Polens Parlament hat dem proeuropäischen Kabinett von Donald Tusk wie erwartet das Vertrauen ausgesprochen. Die Regierung rüstet sich nun für einen Dauerclinch mit dem neuen Präsidenten Karol Nawrocki.
Polens proeuropäische Regierung hat eine Vertrauensabstimmung im Parlament überstanden. Eine Mehrheit von 243 der 453 anwesenden Abgeordneten sprach dem Kabinett von Regierungschef Donald Tusk das Vertrauen aus. 210 stimmten dagegen. "Donald Tusk, Donald Tusk", skandierten die Parlamentarier des Regierungslagers nach der Abstimmung.
Tusks Kandidat verlor Präsidentenwahl
Der 68-jährige Tusk hatte das Vertrauensvotum nach der Niederlage seines Lagers bei der Präsidentenwahl am 1. Juni angesetzt. Der liberale Kandidat Rafal Trzaskowski, ein enger Mitstreiter Tusks, verlor das Rennen um das höchste Staatsamt nur knapp gegen den Rechtskonservativen Karol Nawrocki, der von der oppositionellen PiS unterstützt wird.
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Dies war auch eine schwere Schlappe für den Regierungschef. Tusk gab sich in seiner Regierungserklärung kämpferisch: "Ich kenne den Geschmack des Sieges und die Bitterkeit der Niederlage, aber ein Wort kenne ich nicht: Kapitulation."
Tusk hatte schon vor der Abstimmung für Juli eine Kabinettsumbildung angekündigt. Es werde eine Veränderung der Struktur geben, aber auch "neue Gesichter", sagte Tusk bei seiner Regierungserklärung am Mittwoch.
Nawrocki kann Regierung mit Vetorecht blockieren
Der Sieg Nawrockis bedeutet, dass Tusks Mitte-Links-Regierung bei ihren zentralen Reformvorhaben, etwa der Liberalisierung des Abtreibungsrechts und der Entpolitisierung der Justiz, kaum noch vorankommen wird. "Ich bitte um ein Vertrauensvotum, weil ich die Überzeugung, den Glauben und die Gewissheit habe, dass wir das Mandat haben, zu regieren und die volle Verantwortung für das zu übernehmen, was in Polen geschieht", sagte Tusk in seiner Regierungserklärung vor dem Vertrauensvotum.
In Polen hat der Präsident deutlich mehr Macht als etwa die Bundespräsidenten in Deutschland oder Österreich. Er kann mit seinem Vetorecht neue Gesetze blockieren. Auch der bisherige Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, hatte Tusks Regierung damit ausgebremst. Nawrocki hat bereits angekündigt, nach seinem Amtsantritt am 6. August könne sich Tusk auf "starken Widerstand aus dem Präsidentenpalast" gefasst machen.
Derart unter Druck gesetzt, wollte Tusk mit dem Vertrauensvotum die Reihen seiner Koalition schließen. Die Abgeordneten der größten Oppositionspartei PiS waren während der Rede demonstrativ nicht im Plenarsaal.
Tusk: Polen spielt in der Extraklasse der Weltpolitik
Tusk hob hervor, dass es in den vergangenen anderthalb Jahren seiner Regierungszeit gelungen sei, die Grenze zu Belarus, die auch eine EU-Außengrenze ist, weiter zu befestigen, um irreguläre Migration zu stoppen. Zudem sei es gelungen, für diese Grenzbefestigung die Hilfe der EU einzuwerben. Polen und die EU beschuldigen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, gezielt Menschen aus Krisenregionen an die polnische Ostgrenze zu bringen.
Der Regierungschef verwies auch auf die außenpolitischen Erfolge. "Polen ist in die Extraklasse der Weltpolitik zurückgekehrt", sagte Tusk. Er verwies auf den kürzlich mit Frankreich unterzeichneten Freundschafts- und Kooperationsvertrag, der auch Beistand in Verteidigungsfragen vorsieht.
Auch das Verhältnis zu den USA laufe bestens und auf "höchster Ebene", sagte Tusk. Polen ist ein enger militärischer und politischer Verbündeter der von Russland angegriffenen Ukraine und hat eine wichtige Funktion als logistische Drehscheibe für Militärhilfe des Westens. (dpa/bearbeitet von ank)