Droht bald eine weitere Eskalationsstufe des Ukrainekriegs? Nach Medienberichten soll Trump mit Selenskyj über Angriffe auf russische Großstädte gesprochen haben. Eine Reaktion des Kreml diesbezüglich gab es bislang nicht.
Erst telefonierte US-Präsident
Laut der "Washington Post" und der "Financial Times" soll Trump sein ukrainisches Pendant gefragt haben, ob die Ukraine weiter russische Ziele angreifen würde. Konkret soll es um die Millionenstädte Moskau und St. Petersburg gegangen sein. Selenskyjs Antwort darauf fiel pragmatisch aus. "Können wir, wenn ihr uns die Waffen dazu gebt." Angeblich stand im Raum, dass die USA Tomahawk-Raketen an die Ukraine liefern wollte – dieselben Waffen, mit denen die USA auch Ziele im Iran angegriffen hatte. Doch diese Option soll vorerst vom Tisch sein.
Trump soll sich laut der internen Quelle aus drei Gründen für eine Verschärfung des Umgangs mit Russland entschieden haben. Zuerst habe Putin keinen Respekt vor ihm, so Trump. Er ignoriere auch die Bestrebungen für einen Waffenstillstand. Zweitens habe Trump die Effektivität der B-2-Bomber und Tomahawks im Iran-Einsatz gesehen und soll begeistert davon gewesen sein. Und dritten sei sich der US-Präsident sicher, Putin würde nur verhandeln, wenn der Druck groß genug sei. Trump soll gesagt haben, in Russland sage man "eskalieren, um zu deeskalieren".
Trump ist von Putin enttäuscht
Der US-Präsident äußerte sich am heutigen Dienstag erneut zur Situation in der Ukraine und zu seinem Verhältnis zu Putin. "Ich bin enttäuscht von ihm. Ich habe noch nicht mit ihm abgeschlossen, aber ich bin enttäuscht von ihm", sagte Trump der BBC in einem 20-minütigen Telefoninterview.
Bereits viermal habe er gedacht, dass er sich mit Putin geeinigt habe "und dann kommst du nach Hause und siehst, dass er gerade ein Pflegeheim oder so etwas in Kiew angegriffen hat". Auf die Frage, ob er Putin traue, antwortete Trump: "Ich traue fast niemandem, um ehrlich zu sein."
Trump hatte schon am Montag nach rund sechsmonatigen Vermittlungsbemühungen im Ukrainekrieg neue Töne gegenüber Russland angeschlagen. So kündigte er neue Waffenlieferungen für die Ukraine an, die die europäischen Nato-Länder bezahlen sollen. Darüber hinaus drohte er mit Strafzöllen gegen Russlands Handelspartner, sollte in 50 Tagen noch keine Einigung für ein Kriegsende erzielt sein.
Russland sieht in US-Ultimatum keinen Willen zum Frieden
Russland sieht hingegen den von US-Präsident Donald Trump anvisierten Ankauf von amerikanischen Waffen durch Nato-Staaten für die Ukraine nicht als Signal für Friedensbemühungen. Solche Entscheidungen nehme die ukrainische Seite als Zeichen für eine Fortsetzung des Krieges wahr, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Russland werde sich auch noch Zeit nehmen, die Erklärungen Trumps zu analysieren. Es handele sich um ernstzunehmende Äußerungen des US-Präsidenten, von denen einige direkt an Kremlchef Wladimir Putin gerichtet seien.
Vizeaußenminister Alexander Gruschko sagte, die Waffenlieferungen der Nato-Staaten an die Ukraine zeugten davon, dass die Allianz an einer Fortsetzung der Kampfhandlungen interessiert sei. Moskau hatte immer wieder ein Ende der Waffenlieferungen als Voraussetzung für eine Waffenruhe genannt. Gruschko beklagte auch, dass die Ukraine eine Fortsetzung der in Istanbul begonnenen Verhandlungen ablehne.
Bislang hatte es zwei Treffen zwischen Vertretern der Ukraine und Russland gegeben. Für ein geplantes drittes gibt es bisher keinen Termin. Russland stellte bei den Zusammenkünften allerdings immer Maximalforderungen für eine Friedenslösung, die von der Ukraine abgelehnt werden.
Verächtliche Reaktion auf Trumps Ultimatum
Zuvor klang die Reaktion auf Trumps Ultimatum aus Moskau jedoch noch anders. "Wenn das alles ist, was Trump heute zur Ukraine sagen wollte, dann sind die Erwartungen bisher zu hoch gesteckt worden", schrieb der Vizechef des russischen Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, am Montagabend bei Telegram. Er meinte, dass die Erklärung Trumps zum Ukraine-Konflikt die Stimmung in Russland nicht beeinflussen werde.
In 50 Tagen, die Trump als Ultimatum nannte, könne sich auf dem Schlachtfeld und in der Stimmung in der Führung der Vereinigten Staaten und der Nato viel ändern, schrieb Kossatschow. Die Europäer seien Washington in die Falle gelaufen, könnten nun Waffen bei Trump für die Ukraine kaufen, "während nur der militärisch-industrielle Komplex der USA davon profitieren wird".
Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew bezeichnete Trumps Äußerungen am Dienstag als "theatralisches Ultimatum an den Kreml". Die Welt habe wegen der befürchteten Folgen gezittert, die streitsüchtigen Europäer seien enttäuscht, "Russland war es egal", schrieb der als Vizechef des nationalen Sicherheitsrats in Moskau nach wie vor einflussreiche Politiker auf der Plattform X nach Trumps Worten. (the)
Verwendete Quellen
- Material von der dpa und der afp
- Washington Post: In squeezing Putin, Trump ‘escalates to de-escalate’