Ein brisantes Urteil des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen löst eine neuerliche Diskussion um die Anwendung der Scharia in Österreich aus. Die Bundesregierung will insbesondere mit Blick auf das Personalstatut rasch handeln.

Die Bundesregierung werde "der Anwendung von Scharia-Regeln in Österreich dauerhaft einen Riegel vorschieben". Das hat ÖVP-Generalsekretär Nico Marchetti am Dienstag in Reaktion auf eine umstrittene Entscheidung des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen (LG) angekündigt.

Das LG hat jüngst die Entscheidung eines Schiedsgerichts bestätigt, das bei einer Vertragsstreitigkeit seine Entscheidung auf Basis der islamischen Rechtsvorschriften getroffen hatte.

Anwendung der Scharia für Marchetti in mehrerlei Hinsicht problematisch

Im Arbeitsprogramm der Bundesregierung sei ein Vorgehen gegen die Scharia speziell in Bezug auf das Personalstatut festgelegt, denn "dort könnten die mittelalterlichen Rechtsvorschriften der Scharia besonders großen Schaden anrichten", hieß es in einer Aussendung des ÖVP-Generalsekretärs. Die Anwendung von Regelungen, die etwa Frauen zu Menschen zweiter Klasse degradieren würden, dürfte auf keinen Fall toleriert werden.

Die Anwendung islamischer Rechtsvorschriften ist für Marchetti aber auch im Zivilrecht "problematisch". Damit sei unter dem Deckmantel der Vertragsfreiheit versucht worden, "eine islamistisch-fundamentalistische Lebensführung" mitten in Österreich rechtlich zu legitimieren.

Es müsse ein potenzieller Dammbruch, in dem sich ganze Gruppen statt dem österreichischen Zivilrecht der Scharia unterwerfen, verhindert werden, betonte der ÖVP-Generalsekretär. "Unsere Grundwerte und die österreichische Rechtsordnung sind die Grundpfeiler des gesellschaftlichen Zusammenlebens, die über weltanschauliche und religiöse Grenzen hinweg für Fairness sorgen. Das ist nicht verhandelbar."

FPÖ warnt vor "islamischen Parallelgesellschaften"

Im aktuell kontrovers diskutierten Fall, über den zunächst "Die Presse" berichtet hat, hatten zwei Männer vereinbart, dass das Schiedsgericht bei vertraglichen Streitigkeiten anhand der islamischen Rechtsvorschriften entscheiden soll. Einer der Männer zweifelte allerdings die Rechtmäßigkeit an, nachdem er nach einem Entscheid des Schiedsgerichts 320.000 Euro zahlen sollte.

Die Scharia werde nämlich von Gelehrten verschieden ausgelegt und die Berufung auf diese verstoße gegen Grundwerte des österreichischen Rechts. Das LG bestätigte allerdings den Schiedsspruch, weil das Ergebnis nicht den österreichischen Grundwertungen widerspreche. Islamische Rechtsvorschriften könnten für vermögensrechtliche Ansprüche "in einer Schiedsvereinbarung wirksam vereinbart werden".

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FPÖ-Verfassungssprecher Michael Schilchegger sah darin am Dienstag eine Aufwertung "islamischer Parallelgesellschaften". "Wenn nun auch österreichische Gerichte fortan Schiedssprüche auf Basis der 'Scharia' anerkennen, unterwerfen sie sich dem Willen fanatischer Islamisten", warnte er in einer Aussendung. Schilchegger forderte eine "rasche und entschlossene Reaktion des Verfassungsgesetzgebers" und kündigte einen weiteren Gesetzesantrag der FPÖ zur Anpassung des Islamgesetzes an, der die implizite Anerkennung und Anwendung der Scharia durch österreichische Behörden und Gerichte verunmöglichen soll.

"Werden österreichische Regierungen nicht endlich als Reformkraft aktiv, sondern akzeptieren, was Gerichte im Elfenbeinturm entscheiden, dann werden es bald islamische Gerichte sein!", so Schilchegger. (APA/bearbeitet von ank)