Ob Deepfake-Video oder ein manipuliertes Foto – es wird immer schwerer, echte Informationen im Netz von gefälschten zu unterscheiden. Wie Sie Fake News identifizieren können und auf sie reagieren sollten, erklärt ein Experte.

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Ein Videotelefonat sorgte im Jahr 2022 für Aufsehen: Franziska Giffey, damals Regierende Bürgermeisterin von Berlin, redete minutenlang mit einem Mann, den sie für den Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko hielt. Auch die Bürgermeister von Madrid und Wien ließen sich vom vermeintlichen Klitschko täuschen – hinter dem ein sogenannter Shallowfake steckte, ein manipuliertes Video aus echtem Material.

Wie wirkungsvoll selbst einfache Täuschungen sein können, zeigt sich aber auch täglich in sozialen Netzwerken und Messengern. Fake News verbreiten sich in Sekundenschnelle – oft ungeprüft und mit großer Reichweite. Vielen Nutzerinnen und Nutzern fällt es schwer, Falschinformationen zuverlässig zu erkennen. Laut einer Bitkom-Umfrage trauen sich nur 26 Prozent der Internetnutzer in Deutschland zu, Desinformation sicher zu identifizieren.

Besonders groß ist die Unsicherheit bei Bildern, Videos und KI-generierten Inhalten. Lediglich 17 Prozent der Befragten gaben an, zu wissen, wie man manipulierte Fotos oder Videos erkennt. Die wachsende Zahl und Qualität von Fake-Formaten erschweren die Identifikation manipulierter Inhalte.

Merkmale von Fake News – Experte für Medienbildung gibt Tipps

Martin Bregenzer ist Referent für Medienbildung bei klicksafe. Die EU-Initiative unterstützt Menschen mit verschiedenen Schulungsangeboten dabei, einen kompetenten und kritischen Umgang mit dem Internet zu entwickeln – insbesondere Lehrkräfte und Eltern.

Anhand von drei typischen Beispielen erklärt er, an welchen Merkmalen man Fake-Inhalte oder bewusst manipulierende Inhalte erkennen kann – und wie man sich am besten verhält.

Beispiel 1: Deepfake-Video eines Politikers bei TikTok

"Deepfake-Videos weisen nach wie vor einige technische Mängel auf, die bei genauer Betrachtung erkennbar sind. Beispielsweise wirkt die Mimik unnatürlich, die Schatten im Gesicht sehen unrealistisch aus und die Stimme klingt monoton. Auf solche Details sollte man achten", erklärt Martin Bregenzer.

Noch viel wichtiger seien allerdings der Inhalt und der Kontext: "Welche Aussage trifft der Politiker hier angeblich? Und passt das Gesagte zu seinem sonstigen Auftreten? Zudem ist es immer wichtig, das Gesagte mit seriösen Nachrichtenquellen abzugleichen. Wenn es dort keine Informationen zu dem Video gibt, ist das ein Hinweis darauf, dass es eventuell nicht echt ist. Auf Faktencheck-Seiten kann man dann überprüfen, ob das Video bereits einem Faktencheck unterzogen wurde."

Was ist ein Deepfake?

  • (KI-generierte) Videos oder Audios, die reale Personen zum Zweck der Diskreditierung, Betrug, Erpressung oder Desinformation imitieren.

Beispiel 2: Kettenbrief zum Thema "5G" bei WhatsApp oder Telegram

Martin Bregenzer: "Kettenbriefe sollten stets mit einem gesunden Maß an Misstrauen gelesen werden. Auch wenn man die Person, die die Nachricht weitergeleitet hat, kennt und ihr vielleicht vertraut, sollte man dem Inhalt gegenüber nicht weniger misstrauisch sein."

Typische Warnsignale bei problematischen Kettenbriefen seien beispielsweise eine starke Emotionalisierung wie 'Seit Jahren wurden wir alle belogen!' oder das Aufbauen von Handlungsdruck wie 'Teile diese Nachricht schnell mit allen Menschen, die dir wichtig sind, um sie zu schützen!'.

Aussagen in Kettenbriefen sollten mit seriösen Nachrichtenquellen und Faktencheck-Seiten abgeglichen werden. Auf keinen Fall sollten diese Kettenbriefe leichtfertig weitergeleitet werden, da sich sonst möglicherweise Falschinformationen weiterverbreiten.

Beispiel 3: Gefälschter Screenshot im Stil einer Nachrichtenseite

Wenn Screenshots von seriösen Nachrichtenseiten mit seltsamen Inhalten auftauchen, ist Vorsicht geboten, warnt Bregenzer. Die einfachste Methode, um eine Fälschung zu erkennen, sei, die Webseite des jeweiligen Nachrichtenportals aufzurufen und nach der vermeintlichen Meldung zu suchen.

Auf keinen Fall sollte man auf den Screenshot klicken, da der hinterlegte Link bei einer Fälschung sehr wahrscheinlich nicht zu der seriösen Seite führt. Man kann die angebliche Meldung auch in eine Suchmaschine eingeben und schauen, ob seriöse Nachrichtenseiten etwas Ähnliches berichtet haben. "Wenn das nicht der Fall ist, handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine Fälschung", so Bregenzer.

Medienkompetenz erlangen – früh übt sich

Soziale Medien wie Instagram und TikTok ermöglichen kreative Entfaltung, Teilhabe und Vernetzung. Vor allem junge Menschen nutzen Social Media aber auch, um sich zu informieren. Medienkompetenz zu entwickeln, also Inhalte kritisch zu hinterfragen, Quellen zu prüfen und sich sicher im digitalen Raum zu bewegen, ist für Kinder und Jugendliche deshalb besonders wichtig.

Doch wie gelingt das? Martin Bregenzer von klicksafe sagt: "Kinder und Jugendliche benötigen eine regelmäßige Medienbildung an Schulen, idealerweise bereits ab der ersten Klasse. Zusätzlich sollten Peer-to-Peer-Angebote an Schulen etabliert werden. In diesem Rahmen helfen geschulte Jugendliche ihren Mitschülerinnen und Mitschülern bei allen Themen rund um das digitale Leben. Für pädagogische Fachkräfte ist eine verpflichtende Qualifizierung zu medienpädagogischen Themen in der Ausbildung sowie regelmäßige Fortbildungen zu diesem Thema notwendig."

Eltern benötigen praktische und alltagsnahe Unterstützungsangebote, die ihnen Orientierung geben und konkrete Handlungsoptionen aufzeigen, so der Medienkompetenz-Experte. Und: "Wichtig ist vor allem, dass Eltern ihren Kindern vermitteln, Nachrichten im Netz ein gesundes Misstrauen entgegenzubringen. Kinder sollten aber auch wissen, welche Absender seriös sind und wo sie vertrauenswürdige und altersangemessene Informationen bekommen. Nicht zuletzt sollten Kinder immer zuverlässige erwachsene Ansprechpersonen haben, die ihnen helfen können, wenn sie zum Beispiel auf Nachrichten stoßen, die ihnen komisch vorkommen." Im Zweifel gilt: Erst prüfen, dann teilen.

Sicherer surfen – seriöse Informationsadressen im Überblick

  • Wikikama: Wiki zu Fake News und Desinformation, Sammlung aktueller Fälle und Hintergrundwissen.
  • Mimikama: Aufklärung zu Fake News, Faktenchecks und Bildungsangebote.
  • Klicksafe: EU-Initiative für Informationen und Schulungen für Medienkompetenz für Lehrkräfte, Eltern, Kinder und Jugendliche. Die Broschüre "Vertraust du noch oder checkst du schon" bietet Eltern Tipps, Kinder für Fake News zu sensibilisieren.
  • Silver Tipps: Informationen und Schulungen für ältere Menschen zum sicheren Umgang mit digitalen Medien.
  • Digital Botschafter: Netzwerk von Ehrenamtlichen, die ältere Menschen bei digitalen Fragen unterstützen.
  • Faktencheck der Europäischen Kommission: Offizielle EU-Informationsseite mit Faktenchecks zu verschiedenen Themen
  • EUvsDisinfo: EU-Projekt gegen Desinformation, Analyse von Fake News.
  • Internet-Beschwerdestelle: Meldung problematischer oder rechtswidriger Inhalte.

Falschmeldung erkannt oder erhalten – was tun?

Der Digital Services Act (DSA) verpflichtet Plattformen wie Instagram und TikTok, gegen Fake News vorzugehen. Trotzdem verbreiten sich Falschinformationen weiterhin in großem Umfang. Wie reagiert man am besten, wenn man auf Fake News im Netz stößt? Fotos lassen sich mit Bilderrückwärtssuche überprüfen, zum Beispiel mit Google: Dafür das Foto hochladen oder die Bild-URL eingeben und "Bildquelle suchen" klicken. Die Suchmaschine zeigt dann ähnliche oder identische Bilder aus dem Netz an, um die Herkunft zu überprüfen. Martin Bregenzer rät, Fake News bei der jeweiligen Plattform zu melden. Wenn keine direkte Meldemöglichkeit besteht, kann die Internet-Beschwerdestelle genutzt werden.

Über den Gesprächspartner

  • Martin Bregenzer ist seit 2019 als Referent für Medienbildung bei der EU-Initiative klicksafe tätig. Zu den Aufgaben von klicksafe gehört es, über die Risiken, aber auch die positiven Aspekte digitaler Medien zu informieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Angeboten für Eltern und Lehrkräfte. Alle Materialien und Informationen sind auf der Initiative zu finden.

Verwendete Quellen: