Heute Abend feiert die Kurt-Palm-Verfilmung "Bad Fucking" im ORF ihre TV-Premiere. Mit über 100.000 Zusehern war die bissige Satire von Harald Sicheritz ("Muttertag") der dritterfolgreichste österreichische Film 2014. Was erwartet den Zuseher?

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Die erste Einstellung: In perfekter Postkartenidylle schmiegt sich ein wunderschöner See an die umliegenden Berge an. Danach die zweite Einstellung: Die Kamera taucht durchs trübe Wasser, sucht wackelnd den steinigen Grund. Dieser Anfang nimmt vorweg, was "Bad Fucking" seine ganze Laufzeit über machen wird: Der Film entlarvt das vermeintlich friedliche Paradies und zeigt, was hinter der Fassade ist. Subtil bleibt hier nichts.

Bad Fucking - Ein schöner Ort, solange man nicht da lebt

Der Titel des Films bezieht sich auf den Namen eines kleinen oberösterreichischen Dorfes, das zwar fiktiv ist, aber an den tatsächlichen Ort Fucking erinnert, der sich alleine wegen seines Namens vieler Touristen erfreut. Das Bad Fucking des Films existiert praktisch nur für die Besucher von außen: Brav werden für die angereisten Fremdlinge Witze über den Ortsnamen gemacht, während der Souvenirshop um die Ecke schweinische Figürchen verkauft.

Aber dann verschüttet ein Bergrutsch die Hauptzufahrt zum Ort und der Touristenstrom bleibt aus. Die Bewohner von Bad Fucking sind ab sofort auf sich selbst gestellt. Und das bekommt ihnen gar nicht: Es gibt Ränkeleien, Betrug, Missgunst, Machtspielchen und Erpressungen. Über einem Bewohner nach dem anderen kreist der Pleitegeier. Nicht alle von ihnen werden das Ende des Films erleben.

Ein Abgrund aus österreichischen Befindlichkeiten

An einem Film wie "Bad Fucking" (und auch an seinem Erfolg!) spürt man deutlich, wie zwiegespalten der Österreicher seinem Land gegenübersteht: Der Witz kann gar nicht boshaft genug sein, das Makabre ist fester Teil des österreichischen Kinos, das Abgründige sein Lebensblut. Mit zynischem Humor und überzeichneten Karikaturen wird der Finger auf Wunden gelegt, damit man darüber lachen kann – und doch wissend nickt.

So funktioniert der Ort Bad Fucking als Mikrokosmos, der stellvertretend für das ganze Land steht. Bad Fucking, das ist Österreich. Und seine Einwohner, das sind wir. Schon in seinen vorigen Arbeiten nahm Regisseur Harald Sicheritz immer wieder österreichische Befindlichkeiten aufs Korn: "Muttertag", "Hinterholz 8", "Poppitz", "MA 2412" – es liest sich wie ein Best-of unserer Filmlandschaft.

Eine allumfassende Satire

Wieder trifft Sicheritz mit einer Vielzahl von Details ins satirische Schwarze: Das Luxushotel, das der Bürgermeister von Bad Fucking ("Die Gemeinde bin ich!") am See bauen wollte, wird nach dem Ausbleiben der Touristen flugs zum Asylheim umgeplant – "Man muss mit der Zeit gehen". Ein anderer Bewohner bemüht sich bei der Beschreibung des Bauprojekts um Political Correctness. Zumindest ansatzweise: "Das ist ein Heim für Tschutschinnen und Tschutschen". Und der Hotelbesitzer übt im stillen Kämmerlein das internationale Auftreten: "What should this? This is a noble … was heißt Haus?"

Die Gnadenlosigkeit des Films ist aber auch sein Haken: Hier wird einfach auf alles gezielt, was nicht rechtzeitig in Deckung gehen kann. Fremdenfeindlichkeit, Wirtschaftskrise, Beamtentum, Spießbürgerlichkeit, Politik, die onlinesüchtige Jugend – das mag im Detail witzig sein, aber verliert in seiner Gesamtheit an satirischem Fokus. Diese Unschärfe war auch schon in der zweiten Hälfte von "Hinterholz 8" spürbar – und weil Sicheritz dieselben Noten spielt, die er schon so oft zuvor angeschlagen hat, bleiben auch die Probleme bestehen.

Dafür traut sich der Film zum Schluss, ganz ins Absurde zu kippen: Nachdem sich die Toten schon stapeln, spült die Sintflut den ganzen Ort hinweg. Wie gesagt: Subtil ist hier nichts. Nur schön boshaft.

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