Das Oktoberfest startet in wenigen Tagen. Millionen Menschen strömen jedes Jahr auf das Münchner Volksfest – und trinken Millionen Liter Bier. Wie bereitet sich der Sanitätsdienst des größten Volksfestes der Welt darauf vor und womit rechnen die Einsatzkräfte?
Zwischen sechs und sieben Millionen Menschen strömen jedes Jahr auf die Theresienwiese im Zentrum von München und besuchen das größte Volksfest der Welt: das Oktoberfest. Und wo viele Menschen zusammenkommen und ebenso viel Alkohol getrunken wird, kommt es immer wieder zu Situationen, die ärztliche Hilfe erfordern.
Auf dem Oktoberfest, im Volksmund auch "Wiesn" genannt, erfolgt diese medizinische Hilfe durch die Aicher Ambulanz Union, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum gefeiert hat. Fünfmal schon war das Team von Chef Peter Aicher für die Wiesn im Einsatz und kümmerte sich dabei insgesamt um 32.484 Patientinnen und Patienten.
"Wir sind startbereit."
Seit März bereitet sich die Aicher Ambulanz Union auf ihren Einsatz auf dem Oktoberfest vor. "Nach sechs Jahren ist viel zur Routine geworden", sagt Betriebsleiter Michel Belcijan auf einer Pressekonferenz in den Räumen des Sanitätsdienstes auf der Theresienwiese. 500 Einsatzkräfte wurden dafür rekrutiert und geschult. Teil des Teams sind auch 50 Ärztinnen und Ärzte. "Wir sind startbereit", fasst es Belcijan zusammen.
Jedes Jahr kümmert sich die Aicher Ambulanz um mehr als 5.000 Patienten, wodurch die Münchner Kliniken enorm entlastet werden. Das Gebäude des Sanitätsdienstes bietet zu diesem Zweck einiges, was ein regulärer Sanitätsdienst auf einem Volksfest nicht hat.
Beispielsweise gibt es hier ein Computertomografie-Gerät (kurz: CT) sowie die Möglichkeit, von Chirurginnen und Chirurgen genäht zu werden. Im vergangenen Jahr mussten insgesamt 234 Patienten ins CT und 462 Patienten vor Ort genäht werden – was im Übrigen einer Fadenlänge von 302 Metern entspricht. So müssen die wenigsten nach einem Aufenthalt in der Ambulanz noch in eine Klinik gebracht werden.
Seit wenigen Jahren ist die Wache der Ambulanz auch durchgehend besetzt, was die Kliniken zusätzlich entlastet. Während früher Patienten spätestens ab 1:30 Uhr morgens in die umliegenden Krankenhäuser transportiert werden mussten, können sie nun bleiben – und gegebenenfalls ihren Rausch unter ärztlicher Betreuung ausschlafen.
Nur vier Minuten Reaktionszeit
Während einer Schicht sind zwölf Ärztinnen oder Ärzte und 110 Sanitätskräfte im Einsatz, die wie bei einem regulären Notruf über die Nummer 112 kontaktiert werden können.
Doch auch Apps können genutzt werden: So verfügt die App SafeNow inzwischen über eine Schnittstelle zum Einsatzleitrechner des Sanitätsdienstes und ermöglicht es den Helfern, Patienten im Festzelt standortgenau zu erreichen. Nachdem das Armbrustschützenzelt und die Festhalle Schottenhamel schon letztes Jahr Teil der App waren, haben sich dieses Jahr auch die Ochsenbraterei und das Hofbräu-Festzelt angeschlossen.
Die Einsatzkräfte nutzen in diesem Jahr auch erstmalig what3words, ein System zur Lokalisierung von Standorten, das im Einsatzleitsystem des Sanitätsdienstes integriert ist und Positionsübermittlungen mit der Genauigkeit einer Fläche von drei mal drei Meter ermöglicht. Bei einem Einsatz vergehen vom Eingang des Notrufs bis zum Eintreffen beim Patienten maximal vier Minuten.

Von Schnittverletzungen bis Reanimation: Nicht nur Betrunkene brauchen Hilfe
Doch wer denkt, die Patienten kämen alle aufgrund von zu viel Alkohol in die Ambulanz, täuscht sich. Häufig haben die Sanitäter und Ärzte mit Schnittverletzungen zu tun – insbesondere an den Füßen. Deshalb rät der ärztliche Leiter und Chefarzt der Ambulanz, Philip Kampmann, zu richtigem Schuhwerk: "Sandaletten sind nicht geeignet", betont er.
In seltenen Fällen kommt auch ein Reanimationsgerät zum Einsatz. 2024 musste es zweimal benutzt werden. "Das sind zwei zu viel", sagt Maximilian Pfandl, Leiter des Einsatzbetriebs. Doch auf der Wiesn sei es eben "wie in einer kleinen Stadt. Da gibt es nun mal auch Herzinfarkte, Schlaganfälle und so weiter."

Eine "Mini-Klinik" für die Wiesn
Die Ambulanz am Rande der Theresienwiese gleicht mehr einer Art "Mini-Klinik" als einem Sanitätszelt. Neben dem bettenreichen Behandlungsraum gibt es einen Überwachungsraum, in dem 19 Patienten Platz haben, und einen weiteren Raum, der als "Ruhebereich" bezeichnet wird; dort stehen 13 weitere Betten – auf jedem liegt eine Spucktüte bereit.

Nicht nur das Hauptgebäude mit seinem CT ist gut ausgestattet. Auch alle drei Sanitätscontainer, die über das Gelände verteilt sind, verfügen in diesem Jahr über EKG-/Defibrillator-Geräte, die es ermöglichen, Vitalwerte und EKG telemedizinisch mithilfe einer App an die Sanitätswache im Servicezentrum zu übertragen, sodass von dort aus ein Arzt in die Versorgung eingreifen und wenn nötig Anweisungen aus der Ferne geben kann.
Die gute Ausrüstung der Ambulanz ist auch einer der Gründe, warum viele Ärzte und Sanitäter gerne auf dem größten Volksfest der Welt arbeiten. "Wir haben keinen Personalmangel", freut sich Chefarzt Kampmann. Beinahe jedem zweiten Arzt, der sich für diese Zeit bei der Ambulanz beworben hat, musste er eine Absage erteilen.

Ein Sanitäter erzählt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass die Helfer aus dem gesamten DACH-Raum kommen, also aus Deutschland, Österreich und der Schweiz: "Von Hamburg bis Südtirol – hier kommen alle woanders her. Letzteres ist natürlich besonders am Italiener-Wochenende praktisch, da es die Kommunikation erleichtert."
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Übrigens freuen sich nicht nur die Kliniken darüber, dass Patienten direkt auf dem Festplatz so gut versorgt werden können. "Wenn ein Patient zum Beispiel mit einer Schnittverletzung kommt, es ihm aber ansonsten gut geht, freut er sich, dass er danach wieder ins Zelt gehen und weiterfeiern kann", erzählt uns der Sanitäter, der sich selbst auch schon auf seinen Einsatz beim 190. Oktoberfest freut.
Verwendete Quelle
- Pressekonferenz der Aicher Ambulanz Union am 15. September 2025