Der Verkehr verursacht in Wien die meisten Treibhausgasemissionen. Deswegen sollten laut Wissenschaftern Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden – unter anderem flächendeckendes Tempo 30.
Wiener Wissenschafter richten der künftigen Stadtregierung via Journalisten aus, welche Klimaschutzmaßnahmen sie in Angriff nehmen sollen. Sehr wirksam wäre es etwa, die Verkehrsgeschwindigkeit flächendeckend auf 30 Kilometer pro Stunde zu beschränken, Gehsteige auf Kosten der Straßen zu verbreitern und die halbe Million Gasthermen in Wien gegen Heizquellen mit erneuerbaren Energiequellen tauschen zu lassen, sagten sie Mittwoch bei einer Online-Pressekonferenz.
Der Verkehr verursacht 35 Prozent und somit am meisten Treibhausgasemissionen in Wien, erklärte Ulrich Leth vom Forschungsbereich Verkehrsplanung und Verkehrstechnik der Technischen Universität Wien: "Das macht ihn zum Hauptsorgenkind der künftigen Stadtregierung". Der Autoverkehr beanspruche zudem zwei Drittel der Verkehrsflächen, obwohl nur mehr 25 Prozent der Wege damit zurückgelegt werden. "Diese Flächen fehlen für sichere Radwege, breitere Gehsteige, Aufenthaltsflächen und etwa Beschattung, damit Wien auch in den kommenden durch den Klimawandel heißeren Jahren angenehm bewohnbar bleibt", sagte er.
Weniger Parkplätze, teurere Parkpickerl und kleinere -Zonen gefordert
Die Stadt habe sich selbst zum Ziel gesetzt, den Anteil der Pkw-Wege auf 15 Prozent zu senken. Dafür gäbe es verschiedenste Maßnahmen. Der Experte schlug etwa eine verpflichtende Ober- statt Untergrenze für Pkw-Parkplätze in Wohnbauten vor. "Das würde gleichzeitig das Wohnen günstiger machen", so Leth. Die Zonen der Parkpickerl sollten verkleinert werden, die Preise erhöht.
"Eine flächendeckende Höchstgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde ausgenommen Autobahnen und Schnellstraßen würde die Verkehrssicherheit und Lebensqualität der Menschen in Wien massiv erhöhen, und gleichzeitig den Fuß- und Radverkehr fördern", meint der Experte. Der öffentliche Verkehr solle "konsequente Bevorrangungsmaßnahmen gegenüber Autos" erfahren, sodass die Öffis nur mehr an den Haltestellen stehen bleiben müssen, und nicht an Kreuzungen und in Staus.
Lobautunnel würde Verkehr in Stadt pumpen
Den Lobautunnel zu graben, wäre kontraproduktiv, so Leth: "Sämtliche Studien der vergangenen 25 Jahre belegen, dass dies mehr Autoverkehr hervorrufen würde und diesen gleichsam ins Stadtgebiet pumpt". Damit würden die selbst gesteckten Emissions- und Mobilitätsziele der Stadt Wien gleichsam torpediert.
Auch die Gebäude verursachen viele Treibhausgasemissionen, nämlich 30 Prozent in Wien, sagte Constanze Frech vom Bereich Erneuerbare Energien der Fachhochschule (TH) Technikum Wien: "90 Prozent jener Emissionen sind auf die bestehenden rund 500.000 Gasheizungen zurückzuführen".
Bis 2040 müssten jährlich 31.600 Gasthermen verschwinden und durch Heiz- und Warmwassersysteme mit erneuerbarer Energie ersetzt werden, damit der "Wiener Klimafahrplan" eingehalten wird, so die Expertin: "Um eine Steigerung der thermischen Sanierungsrate zu erreichen, könnte die in der EU-Gebäude-Richtlinie festgesetzte Sanierungspflicht für Nicht-Wohngebäude auf Wohngebäude ausgeweitet werden". Die Pressekonferenz wurde von "Diskurs - Das Wissenschaftsnetz" veranstaltet. (APA/bearbeitet von tas)