• Im Rahmen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Erstürmung des US-Kapitols sind neue Videos aufgetaucht.
  • Sie zeigen dramatische Szenen, wie US-Abgeordnete den Sturm im Kapitol erlebten.
  • Im Vordergrund der Videos steht die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.

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Bei dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols sind am Donnerstag neue Videos mit dramatischen Szenen des 6. Januars 2021 aufgetaucht. Sie zeigen, wie Kongressmitglieder während der Kapitol-Erstürmung telefonisch verzweifelt um Hilfe bitten.

"Sie schlagen gerade die Fenster ein ..., man sagt, dass auf jemanden geschossen wurde", sagt die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in einem aufgezeichneten Handy-Telefonat. "Es ist einfach entsetzlich - und das alles auf Anstiftung des Präsidenten der Vereinigten Staaten."

Die Demokratin war außerdem versucht, zu der regulären Sitzung des Tages zurückzukehren. Daraufhin erklärte eine Kollegin, dass offenbar jeder im Saal sich Tränengasmasken anziehe, "um sich auf einen Einbruch vorzubereiten". Pelosi zeigt sich sichtlich entsetzt und fragt zweimal: "Könnt ihr das glauben?"

Auch über die Konsequenzen machte sie sich Sorgen: "Es muss eine Möglichkeit geben, das Gefühl der Menschen aufrechtzuerhalten, dass es eine gewisse Sicherheit oder ein gewisses Vertrauen gibt, dass die Regierung funktionieren kann und dass man den Präsidenten der Vereinigten Staaten wählen kann."

Aufnahmen zeigen auch Trumps engen Vertrauten Roger Stone

Gezeigt wurden zudem Videoaufnahmen von Trumps langjährigem Vertrauten Roger Stone. Darin sagt der berüchtigte Politikberater kurz vor der Wahl, er wolle nicht auf den juristischen Widerspruch zum Wahlausgang warten: "Lasst uns direkt zur Gewalt übergehen."

Dem Ausschuss vorgelegte E-Mails des Secret Service belegen zudem, dass Trump sich seinen gewalttätigen Anhängern anschließen wollte, die das Kapitol stürmte. Damit wären die Unruhen zu einem Angriff des abgewählten Teils der Regierung auf den anderen geworden.

Trump ist im Ausschuss vorgeladen

Für die Untersuchung lud der Ausschuss zudem den früheren Präsidenten Donald Trump vor. Trump müsse für seine Taten "Rechenschaft vor dem amerikanischen Volk ablegen", sagte der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson am Donnerstag nach einem einstimmigen Votum der Ausschussmitglieder.

Es gilt als unwahrscheinlich, dass Trump der Vorladung folgen wird, dann könnte ihm weiterer juristischer Ärger drohen. Im Streit um bei ihm beschlagnahmte, streng vertrauliche Regierungsunterlagen erlitt der Ex-Präsident derweil eine Niederlage vor dem Obersten Gerichtshof.

Dem von der Demokratischen Partei initiierten Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Erstürmung läuft die Zeit davon: Die Partei von Präsident Joe Biden muss fürchten, bei den Zwischenwahlen zum Kongress am 8. November ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verlieren. Die Abgeordneten wollen vor Jahresende einen Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses vorlegen, bevor im Januar das neue Parlamentsjahr beginnt.

"Totale Pleite": Trump kritisierte U-Ausschuss

Trump attackierte den U-Ausschuss am Donnerstag umgehend scharf. Der Ex-Präsident bezeichnete das Gremium auf der von ihm mitgegründeten Online-Plattform Truth Social als "totale Pleite", es spalte nur das Land weiter.

Er warf zudem die Frage auf, warum das Gremium ihn nicht schon "vor Monaten" zu einer Aussage aufgefordert habe. "Warum haben sie bis zum Ende, bis zu den letzten Augenblicken ihres letzten Treffens gewartet?" Allerdings hatte der Ausschuss Trump bereits in der Vergangenheit zu einer Aussage aufgefordert, wenn auch nicht formell vorgeladen.

Hunderte radikale Trump-Anhänger hatten am 6. Januar 2021 das Kapitol gestürmt, als dort Bidens Sieg bei der Präsidentschaftswahl endgültig bestätigt werden sollte. Trump hatte in den Wochen zuvor die Falschbehauptung verbreitet, er habe die Wahl in Wirklichkeit gewonnen und sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Seine Anhänger rief er unmittelbar vor der Kapitol-Erstürmung in einer Rede auf, "auf Teufel komm raus" zu kämpfen.

Der Ausschuss will möglicherweise einen vorläufigen Bericht zum Ergebnis seiner Untersuchungen schon vor den Kongresswahlen im November veröffentlichen. Es wird gemutmaßt, dass Trump bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut kandidieren könnte.

Nach Haus-Durchsuchung: Trump erlitt juristische Niederlage

Im Streit um in seinem Anwesen in Florida beschlagnahmte vertrauliche Regierungsunterlagen erlitt der Ex-Präsident derweil eine juristische Niederlage. Der Oberste Gerichtshof lehnte Trumps Eilantrag ab, sich mit dem Fall zu befassen.

Sturm aufs Kapitol: Bislang höchste Haftstrafe verhängt

Ein Mann aus Texas ist für seine Rolle im Zusammenhang mit dem Angriff auf das Kapitol zu mehr als sieben Jahren Haft verurteilt worden. Der 49-jährige Guy Wesley Reffitt war wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, Behinderung der Justiz und anderer Vergehen angeklagt worden. (Bildcredit: Getty Images)

Der Ex-Präsident hatte gefordert, der Supreme Court solle die Entscheidung eines Berufungsgerichts aufheben, die den Ermittlern des Justizministeriums weiterhin Zugriff auf die Unterlagen erlaubt hatte, während ein von Trump beantragter Sondergutachter diese sichtet. Dies lehnte der Oberste Gerichtshof ab, die Ermittlungen können also ungehindert weitergehen.

Ermittler der Bundespolizei FBI hatten Trumps Anwesen Mar-a-Lago am 8. August durchsucht und dabei zahlreiche als vertraulich, geheim oder streng geheim markierte Dokumente beschlagnahmt. Dabei handelt es sich um Papiere, die Trump zum Ende seiner Amtszeit aus dem Weißen Haus mit nach Mar-a-Lago genommen hatte, obwohl scheidende US-Präsidenten alle offiziellen Unterlagen dem Nationalarchiv übergeben müssen. (afp/ari)

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