Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) fordert einen offensiveren Umgang mit den "Schattenseiten der Republik". Der "Führer-Balkon" am Wiener Heldenplatz müsse historisch "entrümpelt" werden.

Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) wünscht sich einen offensiveren Umgang mit den "Schattenseiten der Republik". Als Beispiel nannte er im APA-Interview den sogenannten "Führer-Balkon" am Wiener Heldenplatz, der historisch "entrümpelt" werden müsse. Beim Gemälde des NS-Künstlers Rudolf Eisenmenger in seinem Büro sieht er keinen Handlungsbedarf. Die Pride-Parade in Österreich würde er mit Verweis auf die Grundrechte nicht verbieten.

"Information und Kontextualisierung halte ich immer für wichtig, weil alles, was Wissen erweitert, gut ist", so Rosenkranz zu belasteten Straßennamen, Plätzen und dergleichen. Der Nationalratspräsident wünscht sich in der Debatte "ein bisschen mehr Aufrichtigkeit, ein bisschen mehr Vorwärtsgehen, offensiver damit umzugehen". Etwa in der mittlerweile wieder eingeschlafenen Diskussion über den Hitler-Balkon: "Man müsste auch offensiver mit diesen Schattenseiten in der Republik umgehen."

Eisenmenger-Gemälde bleibt unverhüllt

Beim unter seinem Vorgänger Wolfgang Sobotka (ÖVP) verhüllten Wandbild des NS-Künstlers Eisenmenger in seinem Büro sieht der Nationalratspräsident keinen Handlungsbedarf, wie er bereits auch in der ORF-Sendung "Hohes Haus" sagte. "Es steht unter Denkmalschutz. Und ich habe vor, momentan nicht wirklich etwas zu ändern." Man müsse auch den Weg eines Künstlers darstellen können, "der verblendet war in seinen Ansichten, der geläutert wurde und trotzdem ein großer Künstler ist". Verhängen oder Wegsperren sei keine Lösung.

Im Fall eines anderen Kunstwerks - die von Rosenkranz' Vorgänger Wolfgang Sobotka vor dessen Amtsübergabe noch schnell angeschafften Skulpturen von Erwin Wurm - ist der Rückkauf mittlerweile abgewickelt. Wurm selbst zog dabei diese Option. "Sie sind statisch gefährlich dort gewesen", argumentiert der jetzige Nationalratspräsident, der den Künstler laut eigener Aussage schätzt. Eine Absicherung der Skulpturen hätte einen fünfstelligen Betrag gekostet. Jetzt komme das Gebäude wieder in den Zustand, "wie es vorher im Zusammenhalt aller Fraktionen war".

Kritik an Dialogverweigerung

Die neue Regelung, wonach er sich bei den Geschäften des Nationalfonds vertreten lässt, respektiert Rosenkranz: "Es gibt ein klares Gesetz. Ich habe schon bei meiner Antrittsrede gesagt, dass es Vorbehalte gegen meine Person gibt. Nämlich wirklich gegen den Walter Rosenkranz mit seiner ganz individuellen Geschichte, ob berechtigt oder nicht." Ein Dialog sei ihm bisher verweigert worden, bedauert der Nationalratspräsident. "Das ist das Einzige, was ich eigentlich bekrittle. Ich muss aber sagen, es hat sich auch einiges vielleicht entspannt und geändert."

Gespendet hat Rosenkranz für die Renovierung des jüdischen Stadttempels in der Seitenstettengasse. Den Beitrag habe er privat geleistet, so der Nationalratspräsident - "genauso viel, wie ich für das Taufbecken in meiner Heimatpfarre in Krems spende". Allerdings wurde der Betrag von der Israelitischen Kultusgemeinde vor wenigen Tagen wieder zurücküberwiesen. Es stellte sich heraus, dass das Spendenansuchen an Rosenkranz irrtümlich erging. Die IKG teilte ihm mit, dass es sich um einen technischen Fehler gehandelt habe.

Pride-Parade zählt zu Grundfreiheiten

Zum - in der Praxis - gescheiterten Verbot der Pride-Parade in Ungarn gibt sich Rosenkranz zurückhaltend, befürwortet ein solches in Österreich aber nicht. "In bilaterale Angelegenheiten mische ich mich überhaupt nicht ein", meint er zum Vorgehen im Nachbarland. Zu Österreich meint er: "Wir haben Versammlungsfreiheit, wir haben unsere Verfassung." An diesen Regulativen und Grundfreiheiten - Religions-, Meinungs- und Pressefreiheit - solle man daher auch festhalten.

Noch keine endgültige Lösung gibt es für die von Rosenkranz angekündigten Gender-Regeln bei Publikationen des Hauses. "Es wird von mir keinen Schnellschuss geben", meint er dazu. Dennoch werde die Maßnahme "in der nächsten Zeit erfolgen". Orientieren will sich der Nationalratspräsident weiterhin an den Empfehlungen des Rats für die deutsche Sprache. "Das ist ein halbstaatliches, nämlich auch von der Republik Österreich und von anderen deutschsprachigen Staaten beschicktes Gremium."

Offen bei elektronischer Abstimmung

Wann und in welcher Form es auch immer zum von der FPÖ verlangten Untersuchungsausschuss kommt, Rosenkranz wird dort seine Aufgabe jedenfalls wahrnehmen: "Ich bin ich in der Verpflichtung, den Vorsitz dort zu führen und das werde ich tun. Das ist meine Art, das ist mein Charakter." Wie seine Partei spricht sich auch er persönlich für die Übertragung gewisser Befragungen aus. Dies könnte Personen betreffen, die dem Bezügegesetz des Bundes oder der Länder entsprechen. Die elektronische Infrastruktur sei jedenfalls vorhanden.

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Auch für eine elektronische Abstimmung im Nationalrat besteht bereits eine Leerverrohrung. In diesem Fall zeigt sich Rosenkranz offener als viele seiner Parteikollegen. "Es gibt Möglichkeiten, es gibt Dinge, wo man unter Umständen mit einer elektronischen Abstimmung etwas rascher machen kann", meint er dazu. "Aber nur dann, wenn es wirklich etwas bringt und auch zeiteffizient, kontrollierbar und auch fälschungssicher ist." In Sparzeiten wären die Kosten von rund 2 Mio. Euro undenkbar.

Künstliche Intelligenz soll Effizienz bringen

Den Sparmaßnahmen entgegen komme dem Parlament der Einsatz künstlicher Intelligenz. "Das ist ein laufender Prozess. Vieles ist gemacht worden. Noch viel mehr wird kommen", kündigt der Nationalratspräsident an, wobei er auch Angst nehmen will: "Die künstliche Intelligenz, so wie wir sie verstehen, ist nicht dazu da, Menschen einzusparen und zu ersetzen. Es ist ein ergänzendes Angebot, manche Dinge zu erleichtern, kosteneffizienter zu machen, aber es wird den Menschen auch im Parlament nicht ersetzen."  © APA