Sie ist jung, blondiert und inszeniert sich als Vorzeigemutter. Unterschätzen sollte man Karoline Leavitt deshalb nicht. Trumps Sprecherin hat das Verhältnis zu den Medien neu definiert. Und niemand sonst verteidigt Trumps Lügen so selbstbewusst wie sie.
Wenn Karoline Leavitt zur Pressekonferenz einlädt, wird es voll. Ein- bis zweimal in der Woche stellt sich die Sprecherin von US-Präsident
Mit 27 Jahren ist Leavitt die jüngste Präsidenten-Sprecherin in der US-Geschichte. Wenn sie auf dem Podium steht und Reporterinnen und Reporter aufruft, lächelt sie stets. Doch Leavitt und ihr Team haben ein so feindseliges Verhältnis zur Presse etabliert wie wohl keine US-Regierung zuvor. Wer ist die Frau, die als Sprachrohr für Trumps Politik auftritt?
Eisdiele, Uni, Weißes Haus
Leavitt ist 1997 im US-Bundesstaat New Hampshire geboren. Ihre Eltern betreiben dort einen Gebrauchtfahrzeughandel für Lkw. Ihnen gehörte auch ein Eisstand, in dem Leavitt einst Eis verkaufte. Sie studierte an einer privaten katholischen Universität in ihrem Heimatbundesstaat Politik und Kommunikation.
Früher wollte sie Journalistin werden, ihr Weg führte sie aber schnell in die Politik. Während Trumps erster Amtszeit beantwortete sie zunächst Bürgerbriefe im Weißen Haus, schnell wechselte sie in die Presseabteilung und arbeitete unter Trumps damaliger Sprecherin Kayleigh McEnany.
Nach Trumps Wahlwiederlage bei der Präsidentschaftswahl 2020 arbeitete Leavitt für das Büro der Abgeordneten Elise Stefanik, eine der loyalsten Trump-Anhängerinnen bei den Republikanern. Schließlich versuchte sich Leavitt selbst als Politikerin und bewarb sich 2022 um einen Sitz im Repräsentantenhaus – allerdings ohne Erfolg.
Beachtlich war allerdings, dass sie bei den Vorwahlen einen Aufholsieg hinlegte und ihren republikanischen Widersacher schließlich schlug. Leavitt präsentierte sich als neue Generation – als Vertreterin der Gen Z, die neuen Wind in den Politikbetrieb bringen will.
Steve Bannon nennt Karoline Leavitt "zäh wie Leder"
Und Leavitt setzte voll auf Trump und dessen Maga-Ideologie. Maga steht für "Make America Great Again". Sie verbreitete offensiv die Lüge von der gestohlenen Präsidentschaftswahl – zu einer Zeit, in der Trump noch in seiner Art Exil in Florida saß und längst nicht alle Republikaner offen behaupteten,
Leavitt ist schon während ihrer Zeit an der Uni eine Trump-Anhängerin gewesen und eine erbitterte Kritikerin der Medien, die den Republikaner im Wahlkampf 2016 ihrer Auffassung nach unfair behandelt haben. "Man kann über Donald Trump sagen, was man will", schrieb sie damals in der Studierendenzeitung. "Er ist sicherlich nicht perfekt, aber er tritt ohne Frage nicht nur gegen eine korrupte Kandidatin (Hillary Clinton) an, sondern auch gegen die korrupten und voreingenommenen Medien. Die liberalen Medien sind ungerecht, unfair und manchmal auch einfach nur falsch."
Leavitt beendet Mutterschutz nach Attentat auf Trump
Die Präsidenten-Sprecherin ist mit Trump politisiert worden – als er sich 2016 zur Wahl stellte, war sie 19 Jahre alt. "Die Generation von Leavitt kann sich kaum noch daran erinnern, dass es überhaupt Reibereien zwischen Trump und den Republikanern gab", schreibt die "Washington Post".
Der eindrücklichste Moment, der Leavitts Loyalität zu Trump zeigt, spielte sich wohl am Tag des Attentatsversuchs auf den Republikaner in Butler, Pennsylvania, im vergangenen Sommer ab. Leavitt arbeitete während des Wahlkampfs in Trumps Team, nur drei Tage vor dem Attentat brachte sie ihren Sohn zur Welt.
Ihren kurzen Mutterschutz beendete Leavitt daraufhin umgehend. Trump habe buchstäblich sein Leben aufs Spiel gesetzt, um diese Wahl zu gewinnen, sagte sie dem Online-Magazin "The Conservateur". "Das Mindeste, was ich tun konnte, war, schnell wieder an die Arbeit zu gehen."
Maga-Botschaften statt gehaltvollen Informationen
Für ihren Einsatz ist Leavitt mit dem Job als Trumps Sprecherin belohnt worden. Auch während Trumps erster Amtszeit war das Verhältnis zwischen den Medien und denen, die Trumps Politik Presseraum verteidigt haben, hitzig. Nicht selten ging es hoch her. Doch niemand verteidigte Trumps Politik und Lügen so selbstbewusst wie Leavitt.
Passt ihr die Frage eines Reporters nicht, wird Leavitt gern mal beleidigend oder persönlich und stellt dessen Qualifikationen offen infrage. "Was für eine dumme Frage", sagte sie neulich. Hat sie keine Antwort auf eine Nachfrage, zögert sie keine Sekunde – und schießt selbstbewusst zurück. "Ich finde es beleidigend, dass Sie versuchen, mein Wissen über Wirtschaft und die Entscheidungen, die dieser Präsident getroffen hat, zu testen", reagierte sie auf eine Nachfrage zur Zollpolitik.
Bei detaillierten Fragen zu Trumps Politik gibt Leavitt häufig keine inhaltliche Antwort, sondern wiederholt vehement Maga-Kernbotschaften.
Bühne für ausgesuchte Influencer
Die Unverfrorenheit, mit der Leavitt kritische Nachfragen wegwischt, ist – so frustrierend das für die Presse auch sein mag – ein Talent und in gewisser Weise ihr Job. Was sich aber seit ihrer Ankunft im Briefing-Raum des Weißen Hauses abspielt, ist beachtlich.
Leavitt hat einen Platz für sogenannte neue Medien geschaffen. Jedes Mal darf ein anderes, vom Weißen Haus handverlesenes Medium in der Pressekonferenz die erste Frage stellen. Der Knackpunkt: Diese neuen Medien sind häufig rechte Influencer. Bei den vermeintlichen Fragen handelt es sich meist um bestellt wirkende Lobhudelei.
Das Weiße Haus hat generell mehr Zugang für Trump-freundliche Publikationen und Influencer geschaffen. Die höhere Zahl an zugelassener Presse erklärt zumindest zum Teil, warum es bei ihren Briefings so viel voller ist als bei denen ihrer Vorgängerin Karine Jean-Pierre unter Präsident Biden. Die Briefings finden zudem seltener statt und sind kürzer.
Leavitt behauptet zwar regelmäßig, Trumps Regierung sei die transparenteste in der US-Geschichte. Doch das ist mehr als fraglich. Leavitt und ihr Team greifen aktiv in die Arbeit der unabhängigen Reportervereinigung des Weißen Hauses ein. Sie bestimmen anders als früher, welches Medium bei bestimmten Terminen dabei ist und welches nicht.
Auch der Zugang von Nachrichtenagenturen wurde eingeschränkt. "Niemand hat das Recht, ins Oval Office zu gehen und dem Präsidenten der USA Fragen zu stellen", begründete Leavitt das Vorgehen. Es handle sich dabei um eine "Einladung".
Auf Instagram inszeniert sie sich als gottesfürchtige Super-Mama
Leavitts teils aggressives Auftreten gegenüber einigen Medien steht im Widerspruch zu dem Bild, was sie in sozialen Netzwerken von sich zeichnet. Dort präsentiert sie sich als konservative Vorzeige-Amerikanerin – perfekt gestylte blonde lange Haare, immer lächelnd und gottesfürchtig. Vor ihren Pressekonferenzen betet Leavitt gern mit ihrem Team – Fotos davon teilt sie auf Instagram.
Dort ist auch oft ihr kleiner Sohn zu sehen oder ihr Ehemann, ein mehr als 30 Jahre älterer und reicher Immobilienunternehmer.
Ihr Sohn ist immer wieder Gast im Weißen Haus und bei Leavitts Arbeit dabei. Eine progressive Selbstdarstellung von Vereinbarkeit, die aber im Widerspruch zu Leavitts erzkonservativen Position und Trumps Politik steht, die keine Lösungen für die alltäglichen Herausforderungen berufstätiger Mütter parat hat.
Leavitt lässt sich gern als "Super-Mutter" feiern, die Karriere und Kind unter einen Hut bringt. Dass sie sich allerdings in einer überdurchschnittlich privilegierten Position befindet und die meisten Mütter ihre Kinder nicht einfach zur Arbeit mitbringen können, bleibt unerwähnt. (dpa/bearbeitet von mcf)