Könnten implantierbare Datenchips tatsächlich eine Alternative zur e-Card sein? Ein Team-Stronach-Mandatar hält das zumindest für möglich.Wir haben uns ausgemalt, was wäre, wenn solch ein Chip tatsächlich käme.

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Gechippt wie Nachbars Lumpi: So könnte die Zukunft der Österreicher ausschauen - zumindest wenn es nach einem Abgeordneten des Team Stronach geht. Marcus Franz hält die elektronische Gesundheitsakte ELGA für eine veraltete Maßnahme und liefert einen mutmaßlich zukunftsweisenden Gegenvorschlag: implantierte Daten-Chips mit allen medizinischen Infos.

Als ehemaliger ärztlicher Direktor des Wiener Hartmannspitals weiß Marcus Franz, dass der Einsatz von Mini-Speichern im medizinischen Bereich längst keine Zukunftsmusik ist. Doch ein Chip im Herzschrittmacher ist wohl kaum vergleichbar mit einem Datenträger, der unter der Haut sitzt und jederzeit ausgelesen werden kann. Wer würde darauf Zugriff haben? Und was, wenn aus der medizinischen Datensammlung eine umfassende, gesundheitliche Überwachung wird? Wir spielen fünf Szenarien für Sie durch.

Szenario 1: Schweigepflicht adé?

Jedes Mal, wenn Herr Mayer zum Arzt geht, wird sein Datenchip ausgelesen und die Information ergänzt. Jährlich muss Mayer zusätzlich zum "Chip-Check" zu seiner Krankenkasse. Weil sein Arzt jedoch alle Details von Mayers Gesundheitszustand dokumentiert, setzt es eine Abmahnung der Krankenkasse: "Rücken fit"-Seminar nicht regelmäßig besucht, Übergewicht nicht reduziert. Zur Strafe muss Mayer im nächsten Jahr höhere Kassenbeiträge zahlen.

Dummerweise hat Mayers Arzt zudem einen allgemeinen Erschöpfungszustand festgestellt. Als Burnout-Gefährdeter zahlt der Patient noch einmal drauf.

Szenario 2: Die allwissende Personalabteilung

In großen Firmen sind ganze Abteilungen damit beschäftigt, die Gesundheitsdaten der Angestellten zeitnah auszuwerten. Sie werden sogar direkt vor Bewerbungsgesprächen konsultiert. Eigentlich wollte Herr Mayer den Job oder zumindest die Abteilung wechseln. Weil er aber nun als Burnout-Gefährdeter gilt, hat er schlechte Karten bei einer Neueinstellung. Auch mit einer Beförderung sieht es nicht gerade rosig aus.

Auch Herrn Mayers Ehefrau hat einen Datenchip implantiert. Noch bevor sie morgens ihr Büro betritt, hat sie in der Eingangshalle hat ein Lesegerät passiert. In ihren E-Mails findet sie einen Termin für ein Gepräch mit dem Personalchef. Sie hatte sich wegen einer eitrigen Mandelentzündung zwei Tage krank gemeldet, entsprechende Daten konnten jedoch nicht gefunden werden. Keine Vorgeschichte, kein Arztbesuch... das erscheint dem Personaler verdächtig.

Szenario 3: Keimfreie Schulen

Wann fängt das Sammeln der Daten an? Bei der Geburt oder schon früher? Das Ehepaar Mayer will sich nicht damit abfinden, dass es noch nicht geklappt hat mit dem Nachwuchs. In einer Kinderwunschklinik gleichen Ärzte die Datensätze der zukünftigen Eltern ab und berechnen die Wahrscheinlichkeit von Erberkrankungen. Die halten sie noch vor der Empfängnis auf einem Chip für das Wunschkind fest.

Hurra, Frau Mayer ist endlich schwanger! Nun werden die Ergebnisse der pränatalen Diagnostik auf dem Chip für den Fötus gespeichert. Weil Frau Mayer aber nicht mehr die Jüngste ist, entscheidet die Krankenkasse, unter welche Gefährdungskategorie das Ungeborene fällt.

Auch in Sachen Kinderbetreuung wird der Datenchip zur wichtigen Grundlage: Krippen, Kindergärten, Schulen: Sie alle wollen den gesundheitlichen Werdegang von Mayer Junior sehen. So oft war das Kind schon krank? Sorry, die Ansteckungsgefahr für die gesunden Kinder ist zu groß. Private Schulen mit "keimfreien" Kindern können sich natürlich nur Besserverdiener leisten. Dasselbe gilt für die gut ausgestatteten Jugendgästehäuser mit besonderer ärztlicher Versorgung.

Szenario 4: Überwachung für Bonuspunkte

Supermärkte, Tankstellen und Fluglinien tun es – warum nicht auch Ärzte und Apotheken? Es klingt so verlockend: Beim Einkauf von Medikamenten werden Bonuspunkte auf den implantierten Chip geladen und Infos über das Kaufverhalten gespeichert. Dafür winken Prämien und Rabatte. Im Gegenzug weiß die Pharma-Industrie, welche gesundheitlichen Probleme Frau Mayer hat, und kennt ihre Adresse. Bald landen Werbung für Anti-Krampfadern-Mittelchen und Entspannungskuren in ihrem Briefkasten und E-Mail-Postfach. Frau Mayers Arzt wiederum erhält eine Provision von den Konzernen, deren Medikamente er seinen Patienten verschreibt.

Szenario 5: Datenklau leicht gemacht

Da Adressen auf dem Daten-Schwarzmarkt nicht mehr viel einbringen, kommen die neuen Info-Chips gerade recht. Cyber-Kriminelle und Technik-Spezis haben schnell passende Lesegeräte nachgebaut. Als Herr Mayer an der Supermarktkassa angerempelt wird und sich nach seinem Sackerl bückt, hat der Rempler mit nur einer Bewegung all seine Daten kopiert. Weil Herr Mayer nur ein kleines Licht ist, kann er sich glücklich schätzen: Seine Daten werden "nur" weiterverkauft. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme erpresst werden nur die dicken Fische.

Natürlich gilt: Es muss ja nicht so weit kommen, aber es könnte...

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