China rüstet seit Jahren militärisch auf. Wie stark das asiatische Land bereits ist, deutete sich zuletzt auf einer Militärparade in Peking an. In einer möglichen Auseinandersetzung mit den USA hätte es China allerdings weiterhin schwer.

Am Ende der Parade flogen Friedenstauben in den Himmel überm Tian'anmen-Platz, dessen Name sich ins Deutsche mit "Platz des Himmlischen Friedens" übersetzt. Zuvor allerdings war reichlich schweres Gerät vorbeigerollt: Interkontinentalraketen, Laserkanonen, Unterwasserdrohnen, Militärroboter, begleitet von Soldaten im Stechschritt. Xi Jinping, Chinas Staatschef, schien Anfang September, zum Jubiläum des 80-jährigen Endes des Zweiten Weltkriegs, siegesgewiss auf sein Aufgebot zu blicken.

Selbstvertrauen dürfte dem autoritären Herrscher zwar auch die Fülle an Personen gegeben haben, die für den Anlass nach Peking gereist waren: Zu den 26 ausländischen Regierungschefs, die China besuchten, gehörten auch die ausdrücklich antiwestlichen Autoritären Wladimir Putin, der Präsident Russlands, und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un. Doch selbst ohne deren Beistand wäre Xis China eine Großmacht – oder gar eine Weltmacht. Nicht zuletzt wegen militärischer Stärke.

Aufrüstung mit langem Atem

Seit bald einer Generation rüstet China, das wirtschaftlich längst das zweitgrößte Land der Welt ist, massiv auf. Gegenüber der Mitte der 1990er Jahre hat sich das Militärbudget um das 13fache erhöht. Seit einigen Jahren ist das Land auch hier bereits die Nummer zwei der Welt, wenn auch eine weit abgeschlagene: Schätzungen zu den Ausgaben für Verteidigung reichten zuletzt von gut 200 Milliarden bis um die 500 Milliarden US-Dollar im Jahr – was aber je kaum die Hälfte des Werts dessen betrug, was die USA aufwendeten. Allerdings holt China in großen Schritten auf.

Wobei sich das Land im globalen Trend bewegt. Laut dem Thinktank Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) nahmen die Militärausgaben weltweit 2024 um 9,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Dies markierte die stärkste je Zunahme, die der 1966 gegründete Thinktank beobachtete. So hat etwa die NATO erstmals ihr Ziel erreicht, dass alle Mitglieder zumindest zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung investieren. Auch Russland, die Ukraine und Israel haben ihre Ausgaben zuletzt stark erhöht.

China demonstriert bei Parade militärische Stärke

China demonstriert bei Parade militärische Stärke

Die als "Tag des Sieges" bezeichnete Machtdemonstration erfolgt vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen zwischen China und den USA.

Ziel: Die USA einholen

Für Chinas höchst nationalistisch ausgerichtete Führungsriege ist das Ziel, militärisch zumindest zu den USA aufzuschließen. Hierbei geht es auch um den Nationalstolz der Regierung eines Landes, das bis 1945 über lange Zeit und weite Teile fremd beherrscht gewesen war: Einst teilweise von Deutschland und Großbritannien, zuletzt von Japan. Heute herrscht in Peking das Selbstverständnis vor, dass man nur mit militärischer Macht auch politischen Einfluss geltend machen kann.

Deutlich wurde dies auch bei der Militärparade in Peking vom 3. September. Als eine erstmals öffentlich gezeigte nukleare Triade – also Waffen, die jeweils vom Boden, aus der Luft und vom Meer auf nukleare Angriffe zu Vergeltungsschlägen dienen – über das Feld fuhr, sagte die Kommentatorin im staatlichen Fernsehsender CGTN: "Ihre mächtige strategische Abschreckung dient zum Schutz nationaler Souveränität und Würde."

Aber wie stark ist China mit all dem nun? Im Indopazifik, wo China mit diversen Staaten Territorialstreitigkeiten führt, ist es bereits die mit Abstand größte Militärmacht. Gibt etwa fünfmal so viel für Rüstung aus wie Japan und siebenmal so viel wie Südkorea, die jeweils allerdings strategische Partner der USA sind. Und damit die größte Militärmacht als Bündnispartner zählen – wenngleich hinter der Bündnisstärke unter Donald Trump als US-Präsident Fragezeichen stehen.

Besonders zugenommen hat Chinas Stärke in der Marine, und in diesem Bereich ist das Land bereits teilweise weltweit führend: Was die Zahl von Kriegsschiffen angeht, überholte China die USA bereits vor einem Jahrzehnt, wenngleich die USA nach wichtigen Kriterien wie Raketensystemen auf Schiffen stärker bleiben. Prognosen selbst aus den USA gehen aber davon aus, dass China hier weiterwachsen und aufholen wird. Ähnlich sieht es in Sachen Luftwaffe aus.

"Für Washington und seine Verbündeten ist die Vergrößerung des chinesischen Atomwaffenarsenals eine der besorgniserregendsten Entwicklungen", schreiben Matthew Funaiole und Brian Hart vom US-amerikanischen Thinktank Center for Strategic & International Studies in einer Analyse. Denn das Arsenal hat sich seit 2019 verdoppelt und mache China neben Russland und den USA allmählich zu einer dritten "Atomsupermacht."

Abnahme im Heer

Inmitten der rasanten Modernisierung seines Militärs – zu der auch zahlreiche Dual-Use-Technologien zählen – hat China allerdings auf einer Ebene eingebüßt: der Stärke des Heeres. Die Zahl der Soldaten hat sich seit 2014 um 40 Prozent reduziert, was auch einer Verschiebung von Ressourcen geschuldet ist, was im Kriegsfall prinzipiell eine Herausforderung werden könnte, wenn China nach möglichen Geländegewinnen das neue Territorium auch kontrollieren will.

Empfehlungen der Redaktion

Hier zeigt sich ein weißer Fleck, den Funaiole und Hart als "große Frage" bezeichnen: Wie stark wäre das chinesische Militär im Kampfesfall wirklich? Seit 1979, als es einen kurzen Krieg mit Vietnam gab, hat China an keinem Krieg teilgenommen. Mit Blick auf einen möglichen Konflikt mit Taiwan, das China als Teil seines Territoriums betrachtet und immer wieder mit einer Invasion bedroht, ist Chieh-cheng Huang vom Taiwaner Thinktank National Policy Foundation skeptisch.

Er glaubt auch deshalb nicht, dass China wirklich Taiwan angreifen würde, wenngleich Xi Jinping den Großteil seiner Marine ebendort hat stationieren lassen. "Wir haben seit mehr als 60 Jahren keinen bewaffneten Konflikt gehabt, China seit 1979 nicht. Beide Seiten würden wie Amateure kämpfen!" John Bradford, einst US-Militär und Vorsitzender des Thinktanks Ycaps in Tokio, bestätigt dies: "Kampferfahrung ist tatsächlich eine sehr wichtige Zutat militärischer Stärke." Die wiederum haben die USA wie keine andere Nation.

Verwendete Quellen: