Was halten Sie von Influencern und Influencerinnen? Wie Influencer selbst mit ihrem schlechten Image umgehen und warum sie sich lieber als "Content Creator" bezeichnen, zeigen mehrere Interviews einer aktuellen Studie.

Influencer und Influencerinnen haben nicht den besten Ruf – und das hat mehrere Gründe. So sorgen sich beispielsweise viele Eltern, da Influencer Kindern als Vorbilder dienen, Schönheitsideale prägen und teils fragwürdige Gesundheitstipps geben. Auch bezeichnen die wenigsten das Influencer-Dasein als echten Beruf, da hierfür keine Ausbildung nötig ist. Und dennoch lässt sich durch gefühlt wenig Arbeit sehr viel Geld mit Social Media verdienen. Ein weiteres Problem, das viele mit Influencern haben: verstecktes Marketing auf den Kanälen oder das Vermarkten von Produkten, die sie selbst nie getestet haben.

All diese Vorwürfe tauchen immer wieder in den Medien auf, sind in den Kommentarspalten auf Instagram, TikTok und YouTube zu finden und werden teilweise sogar durch Untersuchungen und Umfragen in Studien bestätigt. Was bisher jedoch kaum untersucht wurde: wie Influencer selbst mit den Vorwürfen umgehen.

Eine aktuelle Studie der Hochschule Düsseldorf (HSD) hat sich erstmals damit befasst und 14 Influencerinnen und Influencer in ausführlichen Interviews zu dem schlechten Image ihres Jobs befragt.

Influencerin: "Die Leute denken schlecht über uns"

Die 14 befragten Influencer deckten verschiedene Themenbereiche mit ihren Kanälen ab. Darunter waren unter anderem Lifestyle, Mode, Beauty, Fitness, mentale Gesundheit, Autos und Achtsamkeit. Männliche Influencer waren hier nur marginal vertreten, was unter anderem daran liegt, dass es in dieser Branche deutlich mehr Frauen gibt (75 Prozent).

Alle Influencer hatten zum Zeitpunkt der Befragung mindestens 10.000 Follower auf einer Social-Media-Plattform. Sechs von ihnen gehören zur Gruppe der Makro-Influencer, acht weitere zu der Kategorie Mikro-Influencer und bei jedem ist die Arbeit auf Social Media die Haupteinnahmequelle.

In welche Kriterien werden Influencer unterteilt?

  • Mega-Influencer haben mehr als eine Million Follower.
  • Makro-Influencer haben 100.000 bis eine Million Follower.
  • Mikro-Influencer haben 10.000 bis 100.000 Follower.
  • Nano-Influencer haben weniger als 10.000 Follower.

Alle befragten Influencer sind sich ihrem negativen Ruf in der Öffentlichkeit sehr wohl bewusst. "Die Leute denken schlecht über uns", sagt eine Influencerin, der knapp 200.000 Menschen folgen, sehr deutlich. Jedoch spüren die Befragten bei der älteren Generation mehr Ablehnung ihrem Job gegenüber als bei jüngeren Menschen.

Doch woher kommt ihrer Meinung nach diese Ablehnung? Die Teilnehmenden der Studie identifizierten dafür vor allem drei Gründe: die moralisch zweifelhafte Art und Weise, wie Influencer Werbung in ihre Inhalte integrieren, ihre Fokussierung auf oberflächliche Themen und die Tatsache, dass Influencer kein traditioneller Beruf ist.

Schuld für das schlechte Image wird teils bei "Kollegen" gesucht

"Es ist ein großes Problem, dass viele Influencer Produkte bewerben, die sie überhaupt nicht getestet haben. Sie tun das nur, um Geld zu verdienen", erklärt ein Influencer mit 365.000 Followern auf TikTok und bestätigt damit den Eindruck, den auch so mancher Follower von Influencern hat.

Eine andere Influencerin, die auf Instagram die Themen mentale Gesundheit und Yoga behandelt, sieht die Verantwortung für das schlechte Image von Influencern bei Kolleginnen und Kollegen, "die nur wegen ihres guten Aussehens berühmt geworden sind". Diese Influencer würden ihrer Meinung nach "jeden Mist, für den sie Geld bekommen", bewerben und ihn vor die Kamera halten. "Das sind trashige Influencer, und es gibt leider immer noch viele davon", so die Mittzwanzigerin.

Dieser Aussage dürfte auch eine weitere Influencerin zustimmen. Sie sagt im Interview: "In jeder Branche gibt es schwarze Schafe. Influencer sind da keine Ausnahme. Es gibt immer Leute, die versuchen, schnelles Geld zu verdienen, auch auf Kosten der Ethik." Sie selbst distanziere sich von solchen Personen.

Influencen – aber auf eine gute Art?

Um dem schlechten Image entgegenzusteuern, haben Influencer verschiedene Strategien entwickelt. Eine davon ist das Reframing ihres Jobs, ihn also aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Sie betonen dabei, welche positiven Einflüsse sie auf ihre Follower haben können.

Hierfür werden Themen wie Nachhaltigkeit oder politisches Engagement von den Befragten aufgezählt. "Wir können Petitionen starten, Veranstaltungen teilen, Menschen dazu ermutigen, etwas zu tun, oder ihnen die Augen für bestimmte Dinge öffnen. Das können wir viel effektiver als traditionelle Nachrichtenanbieter", sagt eine der befragten Influencerinnen.

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Der Unterschied zwischen einem "normalen" Star und einem Influencer ist die Nähe zu seinen Fans. In der Regel nehmen Influencer ihre Follower mit in ihr Privatleben, sprechen teilweise offen über ihre Probleme und gehen in den Austausch mit ihrer Community. Genau dieser Aspekt wird von vielen kritisch gesehen, da insbesondere junge Menschen ihren Idolen auf Social Media blind vertrauen, doch es kann auch helfen, ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen.

"Ich wünschte, es hätte Influencer gegeben, als ich Teenager war, um mir zu zeigen, dass ich nicht die Einzige bin, die sich über bestimmte Themen Gedanken macht", sagt eine der Befragten, die den Community-Effekt als besonders positiv wahrnimmt.

Lieber "Content Creator" als "Influencer"

Interessanterweise bezeichnen sich alle Influencer, die für die Studie befragt wurden, selbst als "Content Creator". Auf diese Weise wollen sie betonen, dass sie mehr tun, als nur kurze Clips aufzunehmen. "Ich habe heute Vormittag drei Videos gedreht, jedes 30 Sekunden lang. Dafür habe ich dreieinhalb Stunden gebraucht", erzählt eine von ihnen.

Sie erläutern, dass es bei ihrer Arbeit nicht nur um das Aufnehmen des Contents, sondern auch um die Ideenentwicklung, die Interaktion mit der Community, die Kooperationsvereinbarungen mit den Marken, das Schneiden und Bearbeiten der Inhalte und das Entwickeln von Strategien gehe.

Doch die Betonung auf die eigentliche Arbeit, die hinter dem Influencer-Dasein steckt, ist nicht der einzige Grund für die andere Bezeichnung. So nennt sich eine Befragte beispielsweise "Content Creatorin", weil der Begriff "Influencerin" impliziere, dass jemand anderes beeinflusst werde. "'Content Creator' bedeutet, dass ich Inhalte erstelle und die Leute selbst entscheiden können, ob sie etwas damit machen wollen", sagt sie.

Kritiker "beneiden uns um unseren Erfolg"

Der Job als Influencer hat einige Vorteile, wie die Befragten selbst betonen. Man sei "sein eigener Chef", zeitlich sehr flexibel und habe die Chance auf neue Jobs, wie beispielsweise als Model oder Grafikdesigner. Und nicht zu vergessen: Es besteht die Möglichkeit, schnell gutes Geld zu verdienen.

Auch kostenlose Produkte werden von einer der Influencerinnen als positives Merkmal aufgeführt: "Das Beste sind kostenlose Produkte und Rabatte in Restaurants. Es gibt eine spezielle App namens Freachly nur für Influencer, die das möglich macht."

"Viele von uns haben keine Ausbildung oder keinen Abschluss, verdienen aber viel Geld."

Anonyme Influencerin aus der Studie

Die Befragten werfen Menschen, die Influencer für ihren Job kritisieren, Neid und Unwissenheit vor. Eine von ihnen sagt: "Die Kritiker denken: 'Ich arbeite 40 Stunden pro Woche und werde dafür sehr schlecht bezahlt. Ein Influencer trinkt den ganzen Tag Kaffee, macht ein paar Fotos und verdient an einem Tag ein ganzes Monatsgehalt.' Sie beneiden uns um unseren Erfolg."

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Und auch eine Lifestyle-Influencerin führt Kritik häufig auf Neid zurück: "Menschen, die sich negativ über Influencer äußern, sind oft neidisch auf unseren Erfolg. Viele von uns haben keine Ausbildung oder keinen Abschluss, verdienen aber viel Geld."

Verschiedene Studien zeigen, dass die Kritik an Influencern mehrere Gründe hat. Neid und Missgunst spielen dabei tatsächlich eine Rolle, jedoch überwiegt die Kritik an den Marketing-Methoden der "Content Creators" sowie die Sorge der wachsenden Einflussnahme auf Kinder und Jugendliche.

Weitere Informationen zur Studie

  • Die Interviews mit den Influencern wurden zwischen dem 5. Mai und dem 30. Juni 2022 sowie zwischen dem 21. Februar und dem 6. Juni 2024 durchgeführt.
  • Im Jahr 2022 wurden nur fünf Teilnehmer rekrutiert. Daher wurden weitere Interviews im Jahr 2024 durchgeführt.
  • Alle Interviews wurden auf Deutsch geführt. Die Interviews wurden online durchgeführt; bis auf eines alle per Videocall.

Verwendete Quellen

Teaserbild: © Getty Images/BalanceFormcreative