Bundeskanzler Christian Stocker sprach im ORF-"Sommergespräch" über seine Pläne für Österreich. Dabei eröffnete er, dass er bei den Pensionserhöhungen unter dem Anpassungsfaktor bleiben möchte. Der ÖVP-Chef sprach außerdem über die Inflationsbekämpfung, die Strukturen im Energiesektor und über die Demokratie in Österreich.
ÖVP-Chef
Gleichzeitig betonte Stocker, nicht zu wissen, ob sein Zwei-Prozent-Ziel bei den Pensionen auch erreichbar ist. "Aber alles, was unter 2,7 Prozent liegt, hilft." "Das ist etwas, das zu verhandeln ist", sagte Stocker. Die Wirtschaftsraten und die Inflationsrate seien "nicht zufriedenstellend". Hier brauche es eine Kraftanstrengung von allen, gab er zu verstehen.
"Die Inflationsbekämpfung ist das vordringliche Ziel."
Gefragt, ob auch ein Aufschnüren der im Vorjahr paktierten Erhöhung der Beamtengehälter denkbar wäre, sagte Stocker, dies ginge nur im Einvernehmen: "Da haben wir eine Gesetzeslage. Das habe ich immer respektiert." Sollte es Gesprächsbereitschaft geben, führe er diese Gespräche gerne. "Weil ich glaube, auch hier wäre ein Signal, ein schönes Zeichen dieser gemeinsamen Anstrengung in diesen schwierigen Zeiten, dass wir alle eben einen Beitrag leisten, dass wir wieder den Aufschwung tatsächlich uns selbst verschaffen."
Zur hohen Inflation sagte Stocker, es werde dazu bei der zweitägigen Regierungsklausur am Dienstag und Mittwoch Maßnehmen geben. Er verwies auf die von ihm ausgegebene "Formel 2-1-0": "Ich habe bei dieser Formel zwei Prozent Ziel-Inflation für das nächste Jahr vorgegeben. Daher wird es natürlich etwas geben. Die Inflationsbekämpfung ist das vordringliche Ziel."
Stocker will "Österreich-Aufschlag" bei Lebensmitteln bekämpfen
Bei den Lebensmittelpreisen will Stocker den "Österreich-Aufschlag" - die Lieferbeschränkung für kleine Länder - bekämpfen. "Ich werde daher alles tun auf europäischer Ebene, dass das sehr bald verboten wird und wenn es notwendig ist und früher erreicht werden muss, auch nationale Möglichkeiten prüfen." National könne man etwa die Bundesgebühren im nächsten Jahr maximal um zwei Prozent erhöhen.
Ein großes Anliegen sind Stocker auch Maßnahmen bei den Energiekosten, was sowohl für die Senkung der Inflation als auch für die Ankurbelung der Wirtschaft relevant sei, sprach er auch die Ziffer "1" in seiner "Formel an" - es gehe darum, das Wirtschaftswachstum auf ein Prozent zu bringen.
Strukturen im Energiesektor bereinigen
Dazu soll für die Wirtschaft eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden, entsprechende Maßnahmen sollen bei der Regierungsklausur auf den Weg gebracht werden, etwa durch Umschichtungen. Es brauche Investitionsanreize, beispielsweise durch den Investitionsfreibetrag, "den wir von 10 auf 20 Prozent erhöhen wollen".
Im Energiesektor will der ÖVP-Chef einerseits privates Kapital mobilisieren für den Netzausbau, andererseits sei es Ziel, die Struktur der Netzgesellschaft zu bereinigen. Hier hat der Kanzler vor allem die vielen Netzanbieter im Landesbesitz im Auge. Es gebe 114 Netzgesellschaften in Österreich, davon würden 80 im öffentlichen Eigentum stehen. Er denke an eine "großzügige Redimensionierung". "Ich kann mir vorstellen, dass das sehr weitgehend sein kann und dadurch auch Synergien entstehen."
Klare Rückweisung der Medwedew-Drohung: "Lassen uns nicht provozieren"
Eine recht klare Zurückweisung gab es - wie schon zuvor von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) - bezüglich der Aussagen des russischen Ex-Präsidenten Dmitri Medwedew, der Österreich bei einem NATO-Beitritt mit Militärgewalt gedroht hatte. "Wir lassen uns weder drohen noch provozieren", so Stocker. Österreich sei ein neutrales Land, das stehe außer Frage, ein NATO-Beitritt sei "überhaupt kein Thema". So gesehen habe ihn die Drohung überrascht.
"Demokratien gehen dann unter, wenn sie von Demokraten nicht mehr verteidigt werden. Und ich habe den festen Willen und die Absicht, unsere Demokratie bestmöglich zu verteidigen."
"Aber sie zeigt eines: Wir sind gefährdet. Und unsere Demokratie wird attackiert. Mit ihren Institutionen, mit ihrer Gesellschaft. Das kommt von teilweise staatlich gelenkten Organisationen, teilweise darüber hinaus", so Stocker. "Demokratien gehen dann unter, wenn sie von Demokraten nicht mehr verteidigt werden. Und ich habe den festen Willen und die Absicht, unsere Demokratie bestmöglich zu verteidigen. Und zwar in jeder Hinsicht", verwies er auch auf die Zahl "0" in seiner Formel - und auch auf den von ihm angepeilten strikten Kurs beim Migrationsthema. Es gebe "keine Toleranz für jene, die die Demokratie gefährden".
Man werde ein Kopftuchverbot auch verfassungskonform beschließen können, auch habe man mit dem verpflichtenden Integrationsprogramm ein "Zeichen gesetzt, dass die, die von uns Leistungen bekommen, auch Beiträge leisten sollen", sagte Stocker. Auch sprach er das Ziel der Vereinheitlichung der Sozialhilfe an, wobei hier sein Ziel einer Staffelung bei den Kinderzuschlägen sei, betonte er.
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Gefragt, ob er sich in Zukunft wieder Regierungsverhandlungen mit FPÖ-Chef Herbert Kickl vorstellen kann, äußerte sich Stocker zurückhaltend: "Ich glaube, dass sich das vielleicht erübrigt in der Zukunft. Aber nicht, weil ich die Verhandlungen nicht führen werde." Kickl habe "einmal die Chance gehabt, Bundeskanzler zu sein". "Er hat für sich entschieden, es nicht zu wollen", das habe er zur Kenntnis genommen. "Im Moment sehe ich auch keine Ambition, dass es anders wird." (apa/bearbeitet von mak)