Zwei Tage lang sucht die Dreierkoalition im Kanzleramt nach Antworten auf schwaches Wachstum und steigende Preise. Ein großes Maßnahmenpaket ist nicht drin, doch über Investitionsanreize wird intensiv diskutiert.

Die schwarz-rot-pinke Dreierkoalition ist am Dienstag zu einer zweitägigen Regierungsklausur im Bundeskanzleramt zusammengekommen. Hauptthemen dabei sind die trübe Wirtschaftslage und die hohe Teuerung, wie die Parteispitzen von ÖVP, SPÖ und NEOS zum Beginn des Treffens erklärten. Zur Konjunkturbelebung soll ein Konjunkturpaket im Volumen von einer Milliarde Euro geschnürt werden.

Die am Dienstag veröffentlichten Inflationszahlen seien "keine guten Nachrichten", eine Inflationsrate von 4,1 Prozent sei "viel zu viel", betonte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) vor Beginn der Regierungsklausur zu Mittag. Daher werde man sich dem Thema im Rahmen der zweitägigen Klausur intensiv widmen, genauso wie Maßnahmen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums, "damit Österreich wieder auf die Überholspur kommt".

Investitionsanreize geplant

Geplant sind unter anderem Investitionsanreize, etwa indem der Investitionsfreibetrag von zehn auf 20 Prozent erhöht wird, sowie Mittel für den Breitbandausbau, wie Stocker am Vorabend im ORF-"Sommergespräch" angekündigt hatte. Mit je 75 Mio. Euro sollen energieintensive Betriebe heuer und im kommenden Jahr unterstützt werden. Eine Entlastung soll es bei der Energieabgabe geben.

Bei den Lebensmittelpreisen setzt man - im Kampf gegen den "Österreich-Aufschlag" im Lebensmittelhandel - vor allem auf die EU. Auch will man prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, national tätig zu werden, so Stocker. Zudem sollen die Bundesgebühren im nächsten Jahr maximal um zwei Prozent erhöht werden.

Auch national wolle man prüfen, wie die Lebensmittel wieder billiger werden können, sagte Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ). Zudem gehe es darum, leistbarere günstigere Energie für alle zu garantieren und Wohnen leistbarer zu machen. Es seien "harte Entscheidungen" zu treffen, um das Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent im kommenden Jahr zu erreichen und "aus dem Tal der Tränen herauszukommen", so NEOS-Chefin und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger.

Pensionen sollen unter Inflationsrate erhöht werden

Die Gegenfinanzierung sei gesichert, betont die Regierung, blieb aber bei den Details vage. Stocker verwies auf Umschichtungen im Budget und Kürzungen bei den Förderungen. Einig ist man sich offenbar auch, dass die Pensionen - sozial gestaffelt - unter der Inflation, also unter 2,7 Prozent, erhöht werden sollen. Die Verhandlungen dazu stehen allerdings noch aus.

Neu aufgestellt werden müssen jedenfalls mindestens 400 Millionen Euro, denn 600 Millionen Euro hatte die Bundesregierung bereits im heuer beschlossenen Doppelbudget für Offensivmaßnahmen budgetiert. Unsicher ist jedoch angesichts der schwachen Wirtschaftsentwicklung, ob die bisherigen Konsolidierungsmaßnahmen reichen oder ob die Regierung hier noch nachbessern muss.

Vollzug des Budgets auf Bundesebene laut Stocker im Plan

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) habe ihm mitgeteilt, "dass wir beim Vollzug des Budgets auf Bundesebene im Plan liegen", sagte Stocker. Sobald man belastbare Zahlen aus den Ländern und Gemeinden habe, werde man entscheiden, ob weitere Maßnahmen zu treffen seien.

Bei der Regierungsklausur soll auch das Programm für das nächste halbe Jahr festgelegt werden. Aus Spargründen trifft sich die Dreierkoalition im Kanzleramt. Am heutigen ersten Tag der Klausur werden als Wirtschaftsexperten die deutsche "Wirtschaftsweise" Ulrike Malmendier, die an der Universität in Berkeley lehrt, sowie der IHS-Ökonom Sebastian Koch zurate gezogen. Die österreichische Wirtschaft kommt nach zwei Rezessionsjahren nicht in Schwung und dürfte heuer laut Prognosen der Wirtschaftsforscher stagnieren (Wifo) bzw. um magere 0,1 Prozent (IHS) wachsen.

Forderungen aus Energiebranche und NGOs an Regierung

Anlässlich der Regierungsklausur appellierten Branchenvertreter an die Regierung, den Ausbau der Erneuerbaren zu fördern. Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) verwies auf die preisdämpfende Wirkung erneuerbarer Energie für Haushalte und Unternehmen. Die IG Windkraft forderte die Schaffung von Rahmenbedingungen für Investitionen in Windkraft als "Konjunkturmotor". Die österreichische Windkraftbranche stehe mit einem Investitionsvolumen von über 4,7 Milliarden Euro bereit, um zur "aktuellen Wirtschaftskrise und zur Inflationsbekämpfung beizutragen", so der Präsident der IG Windkraft, Josef Plank.

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Auch Greenpeace forderte Investitionsanreize zum "grünen Umbau der Wirtschaft", wie Förderungen von Sanierung und Heizungsaustausch. Die Armutskonferenz sprach indes sich für eine "Wohnbau-Investitionsbank" aus, bei der Gelder von der Europäischen Investitionsbank in Form von günstigen Darlehen an Wohnbauträger weitergeleitet werden könnten. Zudem forderte sie eine Ausweitung des Energie-Sozialtarifs auf Arbeitslose sowie Personen mit niedrigem Einkommen.(APA/bearbeitet von skr und mbo)