten, Regularien? Oder nur "meine Erfahrung"?
- Transparenz: Ist klar, wenn Produkte gesponsert sind oder Affiliate-Links genutzt werden?
- Risikohinweise: Gibt es Warnungen zu Verlusten, Risiken, Diversifikation?
- Eigenständige Recherche: Ergänzt der Finfluencer seine Empfehlungen oder drängt er zum schnellen Kauf?
Hier gilt die Empfehlung, nicht alles zu glauben und im Zweifelsfall Fachleute zu konsultieren, vor allem bei wichtigen Entscheidungen. Zudem ist es wichtig, das Erklärte zu verstehen, statt einfach nur zu kopieren. Ohnehin ist Diversifizieren sehr sinnvoll und nicht das gesamte Kapital auf ein Pferd zu setzen.
Kann Finfluencing auch sinnvoll sein?
Bei aller Kritik kann Finfluencing dennoch durchaus sinnvoll sein. Vorausgesetzt ist jedoch, dass es transparent und verantwortungsvoll erfolgt.
Gute Finfluencer können komplexe Themen wie Aktien, ETFs oder Altersvorsorge auf verständliche Weise vermitteln und besonders junge Zielgruppen für finanzielle Bildung begeistern. Sie schaffen niedrigschwellige Zugänge zu einem Bereich, der viele oft überfordert. Sinnvoll ist Finfluencing dann, wenn Inhalte gut recherchiert sowie unabhängig und ohne versteckte Werbeabsichten vermittelt werden. Richtig eingesetzt kann Finfluencing zur Aufklärung beitragen und langfristig helfen, finanzielle Selbstbestimmung zu fördern.
Empfehlungen der Redaktion
Am Ende kommt es auf den Einzelfall an
Finfluencer haben das Potenzial, mehr Menschen, insbesondere junge Zielgruppen, für Finanzthemen zu begeistern. Aber dieses Feld ist nicht durchgängig seriös, es kommt immer auf den Einzelfall an. Zwischen echten Ausbildungsinhalten und dreister Werbung liegt ein breites Spektrum.
Am Ende geht es darum, informiert zu entscheiden und nicht emotional zu investieren. Da es bei den Finfluencern enorme Unterschiede im Hinblick auf Erfahrungen, Wissen und Seriosität gibt, sollte man sich so gut es geht über die "Beeinflusser" informieren, bevor man deren Rat folgt.
Verwendete Quellen
- bild.de: Kann man Tipps von Finanz-Influencern wirklich trauen?
- merkur.de: Wie vertrauenswürdig sind Finanz-Influencer? Studien warnen vor unseriösen Accounts
- Swiss Finance Institute: N°23-30: Finfluencers
- Verbraucherzentrale Hamburg: Vorsicht vor Finanzwerbung auf Instagram, TikTok & Co.