Die Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz ebben nicht ab. Bei "Markus Lanz" kritisierte Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel die ewige Debatte um die Energiewende. Derweil warf Journalistin Kristina Dunz ihm am Mittwochabend vor, dass die aktuelle Regierung seine alten Fehler ausbaden müsse.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der Angriffskrieg in der Ukraine, die steigenden Spannungen mit China und die deutsche Energiewende: Die To-do-Liste der Ampelkoalition ist lange und komplex. Bei "Markus Lanz" nahm Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel am Mittwochabend Stellung zum eskalierenden Streit ums Heizungsgesetz und dem bröckelnden Zustand der Ampelkoalition. Während der SPD-Politiker versuchte, neutral zu bleiben, stichelte nicht nur der ZDF-Moderator, sondern auch Journalistin Kristina Dunz immer wieder gegen ihn.

Mehr aktuelle News

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Während der russische Angriffskrieg in der Ukraine immer brutaler wird, beschäftigt in Deutschland auch das drohende Heizungsgesetz seit Monaten Gesellschaft wie Politik. Wie ernst der Streit innerhalb der Ampelkoalition ist, machte jüngst SPD-Politiker Lars Klingbeil deutlich, als er bei "Markus Lanz" einen Bruch der Regierung vor der nächsten Bundestagswahl nicht ausschließen konnte.

Am Mittwochabend verurteilte Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel diese Aussage und stellte im Gespräch mit dem ZDF-Moderator klar, dass die Koalition unter enormem Druck stehe. Gleichzeitig lieferte er sich ein Wortgefecht mit Journalistin Kristina Dunz, die seine Zeit als Bundesminister für Wirtschaft und Energie von 2013 bis 2017 scharf kritisierte.

Das sind die Gäste

  • Sigmar Gabriel, SPD-Politiker und Ex-Vizekanzler: "Rund ums Schwarze Meer entsteht gerade eine Dynamik, die wir viel zu wenig im Blick haben."
  • Kristina Dunz, Politikexpertin vom "RedaktionsNetzwerk Deutschland": "Wir sind in einer Regierungskrise."
  • Kamran Safiarian, "heute journal"-Redakteur: "Beim Thema Iran fällt es mir immer schwerer, eine professionelle Distanz zu wahren."
  • Erfan Ramizipour, iranischer Oppositioneller: "Mein Ziel ist es, den Iran zu befreien."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Die Ampelkoalition muss aktuell nicht nur innerhalb Deutschlands eine Vielzahl von Krisen bewältigen. Auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine sowie die steigenden Spannungen mit China hat die Regierung alle Hände voll zu tun. Markus Lanz wollte deshalb zu Beginn der Sendung von Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel wissen, ob er die Arbeit in der Bundesregierung manchmal vermisse.

Der SPD-Politiker verneinte dies lachend, erklärte aber gleichzeitig, dass "jeder politisch interessierte Mensch" in Zeiten wie diesen "besonders intensiv auf die Bundesregierung" schaue. Gabriel weiter: "Ich glaube nicht, dass es jemals zuvor eine Regierung gab, die so unter Druck stand und so viel gleichzeitig zu bewältigen hatte." Laut des ehemaligen Vizekanzlers sei es daher "normal, dass dabei gelegentlich auch Fehler gemacht werden". Im Gespräch mit dem ZDF-Moderator ergänzte er: "Dafür finde ich eigentlich, dass wir noch ein ziemlich stabiles Land sind, für die Dramatik an Veränderungen."

Lanz wollte dies nicht unkommentiert lassen und hakte nach: "Haben wir auch eine stabile Regierung?" Damit spielte er auf die jüngste Aussage von Lars Klingbeil an, der einen Bruch der Koalition nicht ausschließen konnte. Sigmar Gabriel sah dies durchaus nüchterner. Der Ex-Vizekanzler stellte klar: "Wer ein bisschen was von Koalitions-Dynamiken weiß, der weiß: Natürlich hält das bis zum Ende!" Laut Gabriel seien Neuwahlen zudem "in Deutschland nicht so einfach zu erzwingen".

Sigmar Gabriel redete sich daraufhin in Rage und hinterfragte die deutsche Debattenkultur: "Dass wir ständig über irgendwelche Heizungsfragen debattiert haben - das war schon ein bisschen erstaunlich, dass wir uns so viel Zeit dafür genommen haben." Lanz fragte sichtlich überrascht: "Ist das Thema überbewertet?" Der SPD-Politiker ruderte zurück und machte deutlich, dass man sich vor dem Thema "nicht wegducken" könne. Dennoch nannte er in Anbetracht der aktuellen Weltkrisen den Ampel-Zwist um das Heizungsgesetz einen "Nebenkriegsschauplatz".

Der Streit ums Gebäudeenergiegesetz schien jedoch nicht nur Sigmar Gabriel zu nerven. Auch Journalist Kamran Safiarian ("heute-journal") merkte an: "Man braucht ja eigentlich gar keine Opposition mehr, weil die Regierung dabei ist, sich selbst zu zerfleischen." Markus Lanz stimmte zu: "Die beste Opposition ist gerade die FDP."

Journalistin Kristina Dunz sah in dem Zusammenhang den größten Fehler bei Bundeskanzler Olaf Scholz und vermisste bei ihm "die nötige Führung". Das sah Sigmar Gabriel anders, er verteidigte Scholz und erklärte, dass er es "noch nie erlebt" habe, dass andere Bundeskanzler "in solche Konflikte sofort rein sind". Der SPD-Politiker ergänzte mit strengem Blick, dass es sich nun mal um eine "komplizierte Koalition" handle: "Sie müssen jemanden haben, der am Ende den Laden wieder zusammenführt."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Journalistin Kristina Kunz versuchte daraufhin, den ehemaligen Vizekanzler aus der Reserve zu locken. Sie verurteilte den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister dafür, dass er zu lange "beim Gas geblieben" sei. Laut Dunz müsse die aktuelle Regierung nun mit dem Heizungsgesetz alte Fehler ausbaden. "Nachdem Putin 2014 die Krim annektiert hat (...), hat Deutschland weiter auf Gas gesetzt", holte Dunz aus. Die Journalistin vom "RedaktionsNetzwerk Deutschland" ergänzte: "Das muss die Regierung jetzt aufräumen."

Diese Kritik wollte sich der SPD-Mann jedoch nicht gefallen lassen. Er stichelte gegen Kristina Dunz: "Sie haben schlank das Thema gewechselt." Statt Fehler zuzugeben, sagte er mehrfach: "Wie immer im Leben sind wir hinterher schlauer." Gleichzeitig wies er jegliche Schuld von sich und stellte klar, dass er damals keine andere Wahl gehabt hätte, denn: "Es gab eine große Debatte über den zeitgleichen Ausstieg aus Kohle- und Kernenergie. Ich habe nicht zu denen gehört, die das klug gefunden haben. Aber viele andere - Sie unter anderem auch - fanden das super."

Dunz konterte überrascht: "Sie fühlen sich für etwas angefasst, das ich einfach nur beschrieben habe!" Daraufhin mischte sich ZDF-Moderator Markus Lanz in die Debatte mit ein und stellte sich auf die Seite der Journalistin. Zu Sigmar Gabriel sagte er: "In Ihrer Zeit als Wirtschaftsminister ist die Abhängigkeit von russischem Gas (...) von 32 Prozent auf über 50 Prozent gestiegen." Gabriel reagierte prompt: "Das bestreite ich gar nicht. Ich habe versucht, zu erklären, warum das der Fall war!" Lanz stellte daraufhin genervt fest, dass es "allen Beteiligten" offenbar schwerfalle, einfach nur "Sorry" zu sagen.

Kristina Dunz lenkte die Debatte schließlich auf die verheerenden Folgen des aktuellen Ampel-Streits. Sie sagte mit sorgenvollem Blick: "Diese Koalition hat keine Mehrheit mehr (...), und die AfD ist recht weit oben." Dem musste schließlich auch Sigmar Gabriel zustimmen, der zunächst sagte, er habe "mit dem Laden nichts zu tun", sei jedoch "als Bürger (...) auch nicht zufrieden damit". Er gab zum Ende der Sendung offen zu: "Eigentlich müsste in der jetzigen Situation, wenn die Regierung so viel Ärger hat, die CDU durch die Decke gehen. Dass sie das nicht tut und die AfD durch die Decke geht, das ist erstaunlich und das muss uns Sorgen machen."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

ZDF-Moderator Markus Lanz fokussierte sich am Mittwochabend vor allem auf einen Gast: SPD-Politiker Sigmar Gabriel. Nicht nur beim aktuellen Ampel-Streit, sondern auch mit Blick auf die vorherige Bundesregierung versuchte er, den Ex-Vizekanzler mehrmals aus der Reserve zu locken. Dies gelang ihm jedoch nur teilweise, denn erst im hitzigen Austausch mit Kristina Dunz zeigte Gabriel echte Emotionen.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Dass der Ampel-Streit und die Debatte rund um das Heizungsgesetz nach wie vor das ganze Land in Aufruhr bringt, ist längst keine Überraschung mehr. Bei "Markus Lanz" wagte Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel dennoch einen ehrlichen Blick auf den Stand der Dinge und erklärte, dass angesichts der aktuellen Krisen auf der Welt die Streitigkeiten zwischen SPD, FDP und Grünen unverständlich seien, denn: "Die Relation zwischen: Was ist da los in der Welt? Und mit was befassen wir uns hier monatelang? Die stimmt nicht."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.