Während sich die Nato beim Gipfel als das "stärkste Bündnis der Geschichte" feiert, sieht Politikwissenschaftler Carlo Masala den Zustand der Allianz kritisch. Besonders scharfe Worte findet er zu Nato-Chef Mark Rutte.
Der Nato-Gipfel in Den Haag hat nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers und Militärexperten Carlo Masala nicht viel gebracht. "Das war sicherlich kein Gipfel, bei dem man sagen kann, die Nato geht gestärkt daraus hervor", sagte Masala der Deutschen Presse-Agentur in Köln.
Die Ukraine habe bei dem Gipfel keine Rolle gespielt, und die russische Bedrohung sei nicht klar genug benannt worden. Damit habe die Nato im Grunde einen Schritt zurück gemacht. "Ich würde die Nato momentan in einem sehr prekären Stadium sehen."
Dass die Nato-Länder ab 2035 fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben wollen, sei in erster Linie Teil der Strategie, US-Präsident
Es sei abzuwarten, ob sich die Mitgliedsstaaten wirklich an diese Fünf-Prozent-Abmachung hielten. Spanien und die Slowakei opponierten offen dagegen, und Italien sei auch nicht wirklich glücklich damit.
"Was Rutte gemacht hat, auch bei seiner Pressekonferenz mit Trump, ist an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten."
Zweifel an der Zuverlässigkeit der USA im Bündnisfall seien weiterhin angebracht. "Bei Trump ist es ja so, selbst wenn er heute sagt, er steht dahinter, kann das morgen wieder ganz anders sein." Die Nato-Partner hätten in diesem Zusammenhang ganz darauf gesetzt, Trump zu umschmeicheln. "Das kann funktionieren – oder auch nicht. Wer weiß das?"
Heftige Kritik übte Masala an Nato-Generalsekretär Mark Rutte, der Trump eine schmeichelnde SMS geschickt hatte, die dieser daraufhin veröffentlichte. "Was
Das Problem sei, dass man davon ausgehen müsse, dass Russland gegen Ende dieses Jahrzehnts einen Nato-Staat angreifen könnte, um zu testen, ob die Allianz diesem Land dann wirklich zu Hilfe kommt. Es bleibe also nicht viel Zeit, und deshalb gelte: "Tempo, Tempo, Tempo. Wir brauchen eine europäische Strategie, wie wir das ersetzen können, was bisher die USA geleistet haben", forderte Masala. "Ganz wichtig dabei ist die Lösung des Personalproblems. Wenn es da über die Freiwilligkeit nicht geht, muss schnell die Wehrpflicht eingeführt werden."
Masala stellt am Samstag beim Philosophiefestival Phil.Cologne in Köln sein Buch "Wenn Russland gewinnt. Ein Szenario" vor. (dpa/bearbeitet von mbo)