Ein Stück Schillerlocke gefällig? Bei manchen Bezeichnungen an der Fischtheke ist Skepsis gefragt. Eine US-Studie wirft einen Blick auf Handel mit teils gefährdeten Hai-Arten.

Etliche Hai-Arten sind bedroht, stehen unter Schutz – und landen dennoch immer wieder auf dem Teller. Wie kann das sein? Eine in der Fachzeitschrift "Frontiers in Marine Science" veröffentlichte Studie wirft mit einem Experiment in den USA ein Schlaglicht auf ein Problem, das auch in Europa existiert.

Zur Situation der Haie

  • Seit den 70er Jahren sind die Haipopulationen der Studie zufolge um mehr als 70 Prozent geschrumpft, unter anderem durch Überfischung, Zerstörung von Lebensräumen und Klimawandel.
  • Die Weltnaturschutzunion (IUCN) listet rund ein Drittel der Arten als gefährdet, bedroht oder vom Aussterben bedroht.

Stichprobenartig kaufte das Forschungsteam der University of North Carolina in Chapel Hill im Jahr 2021 und 2022 in verschiedenen Geschäften sowie Online-Shops in Florida, Georgia, Washington DC und seinem Heimatbundesstaat insgesamt 30 verschiedene Hai-Produkte – 19 rohe Steaks und 11 Mal andere Arten von Hai-Fleisch. Mittels DNA-Analysen bestimmten sie jeweils die Spezies und glichen diese mit den Bezeichnungen ab, unter denen die Produkte verkauft wurden.

Fast ein Drittel der Hai-Produkte von gefährdeten Arten

Dabei stellte sich heraus, dass 31 Prozent der gekauften Produkte von vier Arten stammen, die als gefährdet oder vom Aussterben bedroht eingestuft werden – dem Großen Hammerhai, dem Bogenstirn-Hammerhai, dem Hundshai und dem Kurzflossen-Mako.

Auch unter den weiteren Proben fanden sich gefährdete Arten. 93 Prozent der Produkte seien unspezifisch als "Hai" bezeichnet worden, sodass es für Käufer nicht nachvollziehbar war, ob es sich um geschützte Arten handelte.

Ob dies legal sei, hänge unter anderem davon ab, ob die Arten nach dem Washington Artenschutzabkommen Cites unter Schutz stünden und damit der Handel verboten sei, so die Autoren. "Wenn große Hai-Arten jedoch in Lebensmittelgeschäften und auf Märkten angeboten werden, werden sie oft als Filets verkauft, denen alle charakteristischen Merkmale entfernt wurden, sodass es unwahrscheinlich ist, dass die Verkäufer wissen, um welche Art es sich handelt", erklärt Studienleiterin Savannah Ryburn.

Hai-Verkauf ist auch in Europa ein Problem

Auch in Deutschland und der EU ist der Hunger auf Hai groß. WWF-Hai-Expertin Heike Zidowitz erklärt, man müsse zwischen zwei Arten des Handels unterscheiden – zum einen dem illegalen Verkauf geschützter Arten und zum anderen Verschleierungstaktiken.

"Es ist so, dass der Fischhandel gerne mal andere Namen nennt", sagte Zidowitz der Deutschen Presse-Agentur. So sei manchmal die Hai-Art nur auf Latein angegeben, daneben dann attraktiver klingende, teils erfundene Namen wie "Schillerlocke". "Das ist überhaupt nicht illegal, das ist einfach ein Handelsname."

Wesentlich unübersichtlicher, aber nicht zu unterschätzen, sei die illegale Fischerei. Teils würden geschützte Arten gefischt und direkt lokal an Restaurants verkauft. Kontrollen seien immer nur stichprobenartig und viele Länder seien zu langsam darin, beschlossene Schutzmaßnahmen auch um- und durchzusetzen. "Es ist äußerst komplex, da wirklich den Finger daraufzulegen." Auch die Mengen seien schwer abzuschätzen.

Bericht spricht von hoher Dunkelziffer

Einem Bericht des International Fund for Animal Welfare von 2023 zufolge ist der illegale Handel mit Hai-Produkten in Europa weiter verbreitet, als aus offiziellen Zählungen ersichtlich wird. Immer wieder gebe es große Funde – etwa tausende Flossen am Frankfurter Flughafen oder mehrere Tonnen beschlagnahmtes Fleisch in Häfen –, die durch Medienberichte bekannt würden, aber im offiziellen EU-Datenbankbestand nicht auftauchten.

Dies deutet darauf hin, dass die Dunkelziffer erheblich ist und die EU nicht nur als Markt, sondern auch als wichtige Transitdrehscheibe für den illegalen Hai-Produkthandel fungiert, so die Tierschutzorganisation.

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WWF-Bericht: Europa als Drehscheibe für Handel mit Haien und Rochen

Dies belegte 2021 auch ein WWF-Bericht, der Europa als Drehscheibe für den globalen Handel mit Haien und Rochen bezeichnet. Damals hieß es, nach Deutschland würden im Schnitt jährlich 32 Tonnen frisches Hai-Fleisch importiert – meist als "Schillerlocken" verkauft, tatsächlich aber der geräucherte Bauchlappen des Dornhais. (Larissa Schwedes, dpa/bearbeitet von sbi)