Philip Wohlgemuth spricht sich für eine Erbschaft- sowie Vermögenssteuer aus. Tirols SPÖ-Chef kommt den Koalitionspartner ÖVP und NEOS dabei mit einem Detail entgegen.
In der zweiten Reihe der Regierungsparteien SPÖ und NEOS ist eine Auseinandersetzung rund um Erbschafts- und Vermögenssteuern entbrannt: Tirols SPÖ-Chef Landeshauptmannstellvertreter Philip Wohlgemuth sprach sich im APA-Interview trotz unterschiedlicher Positionen dafür aus: "Man sollte da dranbleiben und es nicht aus den Augen verlieren." Scharf reagierte daraufhin Tirols NEOS-Chef Nationalratsabgeordneter Dominik Oberhofer und sprach von "Retrozwischenrufen."
Der Tiroler Vorsitzende brachte zudem bei der Vermögens- oder "Millionärssteuer" eine "Zweckwidmung der eingezogenen Mittel" ins Spiel. Dies wäre eines von möglichen Modellen, das die SPÖ den Koalitionspartnern ÖVP und NEOS, die bisher "Njet" zu derartigen Steuern sagten, "anbieten" könnte, meinte der Landesparteichef. Das hieße: Jene Vermögenden, die die Steuer trifft, könnten bzw. sollten selbst entscheiden, wofür die Mittel verwendet werden. Hierbei gebe es viele Bereiche - etwa "Bildung, Infrastruktur, Umweltschutzmaßnahmen usw."
"Gebe meine Ideologie nicht an der Garderobe ab"
Er hänge keinen "romantischen Vorstellungen" an und wisse natürlich, dass es für solche Maßnahmen derzeit keine Mehrheiten auf "parlamentarischer Ebene und Regierungsebene" gebe, betonte der rote Landeshauptmannstellvertreter. "Aber ich habe mich immer dafür ausgesprochen und gebe meine Ideologie nicht an der Garderobe zum Sitzungszimmer der Landesregierung ab. Das gilt für alle in der SPÖ", meinte Wohlgemuth, der Ende vergangenen Jahres in der Regierung und heuer im Juni in der Partei auf Georg Dornauer folgte.
NEOS an Wohlgemuth: "Rückwärtsgewandte Symbolpolitik"
Die Aussagen Wohlgemuths stießen indes bei den NEOS auf großen Unmut. "Wohlgemuths Retrozwischenrufe bringen die Bundesregierung keinen Millimeter weiter", erklärte Landessprecher Oberhofer gegenüber der APA. Bei dem Vorstoß für eine Einführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern handle es sich um eine "rückwärtsgewandte Symbolpolitik." Oberhofer erinnerte daran, dass die NEOS "in der Bundesregierung erfolgreich verhindert haben, dass derartige Maßnahmen Eingang ins Regierungsprogramm finden."
In Zeiten von Rekordinflation und dem niedrigsten Wirtschaftswachstum seit Jahren sei es "völlig unverantwortlich, neue Belastungen für die Menschen vorzuschlagen." Dass Wohlgemuth von einer "Zweckwidmung der Mittel" spreche, sei "ein durchschaubarer Versuch, unpopuläre Steuererhöhungen als Wohltaten zu verkaufen." In Wahrheit fehle es nicht an Einnahmen, sondern an Effizienz. Der Nationalratsabgeordnete setzte auch zu einem Seitenhieb gegen die schwarz-rote Tiroler Landesregierung an: Der "Reformfunke" im Bund müsse "auch in Tirol weitergetragen werden." Wohlgemuth und ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle seien hier "dringend gefordert."
Tirols SPÖ-Chef gegen Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters
In der Pensionsdebatte war Wohlgemuth indes strikt auf Parteilinie geblieben und sprach sich gegen eine Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters aus. Vielmehr gelte es "mit Maßnahmen" dafür zu sorgen, dass man Menschen "länger und gesund im Erwerbsleben halten" könne: "Über Qualifizierungsmaßnahmen, Weiterbildungs- und Arbeitsmarktmaßnahmen sowie Gesundheitsprävention." "Zur Not" auch durch finanzielle Anreize für Betriebe.
In Sachen Teilzeit kann Wohlgemuth mit der Meinung von ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer nichts anfangen, wonach man es mit einer "Lifestyle-Teilzeitwelle" zu tun habe. Die Zahlen, etwa auch aus Tirol, würden eine andere Sprache sprechen. Von den rund 330.000 Beschäftigten im Bundesland würden über 100.000 in Teilzeit arbeiten - davon 80 Prozent Frauen: "Vielen Frauen bleibt gar nichts anderes übrig." Daher sei es wichtig, die Rahmenbedingungen zu ändern und vor allem für mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten zu sorgen.
Mit der Arbeit der neuen Bundesregierung generell zeigte sich Wohlgemuth zufrieden: "Ich höre sehr viel Positives von den Menschen. Etwa, dass die Dinge konsequent abgearbeitet werden." Dasselbe gelte für SPÖ-Chef und Vizekanzler Andreas Babler, mit dem er stets "in engem Austausch" sei.
Empfehlungen der Redaktion
Einige Kandidaten für Präsidentschaftskandidatur, zu Bures: "Sie könnte das definitiv"
Bezüglich der Bundespräsidentschaftswahl 2028 erklärte Wohlgemuth, dass sich die SPÖ "zu gegebener Zeit" entscheiden werde, ob man mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen geht. Seinen Favoriten oder Favoritin wolle er nicht nennen, aber seines Erachtens gebe es "einige, die sich gut für das Amt eignen und zur Verfügung stehen würden." Und wer? "Es gibt viele gehandelte Personen wie Doris Bures und andere." Der Dritten Nationalratspräsidentin traue er das etwa "durchaus zu": "Sie könnte das definitiv." (APA/bearbeitet von skr)