Gerichtlicher Erfolg für Sebastian Kurz: Der Ex-Kanzler wird des Vorwurfs der Falschaussage im "Ibiza"-U-Ausschuss freigesprochen. Für seinen ehemaligen Kabinettschef sieht die Sache anders aus.
Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat das erstinstanzliche Urteil wegen Falschaussage gegen
In der Verhandlung unter Vorsitz von Richter Werner Röggla wurde entschieden, ob es bei der Verurteilung der beiden wegen Falschaussage im "Ibiza"-U-Ausschuss bleibt. Kurz war im Februar vergangenen Jahres wegen dieses Vorwurfs zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Bonelli fasste sechs Monate bedingt aus. Beide gingen in Berufung.
Urteil gegen Kurz wegen Nichtigkeit gekippt
Das Urteil gegen Kurz wurde wegen Nichtigkeit gekippt. Bei dem Verfahren war es darum gegangen, dass Kurz die Rolle bei der Aufsichtsratsbestellung der Staatsholding ÖBAG heruntergespielt haben soll. Die Anklage hatte ihm vorgeworfen, er habe den Eindruck erwecken wollen, er hätte mit dem Vorgang im Wesentlichen nichts zu tun gehabt.
"Der objektive Tatbestand der falschen Beweisaussage war nicht erfüllt", erklärte der Richter das Urteil. Eine falsche Beweisaussage begehe, wer vorsätzlich Tatsachen nicht richtig darstelle. Kurz habe bejaht, dass er selbst in die Bestellung des Aufsichtsrates eingebunden war.
Kurz habe damit die Ja-Nein-Frage, ob er in die Bestellung eingebunden gewesen sei, richtig beantwortet. Die Fragestellerin Stephanie Krisper sei mit der Antwort nicht zufrieden gewesen, die Fragezeit sei jedoch vorbei gewesen. Kurz hätte nicht den Eindruck erweckt, dass seine Frage abschließend beantwortet worden sei, meinte das Gericht nach dem Studium der Videoaufnahmen aus dem U-Ausschuss.
Kurz richtete sich beim Verlassen des Gerichtssaals direkt an die zahlreich erschienenen Medienvertreter: "Sie haben die letzten Jahre in voller Breite mitbekommen. Sie haben jahrelang berichtet. Ich war jahrelang mit Vorwürfen konfrontiert." Jetzt sei, "das alles in sich zusammengebrochen".
Zutiefst bedauere er das Urteil für seinen ehemaligen Kabinettschef Bonelli. Kurz, der erst vor wenigen Tagen zum zweiten Mal Vater geworden ist, will nun nach Hause zu seiner Familie fahren und kündigte an, in den nächsten Tagen ausführlich Stellung zu beziehen.
Bedingtes Urteil gegen Bonelli bestätigt
Bei Bonelli sei der Fall anders gelagert, hieß es vonseiten des Gerichts. Es sei die Frage zu prüfen gewesen, die Bonelli gestellt wurde, nämlich, ob Kurz gewollt habe, dass Siegfried Wolf Aufsichtsratsvorsitzender in der ÖBAG wird. Bonelli habe darauf geantwortet: "Das weiß ich nicht."
"Aus Chats und auch aus der Hauptverhandlung hat sich ergeben, dass Siegfried Wolf der Favorit gewesen war für Kurz", führte der Richter aus. Bonelli habe in der Hauptverhandlung auch eingeräumt, dass er das gewusst habe. "Dass er hier von einem Kandidaten und nicht von einem Aufsichtsratsvorsitzenden spricht, hat auf den Wahrheitsgehalt keinen Einfluss." Es sei nur darum gegangen, Rückschlüsse darauf zu ziehen, ob Bonelli zum Aussagenzeitpunkt klar war, dass seine Aussage unwahr ist. "Ob er vorsätzlich falsch ausgesagt hat, das weiß ich nicht", so der Vorsitzende.
Das Thema der Aufsichtsratsbesetzung sei keines, das man so leicht vergisst, "das ist nicht glaubwürdig" - es sei ein zentrales und kontroversielles Thema gewesen. "Wir gehen wie der Erstrichter davon aus, dass dieses Wissen, dass Wolf von Kurz favorisiert wurde, (bei Bonelli, Anm. d. Red.) durchgehend vorhanden war."
Keine Rolle bei der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils gegen Kurz spielte die Rolle des Erstrichters Michael Radasztics. Die Verteidigung meinte, er habe den Anschein von Befangenheit erweckt, da er Informationen an Peter Pilz weitergegeben habe und deshalb zu einer Disziplinarstrafe verurteilt wurde.
Dies seien berufliche Beziehungen und hätten keinen Einfluss auf den Anschein der Befangenheit. Zwischen Pilz und Radasztics habe es seit vier Jahren keinen Kontakt, keine persönlichen Beziehungen gegeben.
Kurz richtete sich schon vor Prozessbeginn an die Medien
Kurz hatte sich zu Beginn des zweiten Prozesses wie auch schon beim Prozess am Wiener Landesgericht zuerst an die Medien gerichtet: Für ihn sei immer schwer nachzuvollziehen gewesen, weshalb gegen ihn strafrechtlich ermittelt wurde, sei ihm doch vorgeworfen worden, bei einer Frage nichts Falsches, aber "nicht ausführlich genug" geantwortet zu haben.
Schwer nachzuvollziehen sei für ihn auch "sein" Richter gewesen. Michael Radasztics habe illegal Informationen an seinen "erbitterten Gegner" Peter Pilz weitergegeben, wofür Radasztics zu einer Disziplinarstrafe verurteilt wurde. "Mir ist immer wieder der Satz von Norbert Hofer eingefallen: 'Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist'." Kurz habe sich über den Richter gewundert, da dieser per Gesetz nicht einmal den Anschein von Befangenheit erwecken dürfe.
Im erstinstanzlichen Urteil war entschieden worden, Kurz habe seine Rolle bei der Aufsichtsratsbestellung der Staatsholding ÖBAG heruntergespielt. Er hätte die Unwahrheit gesagt, indem er den Eindruck erweckt hätte, er hätte mit dem Vorgang im Wesentlichen nichts zu tun gehabt. An die Spitze der ÖBAG bestellt wurde damals der frühere Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid. (APA/bearbeitet von ank)