Die Bevölkerung in Österreich wächst seit Jahren nur dank Zuwanderung – ohne Migration würde sie langfristig stark schrumpfen. Das zeigt das neue Jahrbuch "Migration & Integration". Doch das Zusammenleben sehen viele kritisch.

Die österreichische Bevölkerung wächst laut Statistik Austria weiterhin nur dank Migration. Insgesamt hatte 2024 mehr als ein Viertel der Bevölkerung Migrationshintergrund (erste und zweite Generation), seit 2015 stieg der Anteil der Migranten und Migrantinnen um rund 38 Prozent. Angesichts negativer Geburtenbilanzen würde die Bevölkerung ohne Zuwanderung langfristig auf das Niveau der 1950er-Jahre schrumpfen, geht aus den am Mittwoch präsentierten Daten hervor.

Präsentiert wurde das Statistische Jahrbuch Migration & Integration 2025 im Kanzleramt von Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) und Stephan Marik-Lebeck von der Statistik Austria. Im Durchschnitt des Jahres 2024 lebten demnach rund 2,51 Millionen Personen mit Migrationshintergrund in Österreich. Umfasst sind hier die Personen "erster Generation" (im Ausland Geborene) sowie jene "zweiter Generation" (in Österreich Geborene, beide Elternteile im Ausland geboren). Damit betrug der Anteil von Personen mit Migrationsanteil im Jahr 2024 27,8 Prozent der Gesamtbevölkerung. Gegenüber 2015 (1,81 Millionen) bedeutet dies einen Zuwachs um etwa 696.100 Personen bzw. 38,4 Prozent.

Wachstum ausschließlich durch Migration

"Migration ist ein zentraler Punkt für die Bevölkerungsentwicklung in Österreich - diese wächst seit vielen Jahren ausschließlich durch Migration", sagte Marik-Lebeck bei der Präsentation des Berichts. Derzeit gäbe es in Österreich "etwas mehr Sterbefälle als Geburten, das heißt, die Zuwanderung ist ein zentraler Punkt für die Entwicklung Österreichs."

Auch richtete er einen Blick in die Zukunft: Inklusive zu erwartender Migrationsbewegungen rechnet Marik-Lebeck mit einer Überschreitung der Zehn-Millionen-Einwohner-Grenze im Jahr 2069, im Jahr 2080 erwartet die Statistik Austria einen Bevölkerungsstand von 10,2 Millionen (+11 Prozent gegenüber 2024). Ohne Migration würde demnach die Bevölkerung stark schrumpfen - und zwar auf 6,9 Millionen (-24 Prozent gegenüber 2024), womit man wieder beim Stand von 1950 wäre.

In Österreich Geborene sehen Zusammenleben kritischer

Abgefragt wurde für das Jahrbuch auch die Bewertung des Zusammenlebens. Dabei zeigt sich, dass die Kritik unter den in Österreich Geborenen seit 2022 stark anwuchs: Während damals nur 25,1 Prozent diesen Punkt als "eher schlecht/sehr schlecht" bewerteten, sahen dies 2025 bereits 46,2 Prozent so kritisch. Nur 20,9 Prozent bewerteten das Zusammenleben zuletzt als "sehr gut/eher gut".

Deutlich besser schätzen Zugewanderte das Miteinander zwischen Österreicherinnen und Migranten ein. 57,9 Prozent sehen es als "sehr gut" oder "eher gut", nur 13,7 Prozent als "eher schlecht/sehr schlecht".

Zugehörigkeitsgefühl zu Österreich stärker als zum Herkunftsland

Im Rahmen der Migrationserhebung 2025 wurde auch das Zugehörigkeitsgefühl von Zugewanderten erhoben. Mehr als drei Viertel (75,7 Prozent) der Befragten fühlen sich Österreich zugehörig. Besonders stark ist die Bindung bei Zugewanderten aus Syrien (83,6 Prozent), Bosnien und Herzegowina (79,8) sowie Somalia (78,3). Die geringste gefühlte Zugehörigkeit zu Österreich findet sich bei in der Ukraine Geborenen (64,7 Prozent).

Knapp die Hälfte (46,6 Prozent) der im Ausland Geborenen fühlt sich weiterhin dem Herkunftsland verbunden. Besonders gering ist hier der Anteil bei in Afghanistan (37,2 Prozent) und der Russischen Föderation Geborenen (32).

Plakolm fordert Integrationsbereitschaft ein

Plakolm sagte dazu, es sei "auf den ersten Blick ein sehr gutes Ergebnis". "Es gehört aber mehr dazu, als sich zugehörig zu fühlen. Es gehört dazu, dass man auch was leistet. Das bedeutet, dass man die Sprache lernt, sich um den Job kümmert, die Familie selbst erhält, sich an Werte zu halten" - und keine Parallelgesellschaften aufzubauen. "Wer dauerhaft auf Distanz bleiben möchte und in Parallelgesellschaften lebt, der kann nicht Teil der Gesellschaft sein", forderte die Ministerin einmal mehr Integrationsbereitschaft ein.

Integration müsse gelingen, "sonst schwindet der Rückhalt in der Bevölkerung", sagte sie zu der erhobenen kritischen Sicht der in Österreich Geborenen auf das Zusammenleben. Plakolm verwies auch auf die von der Regierung gesetzten bzw. geplanten Schritte wie etwa Wertekurse und der Sanktionsmöglichkeit bei Nichterfüllung von entsprechenden Integrationszielen.

Zahl der Asylanträge gesunken

Die Zahl der Asylanträge ist vom hohen Stand 2022 deutlich gesunken - von 112.272 auf 25.360 im Jahr 2024. Gegenüber den Jahren davor liegt die Quote freilich noch immer höher: 2018 bis 2019 gab es demnach zwischen 12.886 und 14.775 Anträge. Ministerin Plakolm zeigte sich über das Sinken erfreut, der Trend würde sich auch heuer fortsetzen. "Diese Entwicklung verschafft uns auch die dringend notwendige Luft, damit Integration auch gelingen kann", sagte sie.

Deutsche und Rumänen größte Zuwanderungsgruppen

Betrachtet man die Personengruppe mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft (1,85 Millionen im Jänner 2025), so kommt die größte Gruppe aus Deutschland (239.500), gefolgt von rumänischen (155.700) sowie türkischen (124.800) und serbischen (122.500) Staatsbürgerinnen und -bürgern. Seit Jahresbeginn 2020 gab es in absoluten Zahlen die stärksten Zuwächse bei Personen mit ukrainischer (+76.300), syrischer (+53.300), deutscher (+39.500), rumänischer (+32.300) und kroatischer Staatsbürgerschaft (+25.800).

Erhoben wurde auch der Sprachgebrauch in verschiedenen Situationen. 45,1 Prozent der Zugewanderten gaben an, zu Hause überwiegend oder ausschließlich in ihrer Herkunftssprache zu kommunizieren, 16,4 Prozent dagegen ausschließlich oder überwiegend in deutscher Sprache. Die Kommunikation mit Freunden oder Freundinnen findet zu 30 Prozent ausschließlich oder überwiegend auf Deutsch statt, 48,7 Prozent sprechen hierbei Deutsch in Kombination mit einer anderen Sprache.

FPÖ: ÖVP "das eigentliche Problem"

Scharfe Kritik kam von der FPÖ. "Der heute präsentierte Integrationsbericht durch ÖVP-Integrationsministerin Plakolm ist nichts anderes als ein dokumentiertes Schuldeingeständnis der gescheiterten Migrationspolitik - und insbesondere des Scheiterns der ÖVP", sagte Sicherheitssprecher Gernot Darmann in einer Aussendung. "Die offenkundigen Missstände, die durch Jahre unkontrollierter Massen-und Messerzuwanderung entstanden sind, werden von der Verlierer-Regierung und allen voran der ÖVP nicht beseitigt, sondern ausschließlich verwaltet."

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Die Österreicher würden aber keine Statistikshow erwarten und verdienen, sondern einen "sofortigen Kurswechsel". Die ÖVP sei nicht Teil der Lösung, "sondern das eigentliche Problem": "Wer hunderttausende Menschen ins Land lässt, ihre Integration als alternativlos verklärt und Rückführungen verweigert, darf sich nicht wundern, wenn sich die Stimmung der Bevölkerung gegen sie richtet", so der FPÖ-Abgeordnete.(APA/bearbeitet von skr)