Beim Gipfeltreffen auf der Zugspitze sprechen europäische Innenminister über Abschiebungen und Migrationspolitik. Österreichs Innenminister Karner und EU-Kommissar Brunner begrüßen den ersten Abschiebeflug Deutschlands nach Afghanistan seit fast einem Jahr – trotz internationaler Kritik.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kommt am Freitag mit einigen europäischen Amtskollegen sowie EU-Migrationskommissar Magnus Brunner zusammen. Themen des Treffens auf der Zugspitze, dem höchsten Berg Deutschlands, sind Migrationspolitik sowie verstärkte Abschiebungen. In der Früh startete erstmals seit knapp einem Jahr ein Abschiebeflug aus Deutschland nach Afghanistan. Karner begrüßte den Schritt.

"Europa wird endlich härter und konsequenter. Wir müssen weiter Straftäter und Gefährder konsequent außer Landes bringen", forderte Karner in einem der APA übermittelten Statement. Es brauche "starke europäische Achsen, um illegale Migration zu verhindern und um Straftäter konsequent in ihre Herkunftsländer abzuschieben".

Mit dem deutschen Innenminister Alexander Dobrindt, Gastgeber des Treffens auf der Zugspitze, habe Österreich einen "starken Partner, um unsere harte, aber gerechte Asylpolitik auf europäischer Ebene weiter voranzutreiben".

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Die Mister treffen sich auf dem höchsten Berg Deutschlands, der Zugspitze. © APA/dpa/Sven Hoppe

Brunner begrüßt härtere Gangart

Auch Brunner begrüßte die härtere Gangart der deutschen Regierung. "Das finde ich durchaus positiv", sagte und sprach von einer "Wende in der Migrationspolitik" auch in Europa. Die Vorschläge der EU-Kommission drehten sich um besseren Außengrenzschutz und darum, "wie man Rückführungen effizienter machen kann und auch wie man mit Drittstaaten zusammenarbeiten sollte", sagte er dem Bayrischen Rundfunk. Ziel sei es, mit den Staaten Rückführungsabkommen zu schließen. Europa habe viel anzubieten: "Handel, wirtschaftliche Zusammenarbeit, Investitionen, aber auch die Visapolitik", sagte Brunner. Sollten diese Staaten nicht kooperieren wollen, könne die EU umgekehrt auch "etwas strenger" sein, drohte er und sprach von einer "Art Migrationsdiplomatie".

Auf den höchsten Berg Deutschlands werden neben Dobrindt, Karner und Brunner auch die Innenminister aus Frankreich (Bruno Retailleau), Polen (Tomasz Siemoniak), Tschechien (Vít Rakušan) sowie der dänische Migrationsminister und aktuelle EU-Ratsvorsitzende (Kaare Dybvad Bek) reisen.

Auch Karner betonte im Vorfeld des Treffens die Wichtigkeit eines "robusten Schutzes der EU-Außengrenzen" sowie "konsequente Abschiebungen". Eine starke Achse für einen strengen Pakt sowie eine gemeinsame europäische Linie sei notwendig, um "illegale Migration gegen Null zu drängen" zu drängen. Österreich hat zuletzt nach rund 15 Jahren als erstes EU-Land offiziell wieder nach Syrien abgeschoben.

81 Afghanen aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben

In Deutschland startete Freitag früh indes der erste Abschiebeflug nach Afghanistan unter der neuen schwarz-roten Regierung. Es ist erst das zweite Mal seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021, dass Berlin afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland rückführt. An Bord des Flugzeugs befanden sich laut dem deutschen Innenministerium 81 Menschen. Es handle sich dabei um vollziehbar ausreisepflichtige afghanische Männer, alle "schwere und schwerste Straftäter", sagte Dobrindt im ARD-"Morgenmagazin". Für solche Abschiebungen gebe es "ein ganz berechtigtes Interesse der Bürgerinnen und Bürger".

Die Rückführung kam seinen Angaben zufolge erneut mit Hilfe des Golfemirats Katar und über "technische Kontakte" mit Afghanistan zustande. Der Flug geht demnach direkt nach Afghanistan, berichteten deutsche Medien.

Seit dem letzten deutschen Abschiebeflug mit afghanischen Straftätern sind fast elf Monate vergangen. Nach Gewalttaten in Mannheim und Solingen hatte die Ampel-Regierung unter Kanzler Olaf Scholz im vergangenen Sommer angekündigt, Abschiebungen auch nach Afghanistan wieder möglich zu machen.

Doch die Durchführung gestaltet sich bis heute schwierig: Deutschland unterhält zu den islamistischen Taliban in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Die Gruppe ist insbesondere wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert. Man erkenne das Regime nicht als rechtmäßige Regierung an, Deutschland habe nur auf technischer Ebene über ein Verbindungsbüro in Katar Kontakt zu den dortigen Machthabern, hatte Außenminister Johann Wadephul kürzlich gesagt. "Das war es, und das ist es."

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Kritik von UNHCR und NGOs

Die Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen der Vereinten Nationen lehnen die Abschiebungen ab. Die Bedingungen vor Ort seien noch nicht für Rückführungen geeignet, sagte Arafat Jamal, der Vertreter des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) in Kabul damals in Reaktion auf Dobrindts Aussagen. Die Sprecherin des UNO-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani, wies auf laufende Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan hin, wie etwa Hinrichtungen oder die Unterdrückung von Frauen. Auch die Organisation Pro Asyl kritisierte den neuen Abschiebeflug scharf als eklatanten Rechtsverstoß. (APA/bearbeitet von skr)