Die Ukraine und Russland sind allem Anschein nach von einem Kriegsende weit entfernt – obwohl weitere politische Gespräche geplant sind. In der Nacht greift Russland wieder aus der Luft an.
Trotz laufender Friedensbemühungen hat Russland die Ukraine nach Tagen relativer Ruhe wieder massiv aus der Luft angegriffen. Die ukrainische Luftwaffe zählte nach eigenen Angaben 614 feindliche Flugobjekte. Neben Hunderten von Drohnen habe die russische Armee auch Hyperschallraketen, ballistische Raketen und Marschflugkörper eingesetzt.
Über der Hauptstadt Kiew waren Explosionen zu hören, dort dauerte der nächtliche Luftalarm fast acht Stunden. Die Militärverwaltung der Stadt rief die Menschen auf, in Schutzräumen zu bleiben.
Treffer im äußersten Westen der Ukraine
Selbst im westlichsten Teil der Ukraine, in Mukatschewe nahe der Grenze zu Ungarn, schlugen Raketen ein. Dabei wurden nach Angaben der Stadt 15 Menschen verletzt. Getroffen wurde nach Medienberichten eine Fabrik für Elektronikbauteile, es gab einen großen Brand. Ebenfalls im Westen des Landes in der Großstadt Lwiw wurden nach Angaben von Bürgermeister Andrij Sadowyj ein Mensch getötet und drei weitere verletzt.
In den Tagen vor und nach dem Gipfeltreffen von Kremlchef
Auch 18 von 19 Marschflugkörpern Ch-101 und 12 von 14 Marschflugkörpern Kalibr seien ausgeschaltet worden, dazu mehr als 570 Drohnen. Trotzdem gab es der Luftwaffe zufolge elf Einschläge in vielen Regionen des Landes. Solche Militärangaben sind nicht im Detail überprüfbar, sie geben aber einen Eindruck vom Ausmaß der Angriffe.
Neuer ukrainischer Marschflugkörper Flamingo
Ihrerseits griff die Ukraine nachts Ziele im russischen Hinterland mit Kampfdrohnen an. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau berichtete von 49 abgefangenen Drohnen. Laut russischen Telegramkanälen war ein Ziel die Raffinerie von Nowoschachtinsk im südrussischen Gebiet Rostow, dort sei ein Brand ausgebrochen. Eine Bahnstrecke im Gebiet Woronesch war zeitweise gesperrt. Die Flughäfen von Wolgograd und Kaluga mussten wegen Drohnenalarms vorübergehend den Betrieb einstellen.
Die Ukraine baut selbst Kampfdrohnen mit höherer Reichweite, und sie hat die systematischen Angriffe auf russische Gebiete weit hinter der Front in den vergangenen Monaten verstärkt. Dieser Tage erlaubte die Kiewer Führung auch Einblicke in den Bau und einen Test des neuen Marschflugkörpers Flamingo. Er hat angeblich eine Reichweite von 3.000 Kilometern und kann damit auch Ziele in Russland bis hinter den Ural erreichen. Selenskyj spricht vom Beginn der Serienproduktion Ende 2025 oder Anfang 2026.
Ukraine arbeitet an Sicherheitskonzept für Zeit nach dem Krieg
Unterdessen hat die Ukraine eigenen Angaben zufolge damit begonnen, ein Sicherheitskonzept für die Zeit nach einem Ende des russischen Angriffskrieges zu entwickeln. "Unsere Teams, vor allem das Militär, haben bereits mit der aktiven Arbeit an der militärischen Komponente der Sicherheitsgarantien begonnen", schrieb der Stabschef des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Andryj Jermak, auf der Plattform X. Es werde auch ein Plan mit notwendigen Maßnahmen für den Fall entwickelt, dass Russland den Krieg weiter verlängere.
Jermak hatte sich zuvor mit nationalen Sicherheitsberatern Deutschlands, Italiens, Frankreichs, des Vereinigten Königreichs, Finnlands sowie der EU und der Nato abgestimmt. Die Ukraine sei zu jedem Dialogformat über eine faire Beendigung des Krieges bereit, schrieb er weiter.
"Die Russen müssen entweder die notwendigen Schritte unternehmen – oder sich auf zusätzlichen, wirklich schmerzhaften Druck seitens der Welt gefasst machen." Man habe mit den Partnern vereinbart, "unsere Positionen täglich abzustimmen".
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Knapp dreieinhalb Jahre dauert der Krieg in der Ukraine inzwischen. US-Präsident Donald Trump, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und europäische Spitzenpolitiker hatten am Montag über einen Friedensprozess für die Ukraine beraten. Als Nächstes ist ein Treffen vom russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Selenskyj geplant, dem ein Dreiertreffen mit Trump folgen soll. Es gibt allerdings noch keine Details zu diesen geplanten Gesprächen. (dpa/bearbeitet von ank/skr)
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels wurde berichtet, als Nächstes sei ein Treffen zwischen Trump und Selenskyj geplant. Richtig ist, dass ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj angedacht ist. Wir haben den Artikel entsprechend angepasst.