Ein gigantischer Schatz, ein alter Fluch und ein mysteriöser Schacht auf einer einsamen Insel: Auf Oak Island in Kanada sollen Piraten ihr Gold versteckt haben. Selbst im TV gehen Schatzsucher auf die Jagd. Doch Reichtümer gefunden hat noch niemand. Bisher.

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Gerade einmal 1,5 Kilometer lang und einen Kilometer breit ist Oak Island in der Mahone Bay im Osten Kanadas. Sie ist eine von 350 Inseln in der Region und fast unbewohnt, hier stehen ein paar Bäume, die Küste ist felsig. Aber die kleine Insel in der Nähe von Halifax soll einen gewaltigen Schatz beherbergen. Seit mehr als 200 Jahren sind Glücksritter und Goldsucher unterwegs und haben jeden Quadratzentimeter des Eilands untersucht - und dabei sogar ihr Leben verloren.

Ein Schatz auf einem 0,57 Quadratkilometer großen Flecken Erde müsste eigentlich schnell entdeckt werden. Doch gefunden hat die Reichtümer niemand - bisher. Doch ist es wirklich ein Schatz, der sich auf der Insel verbirgt? Denn auch um die Frage, was sich genau auf der Insel versteckt worden sein soll, ranken sich Legenden und Mythen, die bis heute nicht vollständig geklärt sind.

Der Beginn des Schatzfiebers: Die Entdeckung des Schachts

1795 legte Daniel McGinnis mit seinem Boot auf der kleinen Insel Oak Island an. Schon damals war sie sagenumwoben: Nachts solen geheimnisvolle Lichter zu sehen gewesen sein. Auf einer Waldlichtung entdeckte der 16-Jährige etwas, das aussah wie ein zugeschütteter Schacht. Zudem hingen verrottete Seilfetzen an einem Ast mit merkwürdigen Kerben. Waren das die Reste eines Flaschenzuges?

Er holte seine Freunde John Smith und Anthony Vaughan, sie fingen an zu graben. Nach wenigen Metern stießen sie auf eine Schieferplatte und interpretierten das als künstliche Abdeckung. Nach weiteren Metern folgte eine Lage von Eichenbalken, dicht an dicht gelegt. Womöglich war dies die Decke einer Höhle? Sie machten weiter und entdeckten weitere Balken- und Schieferschichten. Irgendwann kamen sie mit ihren Schaufeln nicht weiter und gaben auf. Doch das Schatzfieber hatte sie gepackt.

Die drei kehrten ein paar Jahre später zurück. John Smith hatte das Land um den Schacht herum gekauft, sie gewannen die Firma Onslow Company als Geldgeber. Nun gruben sie mit neuem Elan und besserer Ausrüstung. Sie stießen alle paar Meter auf Lagen voller Balken. Dann entdeckten sie vermoderte Kokosfasern. Mysteriös: In Kanada gibt es gar keine Kokosnüsse. Doch diese Fasern wurden häufig zum Abdecken wertvoller Fracht auf Schiffen benutzt. War das also ein Hinweis auf einen Piratenschatz?

In 27 Metern Tiefe fanden Sie eine weitere Schieferplatte, darauf zu sehen: Mysteriöse Schriftzeichen, die keiner lesen konnte. War das die Beschreibung des Schatzes? Doch am nächsten Morgen erlebten die Männer einen herben Rückschlag: Die Grube war über Nacht mit Salzwasser vollgelaufen, es strömte trotz aller Abpump-Versuche immer wieder nach. Sie gruben einen zweiten Schacht, aber auch der lief voll Wasser. Der Onslow Company ging das Geld aus, die drei Freunde mussten aufgeben. Es wurde ruhig um das Eiland, obwohl sogar in einer Zeitung von der Unternehmung berichtet wurde. John Smith soll die Schieferplatte mit den Hieroglyphen in seine Kaminwand eingebaut haben. Heute allerdings ist sie spurlos verschwunden.

Eine unterirdische Festung, ein Fluch und prominente Schatzsucher

40 Jahre lang wurde Oak Island von den Schatzsuchern ignoriert, dann startete die fieberhafte Suche erneut. 1849 fuhr die Truro Company große Gerätschaften auf und investierte viel Geld. Sie untertunnelte den Schacht und grub einen großen Teil der Insel um. Dabei entdeckte sie, dass das Gelände zwischen Grube und Meer künstlich angelegt worden war, bis in über 40 Meter Tiefe. Es gab unterirdische Kanäle, Schieferlagen und Kokosfasern zur Abdichtung. Nur was sollte das? Handelte es sich in Wahrheit um eine Festung unter der Erde? Aber auch die Truro Company musste irgendwann frustriert aufgeben, sie hatte kein Geld mehr.

Viele andere Schatzsucher versuchten ihr Glück, darunter auch der spätere US-Präsident Franklin D. Roosevelt. Mehrere Firmen investierten eine Menge Geld und Zeit, clevere Erfinder ersannen kreative Lösungen - die allesamt versagten. Die Schatzsucher fanden kein Gold, dafür aber in mehr als 50 Metern Tiefe ein Stück Ziegenhaut mit Buchstaben darauf. Der Schacht bekam den Spitznamen "Money Pit", weil so viel Geld in ihm versenkt wurde.

Bei der fieberhaften Suche wurden immer mehr Schächte und Gräben angelegt, alles vergebens. Mehrere Menschen starben bei Gasexplosionen, wurden verschüttet oder ertranken im Wasser des Schachtes. Schnell sprach man vom "Fluch von Oak Island".

Die Suche dauert bis heute an - und ist in einer Reality Show zu sehen

Auch heute noch liegt Oak Island im Visier von Schatzsuchern: Der Bauunternehmer Dan Blankenship aus Florida verkaufte 1967 seinen kompletten Besitz und zog auf die Insel. Er machte unscharfe Unterwasseraufnahmen in einem Schacht und wollte es genauer wissen. Dazu ließ er sich in die Tiefe hinab. Zu sehen war wegen des aufgewirbelten Staubs aber nichts, dafür stürzte der Schacht ein, Blankenship überlebte nur knapp. Das hielt ihn nicht davon ab, das Loch später zu erweitern und mit Stahlbeton zu verkleiden. Pech für ihn: Es fehlten nur noch 17 Meter, dann hatte auch er kein Geld mehr.

1987 wollte die Firma Triton mit einem gigantischen Projekt das Geheimnis endgültig lüften: Ein 30 Meter breiter Schacht sollte alle alten Gruben einschließen. Das hätte zehn Millionen Dollar gekostet, Triton wollte das Geld an der Börse einsammeln. Doch dann kam der Börsencrash, das Vorhaben wurde nie umgesetzt. Die Suche ging trotzdem weiter.

2006 kauften vier Amerikaner um die Brüder Lagina den Teil der Insel mit dem Schacht. Seit Anfang 2013 jagen sie den Schatz, begleitet und gefilmt vom History Channel. Die Reality Show "The Curse of Oak Island" zeigt sie in einer Reality Show bei der Suche. Gefunden haben sie bisher eine spanische Kupfermünze und zwei rechteckige Objekte in 200 Metern Tiefe. Die Show läuft derzeit (Mitte 2019) in der sechsten Staffel. Sie ist derzeit sonntags auf kabel eins Doku im Free-TV zu sehen.

Was könnte sich in der Tiefe von Oak Island verbergen?

Was wurde nun aber wirklich auf der Insel vergraben? Dazu kursieren die wildesten und widersprüchlichsten Theorien. Ein Auszug:

Im 16. Jahrhundert transportierten die spanischen Eroberer und Seefahrer das Gold, das sie in Südamerika erbeutet hatten, nach Europa zurück. Das lockte Piraten an: Blackbeard, Käpt'n Kidd und andere gingen in der Karibik mit ihren Schiffen auf Beutezug. Aber auch Freibeuter wie Francis Drake, im Dienst der britischen Krone unterwegs, enterten spanische Schiffe und stahlen die wertvolle Fracht. Manchmal versteckten die Piraten ihre Beute irgendwo in der Region. Laut diverser Theorien hat einer der zuvor genannten Freibeuter Oak Island als Beuteversteck genutzt.

Andere glaubten, dass die Inkas auf der Insel gewesen seien, die Schächte angelegt und den Schatz der Stadt Tumbes dort versteckten.

Laut anderen Theorien stammt das Gold (oder was immer sich auch auf der Insel verbirgt) aus dem Schatz des Templer-Ordens oder der Kriegskasse der Briten im Unabhängigkeitskrieg mit Amerika. Womöglich sind es aber auch Marie Antoinettes Juwelen, die auf Oak Island versteckt sind.

Eine besonders schräge Theorie besagt, dass es sich bei dem Schacht um ein versunkenes Wikingerschiff handelt, das senkrecht im Boden steckt.

Aber vielleicht verbirgt sich in der Tiefe gar kein Gold, sondern etwas ganz anderes. Auch dazu gibt es die wildesten Spekulationen: Die Manuskripte von Francis Bacon sollen sich in der Tiefe von Oak Island befinden. Sie beweisen angeblich, dass er und nicht William Shakespeare Dramen wie Hamlet und Macbeth verfasst hat.

Allen Theorien gemein ist, dass es für keine belastbare wissenschaftliche Beweise gibt. Es handelt sich damit um reine Spekulationen. Sicher ist nur, dass sich unter der Insel ein von Menschenhand geschaffenes Bauwerk befindet, dessen Sinn und Zweck sich bislang jeder wissenschaftlichen Analyse entzieht.

Was steckt wirklich hinter dem Mythos?

Die Gegenstände, die im Schacht gefunden wurden, sind heute nicht mehr auffindbar. Und archäologische Grabungen sind nicht möglich, da die jahrhundertelange Schatzsuche mit der Bohrung vieler weiterer Schächte die ursprünglichen Anlagen zerstört hat. Es weiß auch niemand, wann sie entstanden sind.

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts vermutete ein Ingenieur, dass im Kalkstein auf der Insel viele Höhlen und sogenannte Dolinen, also Sinklöcher, entstanden sind - ganz natürlich. Auf dem Festland in der Gegend kommen Höhlen und Sinklöcher öfter vor. Dass darin ein Schatz verborgen sei, hätten erst die Entdecker vermutet - und damit einen bis heute andauernden Mythos geschaffen.

Dieser Artikel stammt aus unserem Archiv.

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