Die SPÖ sieht den Vorstoß von Bundeskanzler Christian Stocker, die Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Migrationsbereich zu verändern, problematisch.
Bundeskanzler
"Natürlich soll man mit Gerichten über ihre Rechtsprechung diskutieren können, aber im besten Fall nicht öffentlich. An der Unabhängigkeit der Rechtsprechung ist für mich nicht zu rütteln."
"Natürlich soll man mit Gerichten über ihre Rechtsprechung diskutieren können, aber im besten Fall nicht öffentlich. An der Unabhängigkeit der Rechtsprechung ist für mich nicht zu rütteln", betonte Bayr. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sei "Grundbaustein der Menschenrechtsgesetzgebung". Die Auslegung der Konvention "ist den Gerichten, speziell dem EGMR, vorbehalten", unterstrich sie.
Bayr ist Vorsitzende jenes Ausschusses in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Hearings über angehende EGMR-Richter abhält. In dem Straßburger Gerichtshof hat jedes Mitgliedsland des Europarates, darunter Österreich, eine Richterin oder einen Richter. Der EGMR kann nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges angerufen werden, um über Verletzungen der Menschenrechtskonvention zu entscheiden. Die EMRK steht in Österreich im Verfassungsrang.
Europarats-Generalsekretär wies Initiative von neun Staaten scharf zurück
Neun EU-Staaten haben in der Vorwoche in einem gemeinsamen Brief dazu aufgerufen, die Auslegung der EMRK zu ändern, damit ausländische Straftäter leichter ausgewiesen werden können. Der von Dänemark und Italien gestarteten Initiative hat sich auch Bundeskanzler Stocker angeschlossen. "Wir sollten auf nationaler Ebene mehr Spielraum haben, um zu entscheiden, wann wir kriminelle Ausländer ausweisen", so Stocker.
Der Generalsekretär des Europarates, Alain Berset, reagierte mit scharfer Kritik auf den Vorstoß. "Der Gerichtshof darf nicht als Waffe eingesetzt werden - weder gegen Regierungen noch von ihnen", betonte der Schweizer Sozialdemokrat am Wochenende. "In einer Gesellschaft, die von Rechtsstaatlichkeit geprägt ist, sollte keine Justiz unter politischen Druck geraten. Institutionen, die die Grundrechte schützen, dürfen sich nicht den politischen Zyklen beugen. Wenn sie es doch tun, riskieren wir, genau die Stabilität zu untergraben, die sie gewährleisten sollen." (apa/bearbeitet von nap)