Einst von Donald Trump persönlich zum Chef der US-Notenbank berufen, sieht sich Fed-Chef Jerome Powell zunehmend den verbalen Angriffen des Präsidenten ausgesetzt. Doch Powell lässt sich nicht in seine Geldpolitik reinreden, scheint den Disput mit Trump fast zu genießen. Wer ist der Mann, der ihm als einer der wenigen öffentlich widerspricht?

"Wir arbeiten daran, das öffentliche Gut der Preisstabilität zu beschützen. Und wir müssen das ohne politischen Einfluss tun können". Als Jerome Powell diese beiden Sätze bei einem EZB-Treffen sagte, blieb er ruhig, aber bestimmend. Sie waren wohl allen voran an Donald Trump gerichtet. Der US-Präsident ist derzeit der schärfste und vor allem lauteste Kritiker des Fed-Chefs. Was Trump so sehr stört: Die US-Notenbank und damit Powell senkt den Leitzins nicht.

Powell tut also etwas, was der US-Präsident überhaupt nicht leiden kann: sich ihm widersetzen. Woher kommt der Mann, der Trump einfach nicht nachgeben will?

Als Sohns eines Rechtsanwalts 1953 in Washington D.C. geboren, machte Powell seinen Politik-Abschluss an der Princeton University und hatte danach "keinen wirklichen Plan für das Leben", wie er im Mai vor den dortigen Absolventen in einer Rede zugab. "Ich hatte den einzigen akademischen Vorschlag meiner Eltern abgeschmettert, nämlich Wirtschaftswissenschaften zu studieren, was ich als langweilig und nutzlos empfand." Ein Fehler, wie er jetzt gestand: "Nach 13 Jahren bei der Fed muss ich zugeben, dass ich damit falsch lag." Stattessen also studierte er Jura.

Trump nominiert Parteikollegen Powell als Fed-Chef

Nach Jahren als Anwalt und in der Investmentbranche, trat er 2012 nach einer Nominierung des damaligen Präsidenten, Barack Obama, dem Gouverneursrat der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bei. 2018 ernannte der Republikaner Donald Trump seinen Parteikollegen Powell schließlich zum Vorsitzenden und überging damit die Demokratin und damalige Vorsitzende, Janet Yellen. Ein Traditionsbruch. 2021 wurde Powell unter Joe Biden im Amt als Fed-Chef bestätigt. Powell sagte 2023, sein Gehalt betrage etwa 190.000 US-Dollar (167.000 Euro) pro Jahr. Sein eigenes Vermögen wurde 2024 auf 55 Millionen US-Dollar geschätzt.

Die Spannungen zwischen dem Fed-Chef und Donald Trump begannen schon knapp ein halbes Jahr, nachdem Powell 2018 zum Vorsitzender ernannt wurde. Trump beschimpfte den heute 73-Jährigen seitdem wahlweise als "schrecklichen Fed-Chef". Jüngst erst beschuldigte Trump Powell, "Politik zu spielen" und "immer zu spät" zu sein. Denn trotz Trumps massivem Druck bleiben Powell und damit die US-Währungshüter standhaft und senken den Leitzins nicht.

Trump braucht einen niedrigen Leitzins

Um die US-Konjunktur aber weiter anzukurbeln, braucht Trump niedrigere Zinsen. Denn sie justieren als zentrale Stellschraube die Kreditkosten für Banken bei der Zentralbank. Würden die Zinsen also fallen, könnte sich nicht nur der US-Staat günstiger verschulden. Doch das würde auch die Inflation beeinflussen.

Powell dagegen wiederholt fast schon stoisch, dass die Inflationsrate zwar "deutlich zurückgegangen" sei, doch liege sie immer noch "über dem langfristigen Ziel von zwei Prozent". Zudem würden Trumps Zollerhöhungen eine zusätzliche Inflationsgefahr bedeuten. Erst vergangene Woche hatte der Fed-Chef wieder verkündet, den Leitzins unverändert bei 4,25 bis 4,50 Prozent zu belassen.

Trumps Kritik inklusive Schimpftiraden auf seinem Social-Media-Kanal folgte prompt, er forderte Powells Rücktritt erneut im schärfsten Ton. Der zentrale Vorwurf: Powell agiere viel zu langsam und koste der Öffentlichkeit zu viel Geld.

Fed-Chef will im Amt bleiben

Doch der Fed-Chef bleibt – anders als der US-Präsident – stets zurückhaltend, ruhig und professionell. Auf die Frage, ob er bereit sei, vor Ablauf seiner Amtszeit im Mai 2026 zurückzutreten, antwortete er bislang immer mit einem knappen und entschiedenen "Nein".

Vor Trumps Zorn hat er keine Angst, Powell betont immer wieder, dass der US-Präsident ihn schließlich nicht feuern könne. Das sei "vom Gesetz nicht zugelassen". Die US-Notenbank ist formal unabhängig und nicht weisungsgebunden. Laut dem Zentralbankgesetz von 1913 kann der Fed-Chef nur entlassen werden, wenn es einen "wichtigen Grund" wie etwa Betrug oder grobe Amtsverfehlung gebe. Erst kürzlich hatte Trump vor versammelter Presse versucht, Powell viel zu hohe Renovierungskosten eines Fed-Gebäudes anzukreiden. Powells professionelle Antwort: "Sie haben hier ein drittes Gebäude eingerechnet. Das ist schon vor fünf Jahren fertig geworden."

Powell zeigt Trump Grenzen auf

Mittlerweile wird Powells Standhaftigkeit auch als politisches Signal gedeutet. Er ist – wie auch Präsident Trump – zwar als Republikaner registriert, doch anders als viele seiner Parteigenossen widerspricht Powell Trump öffentlich und kritisiert ihn wie jüngst bei der Zinsverkündung wiederholt. So ist der ehemalige Anwalt und Investmentbanker einer der wenigen, der Trump noch Kontra gibt.

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Doch der Druck auf Powell wächst: Nicht nur beim jüngsten Zinsentscheid votierten erstmals seit 1993 zwei von elf anwesenden Vertretern gegen den Fed-Entscheid und damit für eine Zinssenkung. Am vergangenen Wochenende trat dann auch noch überraschend Fed-Vorstandsmitglied Adriana Kugler zurück. Nun darf Trump ein neues Mitglied nominieren, das Teil des mächtigen Zentralbankrats ist. Eine Verschiebung der Machtverhältnisse scheint so möglich, der US-Präsident könnte seinen Einfluss auf die US-Notenbank weiter ausbauen. Und damit Powells Position schwächen.

Verwendete Quellen