Ganz Links gegen ganz Rechts bei "Markus Lanz": Linken-Chefin Ines Schwerdtner und AfD-Politikerin Beatrix von Storch ließen kein gutes Haar aneinander. Die einzige gemeinsame Position irritierte Militärexpertin Claudia Major.

Eine TV-Nachlese
Diese TV-Nachlese gibt die persönliche Sicht von Natascha Wittmann auf die Sendung wieder. Sie basiert auf eigenen Eindrücken und ordnet das Geschehen journalistisch ein. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Thema der Runde

Das Thema Wehrdienst sorgt seit Wochen für kontroverse Diskussionen. Neuester Streitpunkt: das Losverfahren zur Musterung, das die Union vorgeschlagen hat, die SPD – allen voran Verteidigungsminister Boris Pistorius – aber ablehnt. Markus Lanz analysierte am Mittwochabend die Positionen der Linkspartei und AfD dazu. Außerdem ging es um den Kulturkampf zwischen den beiden Parteien.

Die Gäste

  • Linken-Chefin Ines Schwerdtner kritisierte die deutschen Aufrüstungspläne und sagte: "Sich einfach an die NATO-Ziele zu halten, halte ich nicht für vertrauenswürdig."
  • AfD-Politikerin Beatrix von Storch machte klar: "Die AfD hat immer gesagt, wir wollen die Wehrpflicht."
  • Journalistin Eva Quadbeck hielt mit Blick auf Linke und AfD fest: "Diese beiden Parteien, AfD und Linkspartei, sind in der guten Lage, dass sie keine Verantwortung im Land tragen."
  • Militärexpertin Claudia Major informierte über die Entwicklungen im Ukrainekrieg und warnte: "Wir sind in Europa in einer verdammt schwierigen, angespannten Situation."

Das Wortgefecht zum Kulturkampf

Bei "Markus Lanz" erklärte Linken-Chefin Ines Schwerdtner mit ernster Miene, dass sie Beatrix von Storch bei der Begrüßung die Hand verweigere, da sie für "menschenverachtende Politik" stehe, "also für eine Politik, für die ich überhaupt nicht stehe". AfD-Politikerin Beatrix von Storch sagte daraufhin nüchtern: "In der Demokratie gehört es dazu, dass man diese Ansichten auch aushält von den anderen. Und die Hand zu reichen gehört in unserem Kulturkreis (...) einfach zu einem zivilisierten Umgang dazu, aber manche pflegen das weniger als andere." Schwerdtner stichelte zurück: "Ich predige in meiner Partei immer die Politik der revolutionären Freundlichkeit."

Junge Menschen fühlen sich bei Diskussion zum Thema Wehrpflicht nicht mitgenommen

Junge Menschen fühlen sich beim Thema Wehrpflicht nicht einbezogen

Für den 10. November ist der 18-jährige Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Quentin Gärtner, als Sachverständiger zur Anhörung zum neuen Wehrdienstgesetz in den Verteidigungsausschuss geladen.

Schwerdtner ergänzte, dass bei "den direkten politischen Gegnern und denjenigen, die unsere Demokratie abschaffen wollen, die menschenverachtende Politik vertreten" bei ihr "eine Grenze erreicht" sei. "Auch meine revolutionäre Freundlichkeit endet irgendwann, und das ist bei der AfD", so die Linken-Chefin.

Markus Lanz hakte nach: "Das heißt, wir sind offensichtlich in einer Situation, dass wir uns gegenseitig nicht mal mehr den Handschlag gestatten?" Beatrix von Storch stellte klar, dieser Vorwurf dürfe nicht an ihre Adresse gehen. "Ich glaube, das ist der Anfang (...) der Verweigerung des Diskurses", so die AfD-Politikerin.

Schwerdtner hielt dagegen: "Sie wollen Menschen an der Grenze erschießen, dann können Sie mir doch nicht sagen, dass Sie menschenfreundliche Politik machen!" Von Storch konterte lachend: "Das sagt die Linkspartei-Vertreterin!" Eine Aussage, die den ZDF-Moderator stutzig machte. Als Beatrix von Storch immer wieder die Verbindung zwischen Linkspartei und SED herstellte, fragte Lanz: "Da sitzt jetzt die Mauermörderpartei?"

Von Storch antwortete: "Die Linkspartei ist rechtsidentisch mit der SED. Sie hat sich umbenannt, aber sie ist die identische Partei von damals denjenigen, die die Mauer geschützt haben." Ines Schwerdtner wehrte sich: "Wenn wir auf dem Niveau anfangen, kann ich auch sagen, Ihr Großvater war Finanzminister unter Hitler."

Auch Lanz wetterte in Richtung der AfD-Frau: "Sie haben sich gerade beschwert, dass im Bundestag Sie Nazi (...) genannt werden und dann gucken Sie nach rechts und sagen Mauermörderpartei! Das ist doch exakt das gleiche Spiel!" Von Storch blieb bei ihrer Meinung: "Das ist doch eine Tatsache! Wie kann man Tatsachen leugnen? Ein Mann ist ein Mann, eine Frau ist eine Frau und die Linke ist (...) rechtsidentisch von der SED."

Lanz wusste darauf offenbar nicht mehr zu sagen als: "Es ist interessant, diesen Kulturkampf so zu sehen."

Das Wortgefecht zum Wehrdienst

Auch beim Thema Wehrpflicht kamen Beatrix von Storch und Ines Schwerdtner auf keinen gemeinsamen Nenner. Aus Sicht der Linken-Politikerin wäre es "ein absoluter zivilisatorischer Rückschritt", sollte die Wehrpflicht wieder eingeführt werden. Schwerdtner ergänzte, dass sie dafür sei, dass "junge Menschen freiwillig entscheiden können, ob sie zur Armee gehen oder nicht". Mit Blick auf das diskutierte Losverfahren sagte sie: "Das ist jetzt so eine Art Wehrpflicht durch die Hintertür."

Die AfD hingegen ist für eine Wehrpflicht. Von Storch merkte in dem Zusammenhang jedoch an, dass es dabei nicht um die Verteidigung gegen Russland gehen dürfe. "Die AfD möchte die Landesverteidigung (...) stärken durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Was wir nicht wollen, ist das Rekrutieren jetzt für einen Krieg gegen Russland."

Eine Haltung, die Ines Schwerdtner als "widersprüchlich" bezeichnete. Sie stichelte in Richtung der AfD-Politikerin: "Sie haben eigentlich keine sinnvolle friedenspolitische Position." Auch Lanz sah in der Position der AfD keine klare Linie. Er wollte daher wissen: "Ist Putin ein Kriegsverbrecher?" Beatrix von Storch reagierte schwammig: "Ich glaube, er ist ein Kriegsverbrecher."

Einig war sie sich mit der Linken-Chefin lediglich im Bereich der weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine, denn sowohl von Storch als auch Schwerdtner lehnten diese vehement ab. Eine Haltung, die Militärexpertin Claudia Major kritisch sah: "Wenn Sie beide sagen, keine Waffenlieferungen mehr, dann geben Sie de facto die Ukraine einer Lage frei, wie sie jetzt in den besetzten Gebieten herrscht – mit Vergewaltigungen, (...) mit deportierten Kindern."

Der Erkenntnisgewinn

Während sich Beatrix von Storch immer wieder über die Kritik an ihrer Partei beschwerte, machte Journalistin Eva Quadbeck auf die "schlechten Umgangsformen" der AfD im Bundestag aufmerksam. "Deshalb finde ich, ist das schon sehr viel Doppelmoral, wenn Sie sich jetzt darüber aufregen, von der linken Parteichefin nicht die Hand gereicht zu bekommen", so Quadbeck irritiert.

Empfehlungen der Redaktion

Die AfD müsse in der Lage sein, "andere Menschen ausreden zu lassen und nicht komplett aggressiv jedes Mal von der zweiten Reihe (...) herumzupöbeln". Ein Vorwurf, den Beatrix von Storch nicht auf sich sitzen ließ: "Es klingt so, als würde nur die AfD Zwischenrufe machen!" Lanz stellte in dem Zusammenhang klar, dass seit März von 20 Ordnungsrufen 17 an die AfD gingen. Ein Fakt, der an von Storch abprallte: "Das ist halt alles einseitig, so empfinden wir das!"  © 1&1 Mail & Media/teleschau

Teaserbild: © Cornelia Lehmann, ZDF