Bei "Markus Lanz" hat Podcaster Ole Nymoen deutlich gemacht, dass er das Weite suchen würde, sollte in Deutschland ein Krieg ausbrechen. Mit seinen trockenen Aussagen irritierte er den ZDF-Moderator.
Wie verteidigungsfähig wäre Deutschland bei einem russischen Angriff? Bei "
Das Thema der Runde
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine sorgt für veränderte Debatten auch in Deutschland. Vermehrt wird über die Wiedereinführung der Wehrpflicht sowie die Aufrüstung der Bundeswehr debattiert. Grund genug für Markus Lanz, am Mittwochabend in seiner Sendung über die deutsche Kriegstüchtigkeit sowie die allgemeine Bedeutung von Krieg zu sprechen.
Die Gäste
- Militärhistoriker Sönke Neitzel sprach über die Gefahr eines Angriffs Russlands auf die NATO: "Wir müssen uns mental darauf vorbereiten, dass im Ernstfall keine 59 Särge aus Afghanistan zurückkommen, sondern 2.000 aus Litauen."
- Korrespondentin Katrin Eigendorf gab einen persönlichen Einblick in ihre Arbeit als Kriegsreporterin: "Angst ist ein wichtiges Warnsignal, das man sehr ernst nehmen sollte, aber es ist ein schlechter Dauerratgeber."
- Autor Ole Nymoen erläuterte, warum er für Deutschland nicht in den Krieg ziehen würde: "Ich bin lieber weniger frei als tot."
- Journalist Andrey Gurkov warnte: "Für Russland ist Europa der Feind."

Das Wortgefecht
In seiner Sendung ging Markus Lanz der Frage auf den Grund: "Was macht Krieg mit einer Gesellschaft?" Journalistin Katrin Eigendorf antwortete zunächst ernst: "Es zerstört all das, was Menschsein eigentlich ausmacht." Grund genug für den 27-jährigen Podcaster Ole Nymoen, klarzustellen, dass er selbst nicht für Deutschland in den Krieg ziehen würde. "Lieber ein schlechteres (...) Leben als gar keines", sagte Nymoen offen.
Der ZDF-Moderator hakte nach: "Ist Ihnen klar, was das heißt?" Der Autor nickte und sagte in Bezug auf eine mögliche russische Besatzung: "Soll ich für die Eventualität, dass ich in einem Folterkeller lande, bereit sein, mein Leben herzugeben? Das muss ich ganz ehrlich sagen, das ist für mich kein so schlagendes Argument." Der 27-Jährige ergänzte, dass er versuchen würde, "außer Landes zu kommen, bevor der Krieg überhaupt losgeht. Und wenn das nicht mehr möglich ist, würde ich natürlich dann gucken, mich zu verstecken".
In dem Zusammenhang wiederholte er: "Der Staat selbst wäre mir das Leben nicht wert!" Eine Aussage, die Lanz fassungslos machte, denn: "Der Staat sind wir ja alle. Das ist ja nicht irgendwas Abstraktes. (...) Das bedeutet Ihnen nichts als Idee?" Ole Nymoen schüttelte nüchtern mit dem Kopf: "Nein, ich glaube nicht, dass ich mit den Menschen, die in diesem Land leben, irgendeine große Gemeinsamkeit habe, die ich nicht mit dem Rest der Welt auch haben könnte. Also mir ist tatsächlich (...) der durchschnittliche Deutsche politisch (...) ähnlich nah oder fern wie Menschen in den meisten anderen Ländern dieser Welt."
Aus diesem Grund stellte der Autor klar: "An diese Idee nationaler Identität, eines nationalen Kollektivs, glaube ich nicht, nein. Das ist ja auch der Grund, warum ich keine Lust habe, in den Krieg zu gehen." Der ZDF-Moderator fragte daraufhin unbeirrt weiter, ob Ole Nymoen in Deutschland bleiben würde, sollten die Amerikaner das Land verteidigen. Eine Frage, auf die der Podcaster schwammig reagierte: "Ich muss ganz ehrlich gestehen, so genau habe ich mir das noch nicht durchgedacht.
Dennoch ließ Lanz nicht locker und wollte wissen: "Sollte der Staat sich aufgeben?" Darauf antwortete Ole Nymoen genervt: "Das ist eine alberne Forderung, weil das kein Staat in dieser Welt tut!" Lanz konterte unbeeindruckt: "Nein, nein, nein! Ich habe eine ganz konkrete Frage! (...) Sollte die Ukraine aufgeben?" Der 27-Jährige rang um eine Antwort: "Ich kann aus meiner individuellen Perspektive sagen, mir wäre es als Ukrainer das Leben nicht wert gewesen."
Die Offenbarung des Abends
Am Mittwochabend fragte Lanz seine Gäste: "Wird es einen dritten Weltkrieg geben? Werden Länder Atombomben einsetzen?" Eine Frage, auf die Militärexperte Sönke Neitzel nachdenklich reagierte: "Wir können die Zukunft nicht voraussehen. Es ist von so vielen Faktoren abhängig." Als der ZDF-Moderator weiter klarstellte, dass "die Frage Krieg und Frieden" die Menschen gerade "in einer Dimension" bewege, "wie ich das in meiner Lebenszeit noch nicht erlebt habe", nickte Journalistin Katrin Eigendorf: "Das ist eine Diskussion, die immer mehr zunimmt. Krieg ist nicht mehr abstrakt, (...), sondern das ist etwas, was auch zu uns zurückkommt."
Eigendorf merkte in dem Zusammenhang an: "Angst in ein wichtiges Warnsignal, das man sehr ernst nehmen sollte, aber es ist ein schlechter Dauerratgeber." Auf die Frage "Was ist Krieg?", antwortete die Journalistin derweil ernst: "Krieg ist die ultimative Entmenschlichung und wir müssen Krieg auf jeden Fall verhindern - mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen." Aus diesem Grund erklärte Katrin Eigendorf, dass die Diskussion über die eigene Kriegstüchtigkeit "in die falsche Richtung" gehe, denn: "Wir müssen uns so aufstellen, dass Krieg nicht geführt werden muss."
Dem konnte der 27-jährige Ole Nymoen nur zustimmen. Der Podcaster verriet, dass er von vielen jungen Menschen mittlerweile die Frage gestellt bekomme, ob man seinen Geschlechtseintrag ändern könne, um der Wehrpflicht zu entkommen. Lanz hakte fassungslos nach: "Das sind die Gedanken? Also ich ändere sozusagen mein Geschlecht (...) und dann muss ich nicht in den Krieg?" Der Autor nickte: "Das sind tatsächlich praktische Fragen, die junge Leute mittlerweile haben. Weil sie, glaube ich, auch sehen, wie Krieg normalisiert wird."
Sönke Neitzel reagierte skeptisch: "Ich fände es auch besser, (...) wenn wir die Bundeswehr abschaffen könnten und wenn wir das Geld der Uni Potsdam geben würden, (...) aber so ist die Welt nicht!" Neitzel wetterte weiter: "Es ist immer ganz leicht, zu sagen, wir sind für den Frieden." Dennoch leben wir laut des Militärhistorikers "eben nicht in einer Pippi-Langstrumpf-Welt, leider. Und wir müssen halt diese Herausforderungen meistern und auch so ein bisschen herauskommen aus unserer Bubble".
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Der Erkenntnisgewinn
Bei "Markus Lanz" wurde deutlich, dass der russische Angriffskrieg in der Ukraine noch lange nicht zu Ende ist. Journalist Andrey Gurkov sagte beispielsweise über die Kriegslogik von Wladimir Putin: "Der Sieg rechtfertigt die Opfer. Am Ende muss ein Sieg stehen. (...) Dann kann er sagen, das war nicht umsonst."
Als Lanz wissen wollte, ob russische Soldaten dafür auch bereit wären, "die NATO, Europa, anzugreifen", antwortete Katrin Eigendorf energisch: "Davon bin ich überzeugt!" Auch Gurkov mahnte: "Deutschland ist jetzt mittlerweile an erster Stelle von den feindlichen Ländern." Eine Warnung, die Sönke Neitzel nur wiederholen konnte: "Wir wissen nicht, was passiert, aber wir sollten uns darauf vorbereiten. (...) Wir müssen diese Bedrohung ernst nehmen." © 1&1 Mail & Media/teleschau