Donald Trump drückt aufs Tempo: Schon wenige Stunden nach der Amtseinführung tätigte der neue US-Präsident seine ersten Erlasse. Nach knapp einer Woche sind es schon 14. Mit den sogenannten "Executive Orders" will er die Politik seines Vorgängers Barack Obama schnellstmöglich abändern. Doch so leicht wird das nicht immer gehen.

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Abkehr von der umstrittenen Krankenversicherung, Ausstieg aus dem pazifischen Handelsabkommen TPP, der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, das Streichen von Geldern für Schwangerschaftsberatungsstellen oder das massenweise Aussperren von überwiegend muslimischen Ausländern aus den USA: Nur wenige Tage sind seit der Amtseinführung von Donald Trump vergangen, schon will der 45. US-Präsident seine ersten Wahlkampfversprechungen umsetzen.

Mit sogenannten Executive Orders, Präsidialerlassen bzw. -dekreten, kann Trump schnell handeln - auch ohne Erlaubnis des Senats und des Repräsentantenhauses.

Insbesondere die Krankenversicherung seines Vorgängers Barack Obama möchte der neue starke Mann in Washington in Windeseile rückgängig machen. Am liebsten in den ersten 100 Tagen nach der Wahl. Aber kann er das auch? Was darf der 70-Jährige per Präsidialerlass beschließen? Und wo sind solchen Alleingängen Grenzen gesetzt?

Executive Orders gehören zur US-Politik

Präsidiale Dekrete sind seit Gründung der USA ein Element der formlosen Rechtspraxis, das von US-Präsidenten oder von Gouverneuren der US-Bundesstaaten in Anspruch genommen wird.

George W. Bush unterzeichnete in zwei Amtszeiten 291 Executive Orders, Bill Clinton 364, Ronald Reagan 381 und Barack Obama 277 - die letzten noch wenige Tage vor dem Ende seiner Präsidentschaft.

Den Rekord hält Franklin D. Roosevelt mit 3.721 Erlassen in seiner 12-jährigen Amtszeit, die geprägt war von den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges.

Allerdings gibt es in der Verfassung oder den Bundesgesetzen keine konkreten Bestimmungen zu präsidialen Dekreten. Im Jahr 1952 hatte der Oberste Gerichtshof der USA entschieden, dass Executive Orders kein neues Recht schaffen können. Das bedeutet, sie können bestehende Gesetze oder Verfassungsbestimmungen nur erläutern oder ergänzen.

Weil die Erlasse keinen Gesetzescharakter haben - also nicht in einem langwierigen Verfahren vom Senat und dem Repräsentantenhaus bestätigt werden müssen - kann der Präsident sie allein durch seine Unterschrift in Kraft setzen.

Das hat zur Folge, dass die Executive Orders auch verhältnismäßig leicht aufgehoben werden können. Etwa durch ein Gesetz des Kongresses, eine Gerichtsentscheidung oder ein Dekret eines späteren Präsidenten.

Aktuelles Lexikon: Executive Orders

Mit der Präsidenten-Verordnung ("Executive Order") besitzt der starke Mann im Weißen Haus ein Machtinstrument, das ihm eine Alternative zum Gesetzgebungsprozess bietet. Damit kann ein US-Präsident rechtlich bindend seine nach Artikel II der Verfassung zustehende Exekutivgewalt ausführen. Seit dem ersten US-Präsidenten George Washington wurden mehr als 13.000 Dekrete unterschrieben. Um gegen einen Präsidentenerlass vorzugehen, kann der Kongress per Gesetz die finanziellen Mittel für dessen Umsetzung verwehren. Dagegen kann der Präsident sein Veto einlegen, das der Kongress wiederum mit Zweidrittelmehrheit überstimmen müsste.

Was hat oder kann Donald Trump erlassen?

Genau das hat Trump mit einigen der Obama-Dekrete nun vor. Gleich an Tag eins seiner Präsidentschaft unterzeichnete er ein Dokument, das die umstrittene Gesundheitsreform aushebelt.

Trump erlaubte darin allen staatlichen Stellen, die im Volksmund "Obamacare" genannte Reform nicht anzuwenden oder sie zu verzögern, sollte sie eine "finanzielle Belastung" für Bundesstaaten, Unternehmen oder einzelne Personen darstellen.

Mit diesem Winkelzug umging Trump zunächst ein langwieriges, möglicherweise jahrelanges Gesetzgebungsverfahren. Denn um das 2010 verabschiedete Bundesgesetz endgültig abzuschaffen, benötigt er aus Sicht führender Republikaner trotz seiner Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses ein alternatives Krankenversicherungssystem.

Leichter ist dagegen die Abkehr vom pazifischen Freihandelskommen TPP, das Trump gar nicht per Erlass stoppen müsste. Die von den Republikanern dominierten Kammern des Kongresses wollen es ohnehin nicht ratifizieren.

Auch Obamas Dekrete zum Klimaschutz kann Trump verhältnismäßig leicht abschaffen. Gleiches gilt für die Entscheidung seines Vorgängers, Abschiebungen registrierter illegaler Einwanderer zu stoppen. Dafür müsste Trump nur eine alte Executive Order aufheben.

Beim Thema Einwanderung hat Trump bereits Dekrete erlassen. So sehen Erlasse den Bau einer Mauer zu Mexiko vor oder nehmen Städte ins Visier, die Flüchtlinge schützen. Mit anderen sollen Arrestzentren ausgebaut und die Zahl der Grenzschützer erhöht werden. Illegale, straffällig gewordene Einwanderer sollen sofort deportiert werden. Die Zahl generell zugelassener Flüchtlinge für das Haushaltsjahr 2017 will Trump per Dekret auf 50.000 begrenzen. Zudem soll für die nächsten 120 Tage die Aufnahme aller Flüchtlinge ausgesetzt werden, syrische Flüchtlinge werden vorerst gar nicht mehr ins Land gelassen.

Zudem hat Trump einen Einreisestopp veranlasst, der besagt, dass in den kommenden 90 Tagen aus mehreren muslimischen Ländern keine Menschen mehr in die USA reisen dürfen. Laut Heimatschutzministerium handelt es sich dabei um den Iran, Syrien, Sudan, Libyen, Somalia, Jemen und den Irak.

Am konkretesten ist Trumps Erlass zum Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, weil Trump hier mithilfe eines alten Gesetzes Gelder umleiten kann. Die Ausführung und die Finanzierung sind dennoch weiter unklar.

So oder so: Executive Orders verleihen dem US-Präsidenten zwar eine große individuelle Entscheidungsgewalt, ihnen sind zugleich zeitliche und inhaltliche Grenzen gesetzt. Eine wirkliche Gesetzesreform sind sie nicht. Diese Erfahrung wird vermutlich auch Donald Trump in den kommenden Monaten machen.

Executive Orders von Trump

Was es bedeutet

Obamacare: Die Regierungen der Staaten werden angewiesen, die wirtschaftlichen Lasten durch Obamacare zu minimierenObamacare soll abgeschafft werden. In welchem Zeitraum oder wie, lässt Trump auch hier offen. Er setzt eine Art ideellen Rahmen
Einwanderung: Mehrere Erlasse sehen den Bau einer Mauer zu Mexiko vor, nehmen Flüchtlinge schützende Städte ins Visier und wollen Arrestzentren ebenso ausbauen wie die Zahl der Grenzschützer. Illegale, straffällig gewordene Einwanderer sollen sofort deportiert werden. Die Zahl generell zugelassener Flüchtlinge für das Haushaltsjahr 2017 wird auf 50.000 begrenzt. Für die nächsten 120 Tage soll die Aufnahme aller Flüchtlinge ausgesetzt werden, Flüchtlinge aus Syrien werden vorerst gar nicht mehr ins Land gelassen. Generelle Verhärtung der Linie gegenüber EinwanderernIn puncto Mauer die konkreteste Anordnung, weil Trump hier mithilfe eines alten Gesetzes Gelder umleiten kann. Ausführung und Finanzierung sind dennoch unklar
Handel: Die USA verabschieden sich aus den weiteren Verhandlungen des transpazifischen Handelsabkommens TPPEher Show, der Ausstieg war angekündigt, das Abkommen in den USA nicht ratifiziert. Möglicher Profiteur des US-Ausstiegs ist China
Pipelines: Eine von Kanada kommende Ölröhre soll ebenso weitergebaut werden wie ein Projekt in North Dakota. Beide sind milliardenschwerDie Pipelines sind nicht nur aus Umweltgründen sehr umstritten. Es gab bereits viel Protest, Trump sticht in ein Wespennest. An dem Projekt in North Dakota beteiligte sich Trump als Unternehmer. Offen: Wann und wie und mit welcher Route weitergebaut wird
Umwelt: Regulierungen werden abgebautUmweltbedenken sollen als wichtig deklarierten Infrastrukturprojekte nicht mehr im Weg stehen. Herstellungsprozesse sollen schneller genehmigt werden
Abtreibung: Ausländische Organisationen bekommen nur noch Entwicklungshilfe, wenn sie keine Abtreibungsberatung anbieten oder Abtreibungsempfehlungen aussprechenDie Regelung wird seit 1984 jeweils im Wechsel von republikanischen Präsidenten eingesetzt und von demokratischen Präsidenten wieder aufgehoben. Für Republikaner eine wichtige Botschaft an streng christlich-religiöse Wählerschichten
Einstellungsstopp: Bundesbehörden und Ministerien dürfen niemanden mehr einstellen. Ausgenommen ist das MilitärTrump will den Regierungsapparat, den er als aufgebläht empfindet, radikal reduzieren. Der Geltungsbereich des Erlasses ist nicht deutlich, etwa für Zivilangestellte des Militärs. Außerdem könnten durch Subunternehmer die Kosten steigen
Einreisestopp: In den kommenden 90 Tagen sollen aus mehreren muslimischen Ländern keine Menschen mehr in die USA reisen dürfen. Ausgenommen sind bestimmte Personengruppen, darunter Diplomaten und Angehörige internationaler Organisationen, sowie Menschen, die zu den Vereinten Nationen reisen. Laut Heimatschutzministerium handelt es sich bei diesen Ländern um den Iran, Syrien, Sudan, Libyen, Somalia, Jemen und den IrakTrump will mit diesen Beschränkungen "radikale islamische Terroristen" aus dem Land fernhalten. Der Begriff ist aber so breit gefasst, dass auch massenhaft Unschuldige aus den USA ausgesperrt werden.
Modernisierung des Militärs: Trump ordnete eine 30-tägige Überprüfung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte an. Außerdem soll überprüft werden, ob das US-Atomwaffenarsenal modern genug und "angemessen zugeschnitten" ist; "um den Bedrohungen des 21. Jahrhunderts" gerecht zu werdenTrump setzt mit diesem Dekret ein Zeichen. Zum einen an seine eigene Bevölkerung, die sich sicher fühlen soll, aber auch in Richtung von Atommächten wie Nordkorea und Terroristen.
Mit Material der dpa
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