Der Brenner befindet sich laut Bundeskanzler Christian Stocker an der Belastungsgrenze. Bei seinem Amtsantrittsbesuch in Italien will er im Streit beim Transitverkehr eine Lösung finden.
Bundeskanzler
"Wir können die Brennerautobahn nicht weiter ausbauen – sie ist in ihrer Kapazität begrenzt, der Durchfluss kann nicht gesteigert werden. Uns geht es daher zum einen darum, die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene weiter voranzutreiben – insbesondere mit dem Brennerbasistunnel. Zum anderen halte ich ein Slot-System für sinnvoll. Ich werde dieses Thema hier in Rom ansprechen, weil es eine Verbesserung in der Verteilung der Durchfahrten ermöglichen könnte", so Stocker im Gespräch mit österreichischen Journalisten vor seinem am Dienstag geplanten Treffen mit der italienischen Ministerpräsidentin
Bezüglich der eingebrachten Klage Italiens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Maßnahmen Tirols zur Eindämmung des Transitverkehrs meinte Stocker: "Mir ist bewusst, dass es ein laufendes Verfahren gibt, dessen Ausgang noch offen ist. Aber unabhängig davon, wie das Gericht entscheidet, wird sich an der realen Situation am Brenner wenig ändern. Deshalb braucht es eine politische Lösung – denn egal, wie das Urteil ausfällt, die Probleme vor Ort bleiben bestehen", so Stocker.
Auch Energiethemen auf der Agenda
Der Bundeskanzler will mit Meloni auch das Thema Energie ansprechen. "Es gibt viele Bestrebungen, die Leitungsnetze durch Italien auszubauen bis Triest", erklärte Stocker. Dabei hob er die positiven wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und Italien hervor. Das südliche Nachbarland sei Österreichs zweitwichtigster Handelspartner.
Ein weiteres Thema, das Stocker in Rom diskutieren will, ist die Migration. "Länder wie Italien und Griechenland stehen aktuell vor enormen Herausforderungen, etwa durch Migrationsbewegungen aus Libyen. Hier in Österreich haben wir zwischen 2015 und 2020 selbst erlebt, wie schnell die Situation auch uns treffen kann. Deshalb brauchen wir eine europäische Lösung. In diesem Zusammenhang bin ich mit Ministerpräsidentin Meloni sehr einig, was den Umgang mit Rückführungen betrifft. Wir müssen sichere Drittstaaten definieren, den Schutz der EU-Außengrenzen stärken und mit den Herkunftsländern gezielte Kooperationen anstreben. Das ist der einzig realistische und verantwortungsvolle Weg", erklärte der Kanzler.
Auch US-Zölle ein Thema
Mit Meloni will Stocker auch das Thema US-Zölle ansprechen. Die italienische Ministerpräsidentin habe ein gutes Verhältnis zu US-Präsident Donald Trump, und das könne von Vorteil sein. "Handelsbarrieren waren nie für die betroffenen Regionen von Vorteil, sondern haben immer nur zu einer Verschlechterung auf beiden Seiten geführt. Ich unterstütze die Bestrebungen der EU-Kommission, mit entsprechender Bedachtsamkeit, aber mit Konsequenz vorzugehen, weil es gegenüber den beteiligten Staaten klar sein muss, welche Folgen diese Zölle hätten. Ich finde es eine schlechte Lösung, wenn wir nicht zu Verbesserungen kommen", erklärte Stocker. Er warnte vor den negativen Folgen der Zölle auf Österreichs Wirtschaft.
Am Montag wurde Stocker von dem italienischen Präsidenten Sergio Mattarella im Rahmen eines Höflichkeitsbesuchs im Quirinalspalast empfangen. Das Treffen sei sehr herzlich gewesen, hieß es. Dabei wurde auch das Thema der Kriege im Nahen Osten und der Ukraine besprochen. "Ich habe Wien als Verhandlungsort sowohl für die Ukraine als auch für den Nahost vorgeschlagen. Wir könnten einen Beitrag leisten, um diese Konflikte zu entschärfen", sagte Stocker. (APA/bearbeitet von lh)