Wegen einer Sprengstoffdrohung blieb das Münchner Oktoberfest am Mittwoch zunächst geschlossen. Nach der Durchsuchung des Wiesn-Geländes gibt die Polizei Entwarnung. Über den Verdächtigen, der die Drohung ausgesprochen haben könnte, gibt es erste Details.
Das Münchner Oktoberfest ist nach einer Bombendrohung am Mittwoch zwischenzeitlich gesperrt worden. Die Polizei suchte das Gelände mit Spürhunden hab, Besucher durften die Theresienwiese nicht betreten, Mitarbeiter mussten sie verlassen. Hintergrund war ein Vorfall im Münchner Norden. Dort hatte ein Mann nach ersten Erkenntnissen im Rahmen eines Familienstreits am Morgen ein Wohnhaus in Brand gesteckt und Sprengfallen deponiert.
Am Mittwochnachmittag gab Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter in einem Instagram-Video Entwarnung. Es sei aus Sicht der Polizei nach der Durchsuchung des Geländes unbedenklich, wenn die Wiesn fortgesetzt werde. Deswegen öffnet das Festgelände wieder um 17.30 Uhr.
Spürhunde aus ganz Bayern suchten Wiesn-Gelände ab
Das Absuchen des Geländes hatte längere Zeit angedauert. Grund dafür war, dass es nicht ausreichend Sprengstoffhunde gebe, so die Münchner Polizei. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen erfuhr, mussten die Tiere das Gelände mehrfach absuchen. Das kostete viel Zeit und Personal.

Die Behörden holten deshalb möglichst viele Sprengstoffhunde nach München, um das Oktoberfestgelände und den abgesperrten Bereich drumherum absuchen zu können. "Da haben wir uns aus ganz Bayern Unterstützung geholt. Die ist zum Teil schon da, zum Teil noch auf der Anfahrt", sagte ein Sprecher der Münchner Polizei am frühen Nachmittag.
"Die Hunde sind natürlich jetzt hier auch im Dauereinsatz. Beim Hund ist es so, der hat ein bestimmtes Zeitfenster, wo er sich konzentrieren kann. Der braucht immer wieder Pausen und aufgrund dieser besonderen Fallkonstellation dauert das Ganze noch ein bisschen."
Bund verschickte Warnung - Evakuierung im Münchner Norden
Der Bund verschickte am Morgen eine Warnung: "Extreme Gefahr - Achtung! Amtliche Warnmeldung für München". Wie die Stadt auf ihrer Homepage mitteilte, besteht ein Zusammenhang mit der Explosion im Münchner Norden und es gibt "ein entsprechendes Schreiben des Täters".
Bei der Spurensicherung an ausgebrannten Autos in München in der Nähe der Explosion vom Morgen ist ein verdächtiger Gegenstand entdeckt worden. Um was für einen Gegenstand es sich handelt, sagte ein Polizeisprecher nicht. Die Autos befinden sich im Umfeld des Wohnhauses. Die Ermittler sehen einen Zusammenhang zu dem Brand.
Die Polizei sprach zudem von Sprengfallen in dem Gebäude, die entschärft werden sollten. Der Bereich um das Haus sei im Umkreis von 200 Metern abgesperrt worden, dabei seien auch einige Häuser evakuiert worden. An einer Straße in der Nähe sei der verdächtige Gegenstand entdeckt worden, sagte ein Polizeisprecher.
Polizei nennt erste Details: Tatverdächtiger wohl aus Starnberg
Bei dem nach der Brandlegung im Münchner Norden entdeckten Toten handelt es sich laut Polizei um den Tatverdächtigen der Brandstiftung. "Das ist der Tatverdächtige", sagte eine Polizeisprecherin am Mittwoch auf Anfrage zur inzwischen abgeschlossenen Identifikation des Manns. Er könnte auch für eine "relativ unspezifische" Sprengstoffdrohung gegen das Oktoberfest verantwortlich sein, die zur zwischenzeitlichen Schließung des Festgeländes führte.
Der Tote war nach Polizeiangaben ein 57-jähriger Deutscher aus Starnberg. "An seiner Meldeadresse sind im Laufe des Vormittags auch Durchsuchungsmaßnahmen durchgeführt worden", sagte ein Sprecher. Zudem ist nun die Rede von zwei Verletzten, die rund um das ausgebrannte Wohnhaus entdeckt wurden. Sie würden jetzt in Krankenhäusern behandelt, erklärte ein Sprecher. Es handelt sich nach Angaben der Polizei um die 21-jährige Tochter und die 81-jährige Mutter des Tatverdächtigen.
Diese sei von Rettungskräften mit einer Schussverletzung und mittelschweren Verletzungen in einem Versteck vor dem Haus gefunden worden. Die junge Frau sei von der Polizei mit Hilfe einer Leiter aus dem ersten Obergeschoss des brennenden Gebäudes gerettet worden, gab die Polizei am Abend auf einer Pressekonferenz bekannt.
Weiterer Toter gefunden
Die Polizei geht beim Motiv derzeit von einem privaten Hintergrund aus. "Unser Erkenntnisstand ist ganz klar, dass wir in Richtung Familienstreit ermitteln", sagte ein Sprecher. Ein politisches Motiv schließen die Behörden deshalb derzeit aus. Man sei aber trotzdem offen, sollten sich Erkenntnisse in diese Richtung ergeben, sagte ein Sprecher. Der Tatverdächtige habe weder über waffen- noch sprengstoffrechtliche Erlaubnisse verfügt. Die Polizei geht davon aus, dass er sich selbst tötete.
Bei dem Feuer und den Explosionen in München ist nach Polizeiangaben auch eine weitere Person ums Leben gekommen. Das ergaben Drohnenaufnahmen des derzeit nicht zu betretenden Wohnhauses, wie die Polizei am frühen Abend mitteilte. Bei dem Toten handle es sich vermutlich um den 90 Jahre alten Hausbesitzer und Vater des Tatverdächtigen.
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter zu den Gründen für Sperre
Rund um das Oktoberfestgelände blieben Besucher am Mittwochvormittag vorerst noch ratlos stehen, bevor die Warteschlangen an den Eingängen sich auflösten. Durchsagen gab es dort zunächst nicht. Oberbürgermeister Dieter Reiter äußerte sich auf Instagram.
Man könne das Risiko, Menschen auf das Oktoberfest zu lassen, aktuell nicht eingehen, sagte Reiter am Vormittag. Wenn die Sicherheit nicht gewährleistet werden könne, müsse das Oktoberfest heute komplett geschlossen bleiben.
Spätestens gegen 16:00 Uhr sollte entschieden werden, ob das Oktoberfest am Mittwoch noch geöffnet wird oder nicht, sagte Reiter in einem weiteren Video am Nachmittag. "Die Polizei durchsucht mit allen Spürhunden, die in Bayern greifbar sind, die Theresienwiese nach Sprengstoff", berichtete er bei Instagram zur aktuellen Lage.
Reiter versuchte außerdem die Teile der Bevölkerung der bayerischen Landeshauptstadt zu beruhigen, die durch eine von den Behörden verbreitete amtliche Drohung verunsichert sind. "Die Bedrohung richtet sich ausschließlich gegen das Oktoberfest", sagte der Oberbürgermeister. Alle anderen Veranstaltungen könnten planmäßig und unverändert stattfinden.
Keine Ermittlungen zu Antifa-Schreiben
Die Polizei prüfte eigenen Angaben zufolge auch einen Zusammenhang mit der Antifa. Auf der Website indymedia.org wurde am frühen Morgen ein Text gepostet mit dem Titel "Antifa heißt Angriff". Darin hieß es: "In den frühen Morgenstunden haben wir im Münchner Norden einige Luxuskarren abgefackelt und Hausbesuche abgestattet. Zudem ging für einen Fascho sein Morgenspaziergang nicht besonders gut aus."
Die Polizei geht jedoch nach derzeitigem Stand davon aus, dass es sich um Trittbrettfahrer handelt. "Seitens des Tatverdächtigen besteht kein Bezug zur Antifa", meldeten die Ermittler. "Es gibt keine Hinweise, dass an anderen Orten in München eine Gefahr besteht." In Richtung der Antifa werde nicht ermittelt, sagte ein Polizeisprecher.
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In der Früh gab es Großeinsatz im Norden von München
Zuvor hatte am Mittwochmorgen ein Brand in einem Münchner Einfamilienhaus an der Ecke Lerchenauer Straße und Glockenblumenstraße einen Großeinsatz von Polizei und Feuerwehr ausgelöst. Es kam deswegen zu größeren Verkehrsbehinderungen.
Bei dem Einsatz wurden Sprengfallen gefunden. Zur Entschärfung wurden Spezialkräfte hinzugezogen, wie die Polizei auf X mitteilte.
Was wir wissen - und was nicht
Was wir wissen:
- Es gab einen Brand in einem Wohnhaus im Münchner Norden im Stadtteil Lerchenau, bei dem Sprengfallen gefunden und ein Transporter völlig ausgebrannt wurden.
- Bei weiteren ausgebrannten Autos in der Nähe wird ein verdächtiger Gegenstand gefunden. Worum es sich dabei handelt, sagt die Polizei zunächst nicht.
- In der Nähe am Lerchenauer See wird ein Schwerverletzter gefunden, der seinen Verletzungen erlag.
- Bei dem Toten handelt es sich laut Polizei um den Tatverdächtigen für die Brandstiftung. Es handelt sich um einen 57-jährigen Deutschen mit Wohnsitz in Starnberg.
- Zwei Frauen, die 21-Jährige Tochter und die 81-Jährige Mutter, werden verletzt ins Krankenhaus gebracht.
- Eine weitere Person wird vermisst, von ihr gehe aber keine Gefahr aus. Einen Medienbericht, wonach der Vater des 57-Jährigen getötet worden sein soll, bestätigte die Polizei zunächst nicht.
- Das Oktoberfestgelände war stundenlang geschlossen. Spürhunden suchten nach Sprengstoff. Dabei konnte von der Polizei Entwarnung gegeben werden.
- Am Nachmittag teilt OB Dieter Reiter mit: Das Festgelände öffnet wieder um 17.30 Uhr.
Was wir nicht wissen:
- Die genauen Hintergründe der Tat sowie das Motiv sind unklar. Die Polizei geht davon aus, dass das Haus "im Rahmen eines Familienstreits" angezündet wurde, prüfte nach eigenen Angaben aber auch einen Zusammenhang mit der Antifa. In Richtung Antifa werde aber nicht ermittelt, sagte ein Polizeisprecher
(dpa/afp/bearbeitet von nap/skr)
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